Das Aus von Brasiliens Topstürmer Neymar ist das beherrschende Thema vor dem WM-Halbfinale des Gastgebers gegen Deutschland – nicht nur bei den Brasilianern selbst, sondern auch im deutschen Team.
Joachim Löw richtete auf der Pressekonferenz vor dem heutigen Spiel (22 Uhr, live im watson-Ticker) in Belo Horizonte einen Gruss an den Angreifer, der sich im Viertelfinal gegen Kolumbien einen Lendenwirbel brach: «Es tut mir und unserer Mannschaft schrecklich leid, dass Neymar sich verletzt hat», sagte der Bundestrainer.
Und appellierte zugleich an die WM-Schiedsrichter, Offensivspieler besser gegen überharte Verteidiger zu schützen: «Ich hoffe, dass diese Brutalität unterbunden wird. Sonst haben wir bald keine Neymars, Götzes, Messis oder Reus mehr, sondern nur noch Spieler, die das Spiel zerstören», sagte Löw mit Blick auf das Foul von Kolumbiens Defensivspieler Juan Zúñiga an Neymar.
Der DFB-Coach erwartet, dass der mexikanische Referee Marco Rodríguez eine ähnliche Härte wie im Viertelfinal zwischen Brasilien und Kolumbien im Halbfinal nicht zulassen wird. «Ich habe bei diesem Spiel gesehen, dass der Einsatz über die Grenzen hinaus betrieben wurde. In Europa wäre dieses Spiel nicht mit 22 Spielern beendet worden», sagte Löw.
Ansonsten konzentriert sich das DFB-Team auf die eigenen Stärken. «Wir wollen uns nicht nach dem Gegner richten. Wir wollen nicht irgendwelche Dinge machen, die wir sonst nicht machen. Wichtig ist, dass die Spieler konzentriert und mutig ihre Dinge erfüllen», sagte der Trainer der Deutschen. Brasilien sieht er in der Favoritenrolle, dennoch ist er zuversichtlich: «Wir gehen selbstbewusst in das Spiel. Wenn wir die eigenen Möglichkeiten abrufen, sind unsere Chancen nicht gerade klein.»
Brasiliens Trainer Luiz Felipe Scolari nahm sein Team vor dem Halbfinal ebenfalls in die Pflicht. «Dieses Spiel werden wir nicht nur für uns spielen, sondern für das Land, für unser Publikum. Und jeder von uns ist jetzt ein bisschen Neymar», sagte der 65-Jährige. Die Mannschaft habe die Trauer und die Enttäuschung nach dem Ausfall des Stürmers überwunden.
«Die Spieler haben begriffen, dass er seinen Teil dazu beigetragen hat, und dass wir jetzt unseren Teil dazu beizutragen haben», sagte Scolari. Der Coach der Seleção sprach vor dem Halbfinal mit Hochachtung von der DFB-Auswahl, meinte aber auch: «Wir können natürlich nicht nur Respekt zeigen. Wir wollen auch zeigen, wie wir spielen.»
Der gelbgesperrte Kapitän Thiago Silva ist ebenfalls davon überzeugt, dass der WM-Gastgeber aus Neymars Verletzung zusätzliche Motivation ziehen werde: «Es geschehen Dinge, die uns näher bringen. Ich glaube, dass sie uns als Gruppe stärker machen.»
Scolari wollte nicht offenbaren, wer Neymar und Thiago Silva gegen Deutschland ersetzen wird. «Nein, ich habe die Startelf im Kopf, aber ich werde sie nicht verraten», sagte er. Es gilt als wahrscheinlich, dass Dante vom FC Bayern für Thiago Silva in die Innenverteidigung rückt. Als Kandidaten für den Neymar-Ersatz gelten Willian, Ramires oder Bernard.
(buc/dpa/sid/qae)