Dieser Streit beschäftigte die Nati nach dem bitteren WM-Aus wochenlang. Nico Elvedi musste beim 1:6 im Achtelfinal gegen Portugal zuschauen. Trainer Murat Yakin sagte, er sei nach überstandener Erkältung noch zu wenig fit für einen Einsatz. Elvedi sah das komplett anders. Dass Fabian Schär ebenfalls weit weg von der Idealform war, in der Pause erschöpft ausgewechselt werden musste, half auch nicht. Nach dem 2:1-Minisieg in Andorra sagt Nico Elvedi nun mit einem Lachen. «Was bei der WM passierte, ist schon lange vergessen. Es ist alles gut. Und nichts hängen geblieben.»
Die Hierarchie in der Innenverteidigung ist eine der spannenderen Fragen derzeit in der Nati. Rein von den Leistungen her hätte auch Schär den Stammplatz verdient. Er hat mit Newcastle die bessere Saison hinter sich als Elvedi in Mönchengladbach. Doch Yakin sieht Schär auf der Position halbrechts, wo indes Triple-Gewinner Manuel Akanji gesetzt ist. Der Nati-Trainer favorisiert darum das Duo Akanji/Elvedi.
Doch Elvedi muss sich in Zukunft wieder steigern. «Stimmt, ich habe eine schwierige Saison hinter mir in Mönchengladbach. Vor allem in der Rückrunde hatte ich einige Spiele dabei, die nicht gut waren», sagt der 26-Jährige.
Noch ist ziemlich offen, wie seine Zukunft aussieht. Sein Vertrag in Gladbach läuft bis 2024, eine vorzeitige Verlängerung scheint ausgeschlossen. Darum ist es gut möglich, dass Elvedi im Sommer wechselt. Das jüngste Gerücht: Die AS Roma will Elvedi verpflichten.
Trainer José Mourinho also statt Gerardo Seoane? «Ich weiss von nichts», sagt Elvedi lächelnd. «Und zunächst einmal geht es darum, gegen Rumänien noch einen weiteren Sieg zu holen und dann freue ich mich aufs Abschalten in den Ferien.» Elvedi geht mit seiner Freundin nach Mykonos.
Denis Zakaria ist einer der herzlichsten Menschen dieses Fussball-Planeten. Immer mit einem Lächeln unterwegs. Immer einen Spruch auf den Lippen. Und ja, auch mit der Gabe gesegnet, sich selbst zu hinterfragen. Zakaria weiss genau, dass in seiner Karrierenplanung zuletzt einiges schief gelaufen ist. Der forcierte Wechsel von Mönchengladbach zu Juventus Turin im Januar 2022 hat sich nicht ausbezahlt. Auch der Leihtransfer im letzten Sommer am letzten Tag des Transferfensters zu Chelsea hat seine Situation nicht verbessert. Er kam nur in 13 Spielen zum Einsatz, hat nicht einmal 1000 Spielminuten absolviert in dieser Spielzeit.
«Schwierig! Schwierig!» So kurz und knapp sein persönliches Saison-Fazit ist, so treffend ist es. Zakaria sagt das ohne Groll. Aber auch er weiss: «Jetzt geht es darum, einen Verein zu finden, bei dem ich regelmässig spielen kann.» Ob das Juventus ist, wohin er nach dem Ende des Leihgeschäfts mit Chelsea vorerst zurückkehren wird, darf bezweifelt werden.
So schwierig die Zeit im Verein auch ist. Die Nati-Spiele in dieser EM-Qualifikation sind ein Lichtblick. In allen drei Spielen durfte Zakaria zu Beginn auf dem Platz stehen. Und er überzeugte durchaus. Weil Captain Xhaka eine Position weiter nach vorne rückte, gibt Zakaria den Abräumer direkt vor der Abwehr. Zakaria ist der grösste Gewinner bis anhin im Nati-Jahr 2023. Im Hinblick auf die EM ist es darum umso wichtiger, dass Zakaria in der nächsten Saison im Klub neues Selbstvertrauen schöpft und in den Spielrhythmus kommt.
Genau 13 Jahre vor dem mühseligen 2:1-Sieg der in Andorra hat die Schweizer Nati im ersten Spiel der WM 2010 Spanien 1:0 besiegt. Xherdan Shaqiri war schon damals dabei, Ersatzspieler zwar, aber dennoch. Kein anderer aktueller Nati-Spieler hat jenes Turnier schon erlebt.
18 Jahre jung war Shaqiri damals. Es scheint eine Ewigkeit her. Shaqiri hat der Schweiz seither unzählige geniale Momente beschert. Auch bei der vergangenen WM war er jener Schweizer, der in der Offensive für die meiste Gefahr sorgte.
Die folgende Frage ist darum vermutlich die heikelste rund um die Nati überhaupt. Man muss sie gleichwohl stellen: Wie lange wird es Shaqiri noch gelingen, sein Niveau auf dem höchsten Level zu halten? 32 Jahre alt wird er im Oktober. Und die Zeit spielt gegen ihn. Zumal er in der MLS bei Chicago Fire nicht mehr das Tempo vorfindet, das bei einer EM gefordert ist. Und schon gar nicht die Gegenspieler, die ihm den Raum verstopfen, den er braucht für seine genialen Momente. Shaqiris Auftritt in Andorra, sein erster in der Nati im Jahr 2023, war jedenfalls nicht gerade ein Muntermacher.
Nati-Trainer Murat Yakin hält dezidiert fest: «Solange Shaqiri fit ist, ist er immer ein Gewinn für die Nati.» Die Aussage ist clever. Nichts könnte die Schweiz weniger gebrauchen für einer EM als eine Shaqiri-Diskussion (geschweige denn einen beleidigten Shaqiri). Darum lautet die Prognose: Die EM 2024 wird zum letzten grossen Tanz für Shaqiri. Wie es danach weitergeht? Darum kümmern sich die Nati-Exponenten dann frühestens im Spätsommer 2024. (aargauerzeitung.ch)