Wir schreiben das Formel-1-Jahr 1989. Zwischen Ayrton Senna und Alain Prost herrscht Krieg. Erbitterter Krieg. Die beiden McLaren-Piloten beherrschen wie schon in der Saison zuvor die Königsklasse nach Belieben.
Doch der zweifache Weltmeister Prost fühlt sich von seinem Team plötzlich benachteiligt. Senna, der 1988 nur dank der damals gültigen Streichresultat-Regel den Titel holt, halte sich nicht an die internen Absprachen und habe schnelleres Material zur Verfügung.
Vor dem zweitletzten Rennen im japanischen Suzuka führt der Franzose die WM-Wertung dennoch mit 16 Punkten vor seinem Teamkollegen Senna an. Der Brasilianer, der im Gegensatz zum berechnend fahrenden «Professor» Prost für seine Unbekümmertheit und seine Leidenschaft von den Fans bewundert wird, braucht einen Sieg, um den WM-Titel verteidigen zu können.
Die Stimmung im Team ist mittlerweile auf dem absoluten Nullpunkt angekommen. Prost, der bereits im Juli seinen Abgang zu Ferrari angekündigt hat, und Senna reden kein Wort mehr miteinander.
Zunächst läuft in Suzuka alles für Senna: Er sichert sich die Pole Position. Doch beim Start kommt Prost besser weg und biegt als Führender in die erste Kurve ein. Mühelos fahren die beiden McLaren dem Feld davon. Der französische Routinier ist schnell unterwegs, doch gegen Rennende rückt Senna Prost immer näher auf die Pelle.
In der 47. von 53 Runden ist der Brasilianer schliesslich auf Schlagdistanz und in der Casino-Triangle-Schikane versucht Senna sein Glück: In der ersten Rechtskurve sticht er auf der Innenseite hinein. Die Nasen der beiden McLaren sind gleichauf, doch Prost lässt seinen Teamkollegen nicht vorbei. Er macht die Tür zu und schiesst Senna regelrecht ab.
Ineinander verkeilt rollen die beiden Kontrahenten ein paar Meter geradeaus und bleiben auf der Strecke stehen. Prost steigt aus und macht sich – im Glauben, die WM sei entschieden – auf in Richtung Box. Senna dagegen bleibt sitzen und lässt sich von den Streckenmarshalls befreien und anschieben.
An der Box holt er sich einen neuen Frontflügel, muss die Führung aber dem Italiener Alessandro Nannini überlassen, dem Bruder von Rockstar Gianna Nannini. Senna legt in den letzten Runden eine Aufholjagd der Extraklasse hin, überholt den Italiener in der Casino-Schikane und gewinnt das verrückte Rennen doch noch.
Doch die Freude währt nur kurz. Hinter den Kulissen wird – von Prost angeheizt – heftig diskutiert und Senna wird schliesslich disqualifiziert, weil er nach dem Crash mit Prost unerlaubterweise die Casino-Schikane abgekürzt habe.
Daraufhin schaltet sich Teamchef Ron Dennis ein. «Es war das erste Mal, dass sich ein Teamchef gegen seinen eigenen Fahrer stellte. Gegen einen Fahrer, der soeben Weltmeister wurde», erinnert sich Prost später.
Der McLaren-Boss versucht der FISA klar zu machen, dass das Abkürzen der Schikane zuvor in vergleichbaren Fällen nicht bestraft worden sei. Doch es nützt alles nicht. Die FISA ändert daraufhin die Begründung der Disqualifikation: «Abkürzen der Strecke und gefährliche Fahrweise.»
Senna bleibt disqualifiziert und wittert eine Verschwörung. Ausgesprochen hat die höchst umstrittene Disqualifikation nämlich der damalige FIA-Präsident Jean-Marie Balestre, ein Landsmann von Prost. Der Brasilianer wird für ein halbes Jahr gesperrt und muss eine Busse von 100'000 Dollar zahlen. Prost ist damit endgültig Weltmeister.
Noch heute wird darüber diskutiert, ob Prost den Unfall absichtlich verursacht hat. Seine Aussage lässt eigentlich keinen Raum für Spekulationen. «Ich habe schon vor dem Rennen gesagt, wenn das wieder passiert, werde ich die Tür nicht mehr aufmachen. Und dann ist es passiert», so der Franzose damals.
Sennas «Rache» folgt nur ein Jahr später. Wieder geraten die beiden beim GP von Suzuka aneinander. Diesmal muss Prost, der mittlerweile für Ferrari fährt, gewinnen, um zu verhindern, dass Senna Weltmeister wird. Der Brasilianer startet von der Pole-Position, doch Prost kommt auf der sauberen Seite der Strecke besser weg und überholt den Erzrivalen.
Senna bleibt dran und provoziert bereits in der ersten Runde einen Crash. Beide fliegen – der McLaren-Pilot wird Weltmeister. Prost hätte Senna nach dem Rennen gerne die Faust ins Gesicht geschlagen, hält sich aber zurück. «Ayrton hat ein kleines Problem: Er denkt, er könne sich nicht töten. Das ist sehr gefährlich», sagt der Franzose nach dem Rennen.
Senna wird auch 1991 nochmals Weltmeister, doch dann verliert McLaren-Honda die jahrelange Vormachtstellung an Williams-Renault. 1992 holt sich Nigel Mansell den Titel, 1993 triumphiert Prost nochmals. Als bekannt wird, dass Senna auf die neue Saison zu Williams wechselt, tritt Prost verbittert zurück. Ein halbes Jahr später rast Senna am «schwarzen Wochenende von Imola» in der Tamburello-Kurve in die Betonwand, im Spital erliegt er seinen Verletzungen.
Zum 20. Todestag spricht Prost noch einmal über seinen alten Rivalen. «Ich gebe zu, dass ich mich manchmal vor ihm gefürchtet habe. Er war zu allem bereit», sagt der einstige Intimfeind. Erst als sich die Rivalität nach Prosts Karriere verflüchtigt, lernt der Franzose einen anderen Senna kennen. «Ich behalte keine negativen Erinnerungen oder schlechte Gedanken über ihn zurück. Seine Einstellung mir gegenüber nehme ich als Kompliment. Ich habe verstanden, dass es Ayrtons einzige Motivation war, mich zu schlagen.»
Noch etwas früher, um 1985/86, hatten die Turbomotoren eine unglaubliche Power von locker über 1000PS und einen entsprechenden Sound.
Die Fahrer schalteten von Hand, währenddem sie kurz einhändig ohne Servo lenken mussten. Die Autos hatten verglichen mit heute praktisch keinen Abtrieb und fuhren sich wie Gokarts, wobei mangels genügender Sicherheitsvorkehrungen jedes Rennen enorm gefährlich war.
Die Popularität der F1 war weltweit riesig.
Auch Lewis Hamilton gerät, angesprochen auf die damalige Zeit ins Schwärmen.