An den ATP Finals in London glaubte man vor zehn Monaten, dass Alexander Zverev nun weiss, wie man grosse Turniere gewinnt. Der Deutsche schlug im Final Novak Djokovic in zwei Sätzen und errang seinen bislang wertvollsten Titel. Riesig war die Hoffnung in der Heimat, dass dies nun den endgültigen Durchbruch des 22-Jährigen darstellt.
Aber die Hoffnungen erfüllten sich bisher nicht. Im Jahresranking ist er bloss auf Rang 10 und nach wie vor muss Alexander «Sascha» Zverev darauf warten, an einem Grand-Slam-Turnier in die Halbfinals vorzustossen. Seine triste Bilanz 2019: Ausgeschieden im Achtelfinal an den Australien Open, hängengeblieben im Viertelfinal an den French Open, gescheitert schon in der 1. Runde in Wimbledon und nun das Out im Achtelfinal der US Open. Nach dem Gewinn des ersten Satzes brach Zverev gegen Diego Schwartzman völlig ein, er verlor 6:3, 2:6, 4:6 und 3:6.
Nicht weniger als 65 unerzwungene Fehler leistete sich der Hamburger, der auserkoren schien, eines Tages das alternde Spitzentrio Roger Federer, Rafael Nadal und Djokovic an der Weltspitze abzulösen. Zverev hatte auch seine Nerven nicht im Griff. Weil ihm ein lautes «Fuck You!» entfuhr, bestrafte ihn der Schiedsrichter mit einem Strafpunkt, was bei 15:40 zum Verlust eines Games führte.
The lead up to the #Zverev point penalty and the convo at net. The fact that Diego didn’t hear it either and was honest... man.. tough call. #USOpen pic.twitter.com/lvDdHIjRpc
— ☭clay misérables☭ (@RafalutionXVIII) September 2, 2019
Es war Zverevs zweite Entgleisung im Spiel, die Strafe deshalb korrekt. Da nützte es auch nichts, dass sowohl der Deutsche wie auch der faire Gegner Schwartzman betonten, die erste Verwarnung nicht gehört zu haben. «Eine Verwarnung dafür ist gar kein Thema, aber ich wusste nicht, dass ich angeblich bereits verwarnt war», so Zverev an der Pressekonferenz.
So hiess es im vierten Satz 5:2 für den Argentinier, der das Match dann kurz darauf gewann. «Der Schiedsrichter handelte rechtlich gesehen richtig, aber ich würde mir etwas mehr Fingerspitzengefühl wünschen», meinte Deutschlands Tennis-Legende Boris Becker auf «Eurosport».
Becker sprach jedoch insbesondere Klartext, was Zverevs Nichtleistung betraf. «Er hat sich in den letzten 18 Monaten als Spieler nicht verbessert», sagte der sechsfache Grand-Slam-Sieger. Zverevs Spiel sei zu eindimensional und deshalb für seine Gegner zu einfach lesbar. Immerhin: «Er ist motiviert, fleissig und hat ein gutes Umfeld», so Becker.
Wohl wichtigste Person in diesem Umfeld ist sein Trainer. Seit der Trennung von Ivan Lendl im Juli ist dies wieder der Vater, Alexander Senior, und das auch weiterhin. «Mein Team bleibt, wie es ist», betonte der 22-Jährige, «ich bin sehr zufrieden damit.» Die US Open seien viel besser gewesen als die vergangenen Monate, machte sich Zverev selber Mut. Der erste Aufschlag funktioniere immer noch, am zweiten müsse er arbeiten, sagte er nach 17 Doppelfehlern gegen Schwartzman.
Bis zum nächsten Major-Turnier in Melbourne hat Alexander Zverev vier Monate Zeit, daran zu feilen. Er sagt: «Ich hoffe, dass ich die Grand Slams im nächsten Jahr attackieren kann.»