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Werden mit dem in der Schweiz gesammelten Geld Waffen für die Kurden gekauft?

Märtyrer-Galerie beim Kurdischen Kulturverein in Zürich: Die Selbstmordattentäterin Arin Mirkan (2. v. l.) sprengte sich in Kobane in die Luft und riss angeblich Dutzende IS-Kämpfer mit in den Tod.
Märtyrer-Galerie beim Kurdischen Kulturverein in Zürich: Die Selbstmordattentäterin Arin Mirkan (2. v. l.) sprengte sich in Kobane in die Luft und riss angeblich Dutzende IS-Kämpfer mit in den Tod.bild: watson
Interview mit Mahir Amed

Werden mit dem in der Schweiz gesammelten Geld Waffen für die Kurden gekauft?

Seit fast zwei Monaten kämpfen die Kurden in Kobane gegen die IS-Terrormiliz. Die Kurden werden unterstützt mit Geld und Kämpfern aus dem Westen. Wie viel Unterstützung kommt aus der Schweiz? watson sprach mit Mahir Amed vom Kurdischen Kulturverein Zürich.
11.11.2014, 16:55
Kian Ramezani
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In Deutschland wirbt die PKK Syrien-Kämpfer an. Wie helfen die Schweizer Kurden den Verteidigern von Kobane?
Mahir Amed: Wir demonstrieren, um Öffentlichkeit und Politik für die schwierige Situation der Kurden in Syrien und im Irak zu sensibilisieren. Und wir sammeln Geld.

Um gegen den IS langfristig etwas auszurichten, benötigen die Kurden vor allem schwere Waffen.
Und genau dieses Ziel verfolgen wir mit den Kundgebungen, damit westliche Regierungen diese Waffen liefern. Die USA, Deutschland und Grossbritannien haben reagiert. Wir hoffen, andere Staaten folgen ihrem Beispiel.

Mahir Amed.
Mahir Amed.bild: zvg
«Unsere Spenden gelten den 200'000 kurdischen Flüchtlingen, die in Lagern in der Türkei ausharren.»
Mahir Amed, Kurdischer Kulturverein Zürich

Werden mit dem von Ihrer Organisation gesammelten Geld keine Waffen gekauft?
Nein, unsere Spenden gelten den 200'000 kurdischen Flüchtlingen, die in Lagern in der Türkei ausharren. Die Bedingungen dort sind so schlecht, dass einige von ihnen freiwillig nach Kobane zurückgekehrt sind. Selbst wenn wir mit den Spenden Waffen kaufen wollten, wäre das in der Praxis unmöglich.

Warum unmöglich?
Wie wollen Sie Waffen nach Kobane bringen? Die Stadt ist auf drei Seiten vom IS eingeschlossen und einzig von Norden durch die Türkei erreichbar. Doch die hat wegen der Nähe zwischen YPG (bewaffneter Arm der syrischen Kurdenpartei PYD, Anm. d. Red.) und PKK kein Interesse daran, Waffenlieferungen für die syrischen Kurden durchzulassen. Nur ausländische Regierungen können das. Wie gesagt, deshalb demonstrieren wir immer wieder.

In der autonomen Region Kurdistan im Nordirak gäbe es genügend Waffen. Warum nicht auf dem Waffenbazar von Erbil einkaufen und nach Kobane liefern?
Auch in diesem Fall ist die Zustimmung der Türkei nötig, denn der direkte Weg würde durch IS-Gebiet führen. Der Korridor durch die Türkei, über den einige schwere Waffen vom Nordirak nach Kobane gelangt sind, hat Erdogan auch nur auf Druck der USA geöffnet. Für ihn sind die syrischen Kurden Verhandlungsmasse: Für jegliche Hilfestellung verlangt er im Gegenzug Zugeständnisse der PKK.

Gibt es bei Ihnen im Verein Leute, die nach Kobane gehen und gegen den IS kämpfen wollen?
Die Emotionen kochen natürlich hoch, gerade bei jungen Menschen. Ich kenne persönlich Leute, die in die Türkei gereist sind, um in den Flüchtlingslagern zu helfen. In den Kampf zu ziehen, davon raten wir ab.

«Die YPG-Führung hat klargemacht, dass sie jegliche Hilfe begrüsst – ausser freiwillige Kämpfer.»
Mahir Amed, Kurdischer Kulturverein Zürich

Sie halten Kurden davon ab, den Verteidigern von Kobane zu Hilfe zu kommen?
Die YPG-Führung hat klargemacht, dass sie jegliche Hilfe begrüsst – ausser freiwillige Kämpfer. Unerfahrene, nicht ausgebildete Kämpfer sind keine Hilfe, im Gegenteil: Sie sind eine Last, bringen sich selbst und andere in Gefahr. Verhindern können wir es natürlich nicht. Wer unbedingt will, findet den Weg in die Türkei und von dort nach Syrien.

Kurden gegen IS

In der Türkei und in Syrien führen sie einen Freiheitskampf und im Irak geniessen sie Autonomie. Was ist das Fernziel der Kurden?
Wir wollen Autonomie, und zwar nicht nur für die Kurden, sondern für alle Minderheiten – aber innerhalb bestehender Staaten. Das Ziel eines eigenen Kurdenstaats verfolgen wir nicht mehr. Das ist auch besser so: Ein ethnisch-basierter Staat im Nahen Osten wird immer in Konflikt mit seinen Minderheiten kommen und diese irgendwann unterdrücken. Das weiss niemand besser als die Kurden selbst.

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