In ihrer emotionalen Nachricht schreibt sich Maya* (die anonym bleiben möchte) ihren Frust von der Seele. Als junge Lesbe wird sie immer wieder mit Homophobie konfrontiert. Wir fassen ihre Mail kurz zusammen:
Nichts lieber als das, denn wir teilen deine Wünsche und Forderungen. Stellvertretend für watson antwortet dir, liebe Maya, Simone Meier:
Liebe Maya
Ich kann dich verstehen. In deinem Alter ging’s mir andauernd mies. Ich war damals ganz neu in meiner sexuellen Identität, sie war für mich das Wichtigste auf der Welt. Ich fühlte mich zerbrechlich, war überglücklich, und wollte, dass die ganze Welt mit mir glücklich ist. Was sie natürlich nicht war. Einmal ging ich mit meiner Freundin durch eine Strasse in Berlin, und jemand schmiss einen Blumentopf nach uns. Einmal gingen wir durch eine Strasse in New York, und ein Mann folgte uns mit den Worten: «Sorry, ich habe noch nie Lesben aus der Nähe gesehen.»
Ein Lehrer sagte mir: «Ich predige meinen Schülern immer, dass es auch Andere gibt, aber so in Echt kann ich damit nicht umgehen, es ist einfach nicht natürlich.» Einige Erwachsene hofften auf eine vorübergehende Phase. Jemand versuchte, mich mit einem Ex-Freund zurückzuverkuppeln, ich sagte: «Ähm, falls du es noch nicht gemerkt hast, ich bin jetzt lesbisch.» Die Antwort: «Nimm dieses grusige Wort nicht mehr in den Mund!» Männer fanden nichts aufregender, als über lesbische Sexualität zu reden. So, wie Männer eben gerne Lesbenpornos schauen.
Am Anfang hat mich das verletzt und verwundet. Ich wollte akzeptiert sein, am liebsten auch gelobt werden für meinen Mut. Nur etwas wollte ich nie sein: gleich. Ich hatte Freude am Anderssein. Meine Freiheit war grösser, auch wenn ein paar kleine Ärsche das nicht so sahen. Sollten sie doch neidisch sein. Sie waren Mainstream, ich war Subkultur. Ich wollte keine allgemeingültige Normalität leben, sondern meine. Mir mein Glück selbst einrichten. So wie ich mir meine Wohnung selbst einrichte und meinen Job selbst aussuche. Und als ich selbst mein Lesbischsein für mich als normal betrachtete, da interessierte sich auch sonst niemand mehr dafür. An der Uni, im Job oder unter Freunden bin ich deswegen noch keine einzige Sekunde lang diskriminiert worden.
Es gibt einen Restbestand an Homophobie, und dass es dich getroffen hat, tut mir von Herzen leid. Aber im Grunde kann er uns (wir leben ja zum Glück nicht in Russland) doch genauso wenig anhaben wie irgendein sexistischer Spruch. Und zurückpöbeln geht immer. Seit dem Stalker und dem Blumentopf sind jetzt ein paar Jahre vergangen. Jetzt ist es eher so, dass frustrierte Heterofreundinnen sagen: «Ach, am liebsten wäre ich lesbisch, mit den Männern hat es einfach keinen Zweck.» Dann frag ich sie: «Und? Spürst du’s auch woanders als im Kopf?» Die Antwort ist immer ein kleinlautes Nein. Es ist ihnen eben nicht zu helfen. Sollen sie mich doch beneiden. Und dich auch.
Sehr herzlich
Simone Meier
* Name der Redaktion bekannt
Vielen Dank für deine ehrlichen Worte, liebe Maya. Du darfst gerne nachhaken, falls wir das Thema zu nachlässig behandeln sollten.
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