Humanitäre Organisationen warnen vor einer drohenden Katastrophe im Gazastreifen. Seit Israel die Grenzen am 2. März, also vor zwei Monaten, dichtgemacht hat, sind Lebensmittel und Medizin knapp. Das schlägt sich auch in den Preisen nieder, sie alle haben sich vervielfacht: Für eine einzelne Kartoffel zahle man aktuell fünf Schekel (circa 1.20 CHF) oder mehr, sagte ein Strassenhändler am 30. April gegenüber China Central Television. Dies, wenn man überhaupt noch etwas bekommt. Im Netz kursieren Videos von leeren Regalen in Lebensmittelläden und verlassenen Verkaufsständen auf Märkten:
Hilfswerke wie das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen und Unrwa, die mehr als zwei Millionen Palästinenser im Gazastreifen mit Lebensmitteln und Dienstleistungen versorgen, berichten, ihre Lager seien leer. Die letzten Vorräte an Mehl und anderen Lebensmitteln seien an die Dutzenden von Gemeinschaftsküchen in Gaza verteilt worden. In der kriegsgebeutelten Gegend haben viele Menschen keine Einkommensquelle – und mit den extremen Preisen sind sie auf Mahlzeiten aus den Suppenküchen angewiesen. Laut Schätzungen der Hilfswerke würden deren Vorräte aber wohl auch nur noch bis Ende Monat reichen – man habe jetzt schon die Portionen verkleinert. Es sei überlebenswichtig, dass man Lebensmittel- und Hilfsgüterlieferungen sofort wieder aufnehmen könne, so das Welternährungsprogramm.
In der Not scheinen die Menschen auch auf ungewöhnliche Nahrungsmittel zurückzugreifen, wie ein Beitrag von Al Jazeera zeigte: Sie fangen und essen Meeresschildkröten. Sie dienen als «Proteinquelle». Eigentlich, so sind sich die Fischer sowie die Kinder im Al-Jazeera-Beitrag einig, würde man die Schildkröten aber lieber verschonen.
Der palästinensische TikTok-Content-Creator Yusuf sagt in einem seiner Videos, alle Menschen seien mangelernährt. Eine Erhebung der Vereinten Nationen stützt seine Aussage: Im März litten 3700 Kinder an akuter Unterernährung, 80 Prozent mehr als im Februar.
Am Montag hat der Internationale Gerichtshof (IGH), das wichtigste Gericht der Vereinten Nationen, mit einer Anhörung begonnen, um festzustellen, ob die Blockade Israels und das Verbot jeglicher Zusammenarbeit mit der Unrwa im Gazastreifen und im besetzten Westjordanland rechtswidrig sind. Am Freitag wurde sie abgeschlossen. Israel rechtfertigt die Blockade mit der Behauptung, dass die Hamas routinemässig Hilfsgüter stiehlt und sie an ihre Kämpfer verteilt oder verkauft, um ihre Operationen zu finanzieren. Überdies sei die Unrwa von der Hamas infiltriert worden. Hilfsorganisationen in Gaza bestreiten, dass in den letzten Monaten in grossem Umfang Hilfsgüter gestohlen wurden, und auch die Behauptung zur Unrwa wird heftig bestritten.
Südafrika reichte im Dezember 2023 eine Klage beim IGH ein, in der es Israel vorwirft, im Gazastreifen Völkermord zu begehen, was Israel bestreitet. (lzo)