Der Kampf um die strategisch wichtige Separatisten-Hochburg Donezk in der Ostukraine nimmt an Härte zu. Erstmals griff die ukrainische Luftwaffe Ziele nahe des Zentrums der Grossstadt an. Bei den Attacken auf Stellungen der Aufständischen starben mindestens drei Zivilisten, wie der Stadtrat am Mittwoch mitteilte.
Wegen der Gefechte zog die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Beobachter aus der Stadt ab.
Die Aufständischen in Donezk warnten die Armee vor einer Offensive. «Die Erstürmung steht unmittelbar bevor, aber wir sind gut darauf vorbereitet», sagte Separatistenführer Sergej Kawtaradse. Immer mehr Frauen und Kinder würden Donezk durch einen Fluchtkorridor verlassen.
Die Armeeführung in Kiew betonte aber, sie plane keine «kopflose» Erstürmung von Donezk oder des benachbarten Lugansk. «Das sind nicht irgendwelche Festungen. Das sind Städte, in denen Menschen leben», unterstrich Andrej Lyssenko vom nationalen Sicherheitsrat.
Bei erbitterten Gefechten in der Region beklagte das Militär zahlreiche Opfer. Innerhalb von 24 Stunden seien 18 Soldaten getötet und 54 verletzt worden, sagte Lyssenko.
Auch in der Stadt Gorlowka berichteten die Behörden von einer steigenden Zahl von Toten. In den vergangenen Tagen seien bei Artilleriebeschuss 33 Zivilisten getötet und 129 verletzt worden. Gas- und Wasserversorgung seien zerstört.
In Lugansk müssen nach Behördenangaben ebenfalls Zehntausende ohne Strom und Wasser auskommen. Schwierigkeiten gibt es zudem weiter mit der Lebensmittel- und Treibstoffversorgung sowie mit der Müllabfuhr.
Russland warf der ukrainischen Führung erneut den Einsatz von Phosphorbomben gegen Zivilisten im umkämpften Osten des Landes vor.
«Eine Bodenprobe hat ergeben, dass die Armee in der Nähe von Slawjansk die verbotenen Brandgeschosse verwendet hat», sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörde in Moskau, Wladimir Markin. Der Einsatz sei ein «Kriegsverbrechen». Die russischen Behörden bezogen sich auch auf die Berichte ukrainischer Flüchtlinge. Die Führung in Kiew hatte die Vorwürfe wiederholt als «Verleumdung» zurückgewiesen.
Russland wies unterdessen Vorwürfe des Westens zurück, die Krise in der Ukraine durch einen Truppenaufmarsch an der Grenze weiter anzuheizen. Die Behauptungen seien eine «Irreführung der Weltöffentlichkeit», erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau der Agentur Interfax zufolge.
Die NATO warnte vor einer «gefährlichen Situation». «Wir können nicht mutmassen, was Russland vorhat, aber wir können sehen, was Russland macht - und das erfüllt uns mit grosser Sorge», sagte eine Sprecherin in Brüssel.
Die NATO fürchtet, dass Moskau unter dem Vorwand einer «Friedensmission» Truppen in die Ostukraine senden könnte. An diesem Donnerstag wird NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen zu Krisengesprächen mit der prowestlichen Führung in Kiew erwartet.
Für zahlreiche Waren und Lebensmittel aus der EU hat Russland am Mittwoch ein Importverbot verhängt. Betroffen seien jene Länder, die im Ukraine-Konflikt Sanktionen gegen Moskau erlassen hätten, teilte der russische Präsident Wladimir Putin in einem Dekret mit. Es betrifft Italien, Griechenland, Rumänien und Bulgarien.
Zuletzt hatte Russland wegen angeblicher Gesundheitsgefahren für Konsumenten die Einfuhr von Äpfeln sowie weiterer Obstsorten aus Polen verboten.
Die Schritte gelten als Reaktion auf die Sanktionen des Westens gegen Russland im Ukraine-Konflikt. Offiziell begründet werden sie allerdings mit dem Konsumentenschutz. (jas/sda/dpa/reu/afp)