Cadel Evans (2011), Bradley Wiggins (2012) und Christopher Froome (2013 und 2014) lauten die klingenden Namen der Tour-de-Romandie-Sieger in den letzten vier Jahren. Mit Ilnur Sakarin trug sich nun ein Fahrer in die Siegerliste ein, mit dem noch vor dem abschliessenden Zeitfahren niemand gerechnet hatte. Dies auch, weil in der Westschweiz ausser dem Spanier Alberto Contador alle grossen Rundfahrt-Spezialisten am Start waren.
Überraschend war bereits, dass Sakarin auf der Königsetappe vom Samstag auf den französischen Sieger Thibaut Pinot nur sieben Sekunden verlor und somit das gelbe Leadertrikot übernahm. Dieses verteidigte er bei nasskalten und deshalb gefährlichen Bedingungen auf dem abschliessenden 17,3 km langen Rundkurs in Lausanne eindrücklich.
Der 25-jährige riskierte viel und konnte sich sogar den Fauxpas leisten, seine Zeitfahrmaschine wegen eines mechanischen Defekts zu wechseln. Ohne dieses Missgeschick hätte Sakarin womöglich Tony Martin (De) gar noch den Tagessieg streitig gemacht - am Ende fehlten ihm nur 13 Sekunden.
Auch Martin - notabene dreifacher Zeitfahr-Weltmeister - zeigte sich überrascht und beeindruckt von der Leistung des Russen, der Anfang April bei der Baskenland-Rundfahrt ein erstes Mal auf sich aufmerksam gemacht hatte. Sakarins Palmarès ist jedoch dünn. Zu vernehmen sind ein Junioren-Europameistertitel im Einzelzeitfahren und 2013 der Titel des russischen Zeitfahr-Meisters. In der letzten Saison gewann er zudem die Gesamtwertung der Aserbaidschan-Tour, einer unterklassigen Rundfahrt.
Zu den Geschlagenen gehörte auch der als grosser Favorit auf den Gesamtsieg gehandelte Christopher Froome. Es hat sich wieder einmal bewahrheitet, dass sich der Brite mit der Kälte nicht anfreunden kann. «Es ist kein Geheimnis, dass ich die nasskalten Bedingungen nicht mag. Aber es ist Teil des Sports. Die Voraussetzungen sind für alle gleich», zeigte sich der 29-Jährige sportlich und richtete den Blick gleich wieder nach vorne: «Die Saison ist noch lang. Es bleiben noch zwei Monate bis zum Start der Tour de France. » Er werde noch ein Trainingslager in Teneriffa (Sp) absolvieren, bevor er in Frankreich im Juni am Dauphiné Libéré den letzten Härtetest absolviere, so der Tour-de-France-Sieger 2013.
Neben Froome gehörten auch die Mitfavoriten Nairo Quintana (8.) und Vincenzo Nibali (10.) zu den Geschlagenen. Der Schweizer Mathias Frank verpasste die angestrebte Top-5-Platzierung als Zwölfter deutlich. Im Vorjahr war der Luzerner als Vierter noch knapp am Podest vorbeigeschrammt. Mit Steve Morabito schaffte es neben Frank ausserdem ein zweiter Schweizer in die Top 20. Der 32-jährige Walliser überzeugte im Zeitfahrern mit Rang 10 und war damit bester Schweizer. Im Gesamtklassement reichte es für Platz 16. Der letzte Gesamtsieg eines Schweizers liegt bereits 17 Jahre zurück. 1998 konnte mit Laurent Dufaux letztmals ein Einheimischer die Tour de Romandie gewinnen. (si/cma)