Lange war nicht klar, ob die Landesrundfahrt nach dem tödlichen Unfall von Gino Mäder fortgesetzt wird. Erst am Freitag kurz vor Mitternacht war Gewissheit da: Die Tour de Suisse wird fortgesetzt.
Für Renndirektor Olivier Senn war es «mitunter einer der schwierigsten Entscheide, die wir an der Tour de Suisse treffen mussten». Nach langen Gesprächen mit allen Beteiligten «sind wird zum Schluss gekommen, dass wir die Tour weiterfahren. Das war auch der Wunsch von Ginos Familie», erläutert Senn.
Dass dieser Weg nicht für alle stimmte, oder stimmen musste, war am Samstag offensichtlich. Nach dem bereits feststehenden Ausstieg von Mäders Team Bahrain-Victorious brach mit Tudor Pro Cycling auch jene Schweizer Equipe die Tour vorzeitig ab, die mit Mäder Vertragsverhandlungen über eine gemeinsame Zusammenarbeit geführt hat. Dazu stieg mit Intermarché-Circus-Wanty noch eine dritte Mannschaft aus.
Laut Senn wurde der Entscheid über die Fortsetzung der Tour unter den Teams und Fahrern «in der Tat kontrovers diskutiert. Es hat alle Meinungen geben. Das ist auch zu respektieren. Jeder geht anders damit um.» In dieser Situation gebe es wohl keinen richtigen Entscheid, nur einen falschen oder einen noch falscheren, so Senn. «Wir hoffen, dass es der wenig falschere ist.»
Mehrere Fahrer entschieden sich individuell, 24 Stunden nach der Bekanntgabe von Mäders Tod nicht zur 7. Etappe zu starten. Unter ihnen befanden sich auch die Schweizer Stefan Küng, Marc Hirschi, Mauro Schmid und Michael Schär, die ihren verstorbenen Landsmann gut gekannt haben. Im Fall des 36-jährigen Schär kommt dazu, dass er seine elfte und letzte Tour de Suisse bestritt, bevor er Ende Saison vom Profiradsport zurücktreten wird.
Andere wie der Zeitfahr-Spezialist Stefan Bissegger, Reto Hollenstein und Silvan Dillier zogen es vor, unvermittelt in den Rennbetrieb zurückzukehren. «Jeder geht mit der Situation anders um. Das gilt es zu respektieren», so Dillier, der mit Mäder auf der Bahn einst ein Duo im Madison gebildet hat.
Um «etwas Druck aus dem System» (Senn) zu nehmen, entschieden sich die Organisatoren, die letzten 25 km der Etappe vom Samstag ohne Zeitmessung auszutragen. «Es gibt Fahrer, die psychisch angeschlagen sind. Das gibt diesen die Chance, im Finale nicht volles Risiko nehmen zu müssen», so Senns Überlegung.
Für das abschliessende Zeitfahren am Sonntag in St. Gallen werden keine speziellen Vorkehrungen getroffen. «Jeder kann selbst entscheiden, wie er fahren will», so Senn. Als Leader geht Mattias Skjelmose in die 25.7 km lange Prüfung im Kampf gegen die Uhr. Für den Dänen stand am Samstag vor allem eines im Zentrum: «Wir wollten Gino ehren.»
Dass er als Gesamterster in den letzten Tag startet, sieht Skjelmose nicht als Bonus. «In 99 von 100 Fällen ist es ein Nachteil, als Leader ins Schlusszeitfahren zu gehen», so der 22-Jährige vom Team Trek-Segafredo, der im Auftaktzeitfahren in Einsiedeln den 6. Rang belegt hat. (mom/sda)