Russland schafft Tatsachen auf dem Boden – USA und EU machtlos
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat Russland einen Militäreinmarsch in sein Land vorgeworfen. Wegen der «russischen Invasion» habe er einen Staatsbesuch in der Türkei abgesagt. «Der Platz des Präsidenten ist heute in Kiew», sagte Poroschenko Die Lage im Raum Donezk habe sich «extrem verschärft».
Kontrolle über Grenzregion im Süden verloren
Der prowestliche Staatschef forderte Sondersitzungen des Weltsicherheitsrats und des EU-Rates. «Die Welt muss sich zur heftigen Verschärfung der Lage in der Ukraine äussern», sagte er. Poroschenko berief den Sicherheitsrat des Landes zu Beratungen ein.
Das ukrainische Militär hatte zuvor mitgeteilt, die Kontrolle über eine Grenzregion im Südosten weitgehend verloren zu haben. Verantwortlich seien Einheiten aus dem Nachbarland. «Gestern gingen die Stadt Nowoasowsk sowie eine Reihe von Ortschaften der Kreise Nowoasowsk, Starobeschewo und Amwrosijewka unter die Kontrolle russischer Militärs», erklärte der nationale Sicherheitsrat in Kiew.
Zuvor hatte der Separatistenführer Alexander Sachartschenko bei einem Auftritt im russischen Fernsehen zugegeben, dass russische Soldaten in den Reihen der Rebellen kämpfen: «Unter uns sind kämpfende Soldaten, die ihre Ferien lieber mit uns verbringen als am Strand.» Die Unterstützer aus Russland hätten sich angeblich beurlauben lassen, um «ihre Brüder» im Freiheitskampf zu unterstützen. Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass es unter uns viele Russen gibt, ohne deren Hilfe wir es sehr schwer hätten.
Geheime Beerdigungen in Russland
Laut Sachartschenko haben etwa 3000 bis 4000 russische Soldaten an der Seite der Rebellen gekämpft. Dies sei jedoch freiwillig geschehen, ohne Weisung aus Moskau. «Viele sind heimgefahren. Viel mehr sind aber geblieben.»
Leider habe es auch Tote gegeben, sagt Sachartschenko. Medien in Moskau hatten zuletzt über geheime Beerdigungen berichtet, bei denen angeblich gefallene russische Soldaten beigesetzt wurden. Zu den Berichten äusserte sich nun erstmals auch der Kreml. «Das benötigt eine ausführliche Prüfung, bevor irgendwelche Schlüsse gezogen werden», sagte Sprecher Dmitrij Peskow.
Ella Poljakowa vom russischen Verband der Soldatenmütter sprach von etwa hundert russischen Soldaten, die in eine Klinik in St. Petersburg gebracht worden seien. Wo und wie die Männer verwundet wurden, sei unbekannt, sagte Poljakowa, die dem Kreml-Menschenrechtsrat angehört.
Rebellen rücken bei Donezk weiter vor
Bisher hatte die Regierung in Moskau ein Engagement in der Ukraine immer bestritten. Als in dieser Woche zehn russische Fallschirmjäger auf ukrainischem Gebiet gefangen genommen wurden, sprach man in Moskau von «einem Versehen».
Die Regierung in Kiew und das US-Aussenministerium werfen Russland vor, die Separatisten im Osten des Landes zu unterstützen. Im Gebiet um die Grossstädte Donezk und Luhansk sei eine russische Gegenoffensive im Gang, sagte die Sprecherin des US-Aussenministeriums, Jen Psaki.
Russland warnt Nato
Der französische Präsident François Hollande äusserte sich besorgt über die Berichte. Sollten die Angaben stimmen und sich russische Soldaten auf ukrainischem Boden aufhalten, wäre dies «nicht zu tolerieren und inakzeptabel». Russland könne nicht erwarten, eine anerkannte Macht des 21. Jahrhunderts zu sein, wenn es die Regeln nicht respektiere.
Zuvor hatte Russland die Nato gewarnt, ihre Truppen in der Nähe der russischen Grenze zu verstärken. Ein solcher Schritt würde die Beziehungen zur Regierung in Moskau nur komplizieren, sagte der russische Nato-Botschafter Alexander Gruschko der Agentur Interfax. Die Aufstellung und die Aktivitäten von Nato-Truppen an der Grenze zu Russland würden in der russischen Militärplanung berücksichtigt.
«Wir werden alles Nötige unternehmen, um für eine verlässliche Sicherheit zu sorgen und um den Schutz vor jeglicher Bedrohung zu garantieren», sagte Gruschko. Beim Nato-Gipfel am Donnerstag und Freitag kommender Woche soll über langfristige Strategien beraten werden. (vet/dpa/Reuters)

