Die Glasgow Rangers seien im Stolz verletzt, versucht GC-Trainer Christian Gross seine Mannen vor dem vorletzten Gruppenspiel zu warnen. 3:0 haben die Zürcher den schottischen Meister am 11. September zum Auftakt der Champions-League-Saison 1996/97 auf dem Hardturm besiegt.
Doch Gross weiss um die Gefährlichkeit des gedemütigten Grossklubs. Er versucht, die Euphorie zu bremsen. Nach den Auftaktsieg gegen die Rangers und den sensationellen Erfolgen bei Ajax Amsterdam und gegen Auxerre brauchen die Hoppers im Ibrox-Park nur noch einen Punkt, um sich vorzeitig für den Viertelfinal zu qualifizieren. Vorausgesetzt, das favorisierte Ajax setzt sich auch zuhause gegen Auxerre durch. Eine verlockende Ausgangslage.
Für GC läuft zunächst alles nach Plan. Ohne Probleme hält das Team um Captain Mats Gren den wütenden Rangers-Angriffen stand. Respektlos, mutig, selbstsicher, konzentriert treten die Zürcher auf. Glasgow zeigt nach vorne wenig: Der gesperrte Spielmacher Paul Gascoigne und der verletzte Torjäger Brian Laudrup fehlen an allen Ecken und Enden. Schnell wird es still im mit 34'192 Zuschauern ausverkauften Hexenkessel. Auch in Amsterdam läuft nach dem frühen Tor für Auxerre wieder alles nach Plan. Tijani Babangida trifft kurz vor der Pause zum 1:1.
Nach dem Seitenwechsel übernehmen die Rangers aber mehr und mehr das Spieldiktakt. GC spürt jetzt, dass Regisseur Murat Yakin und Stürmer Viorel Moldovan gesperrt fehlen. Kubilay Türkyilmaz alleine kann vorne kaum mehr Bälle halten. Der Druck steigt. Und nach knapp einer Stunde kommt schlechte Kunde aus der Amsterdam-Arena: Auxerre führt wieder.
Bei GC läuft nach vorne weiterhin wenig, da fahren die Schotten den nächsten Angriff. Der Holländer Peter van Vossen zieht in der 65. Minute in den Strafraum und schiesst GC-Aussenverteidiger Pascal Thüler den Ball an die Hand.
Schiedsrichter Laszlo Vagner zögert keine Sekunde und zeigt sofort auf den Penaltypunkt. «Ein unverständlicher Entscheid. Man kann die Hände ja nicht so schnell wegoperieren», ärgert sich Captain Gren nach der Partie.
Das Rangers-Urgestein Ally McCoist verwandelt souverän. Und es kommt noch schlimmer für den Schweizer Meister. Nur sieben Minuten später erwischt McCoist den GC-Keeper Pascal Zuberbühler nach einem Konter zwischen den Hosenträgern und erzielt das 2:0. Der Lärm im Ibrox-Park ist jetzt ohrenbetäubend.
Die turbulente Schlussphase ist lanciert. GC wirft alles nach vorne und als Türkyilmaz im Strafraum leicht berührt wird, kompensiert Schiedsrichter Vagner den Elfer-Entscheid gegen die Hoppers und gibt auch nach der lächerlichen Schwalbe des Nati-Stürmers einen Penalty. Gren läuft im ohrenbetäubenden Pfeifkonzert an – und scheitert an Rangers-Torhüter Andy Goram.
Zwei Minuten später gibt's nochmals Hoffnung: Der erst gerade eingetretene Youngster Jan Berger hämmert eine Gren-Hereingabe zum Zürcher Anschlusstreffer ins Netz. GC versucht noch einmal alles, doch statt den Ausgleich zu erzielen, kassieren die Leistungsträger Bernt Haas und Türkyilmaz eine Gelbe Karte. Sie sind im letzten Gruppenspiel gegen Ajax gesperrt.
Da auch Ajax gegen Auxerre verliert, ist die schöne Ausgangslage für die Grasshoppers futsch. GC braucht zum Abschluss gegen die Holländer nun einen Punkt, um doch noch unter die letzen Acht vorzustossen. «Es bleibt uns ein zweiter Matchball», sagt Trainer Christian Gross, doch auch ihm ist die Enttäuschung anzumerken.
«Über eine Stunde lang hatten wir Spiel und Gegner unter Kontrolle, nach dem 0:1 verloren wir die Ruhe und die Organisation in der Abwehr», hadert Pascal Zuberbühler. «Typisch Fussball», murmelt Manager Erich Vogel, während sich Mats Gren ebenfalls ärgert: «Es war fast zu still, es geschah nichts, die Partie verlief ohne Höhepunkte, es war fast langweilig für die Zuschauer.»
Erst nach der schottischen Führung hätten beide Teams aufgedreht. «Es wurde hektisch, das Publikum erwachte, der Gegner steigerte sich in einen Spielrausch, und wir konnten nicht mehr reagieren», so der Captain, der sich natürlich über seinen verschossenen Elfmeter ärgerte. «Ich habe etwas gemacht, was man als Elfmeterschütze nie tun dürfte. Ich wollte zuerst in die linke Ecke schiessen, wechselte dann während dem Anlauf meine Meinung.»
Trotzdem schaut auch Gren sofort nach vorne: «Selbst ein Remis hätte uns ja wegen dem Sieg von Auxerre wenig gebracht. Jetzt müssen wir eben im letzten Spiel gegen Ajax zu Hause punkten.» Doch das bleibt ein Wunschtraum. 0:1 verlieren die Hoppers zwei Wochen später wegen eines Tores von Patrick Kluivert und müssen ihre Viertelfinalträume endgültig begraben.