Der Schock des «Maracanaço», der WM-Final-Niederlage gegen Uruguay 1950 im eigenen Land, sitzt noch immer tief. Bis heute hat man in Brasilien nicht verdaut, den WM-Titel in letzter Sekunde verloren zu haben – und dann auch noch an einen Kontinents-Rivalen.
Noch Stunden blieben damals tausende von trauernden Fans auf den Rängen hocken. Einem Schlag ins Gesicht, einem Knock-Out, kam die Niederlage gleich. Nachdem die Sicherheitskräfte die verbliebenen Fans nach Hause geschickt hatten, fand man drei tote Zuschauer, welche wegen eines Herzinfarkts ums Leben gekommen waren. Ein weiterer verübte gar Suizid. Brasilien war erschüttert, während nebenan die Uruguayer «Fiesta» machten.
54 Jahre sind vergangen und das Land, welches an Hingabe zum Fussball kaum zu überbieten ist, erlebte die zweite Jahrhundert-Niederlage. Mit «Mineiraço» wird die 1:7-Klatsche gegen Deutschland betitelt und geht als höchste Halbfinal-Niederlage aller Zeiten in die Geschichtsbücher ein.
Kaum vorzustellen, was den Spielern und Fans in diesem Moment durch den Kopf ging. Das Spiel um Platz 3 am Samstag würde Felipe Scolaris Team am liebsten auslassen – wie auch die Holländer.
Wie gut hätte es der brasilianischen Seele getan, wie viel Druck wäre von den Schultern der Spieler gefallen, hätte die «Elftal» die «Albiceleste» geschlagen und wäre Brasilien im Spiel um Platz 3 auf Erzfeind Argentinien gestossen. Der Rang hätte keine Rolle gespielt, doch die Chance, den grossen Rivalen zu bodigen, wäre Balsam für viele gebrochene Herzen gewesen.
Nun steht dieses Argentinien nach dem Penaltykrimi am Mittwochabend im Final. Brasiliens Angst, nach 1950 ein weiteres Mal zusehen zu müssen, wie ein Südamerikaner im eigenen Land den Pokal in die Höhe stemmen kann, ist zurück.
We are a nation of 200 million Germans.
— Fernando Duarte (@Fernando_Duarte) 9. Juli 2014
Das deutsche Team hat für Sonntag mal eben 200.000.000 Millionen Fans hinzugewonnen #nedarg #gerarg
— Daniel Engel (@EngelD_Tdf) 9. Juli 2014
Deshalb gilt nun in Brasilien nur eines: «Hopp Deutscheland!» Eine ganze Nation wird ausgerechnet der Mannschaft, welche sie gedemütigt hat, die Daumen drücken. «Wir sind eine Nation von 200 Millionen Deutschen», schreibt ein Fan auf Twitter. Es liegt den Einheimischen am Herzen, dass nach dem Ausscheiden ihrer eigenen Seleção wenigstens auch der Feind scheitert. Der Spott nach der Pleite gegen Deutschland war schon riesig – man stelle sich vor, was in Brasilien los wäre, wenn der Nachbar den Pott nach Hause trägt.