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Warum es diesen Frühling in den USA besonders viele Zikaden hat

Video: watson/Michael Shepherd

Diesen Frühling wird es laut in den USA – Das ist der Grund

01.02.2024, 06:03
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Warum wird es so laut?

Nein, weder riesige SUVs noch Schusswaffen sind schuld am Lärm, sondern Insekten. Der Grund: 2024 ist ein Zikadenjahr. Grundsätzlich gibt es jedes Jahr Zikaden in den Wäldern, doch in diesem Frühling werden es einige mehr sein. Erwartet wird eine sogenannte «Dual Emergence» von periodischen Zikaden.
Im Gegensatz zu den normalen Zikaden, deren Lebenszyklus zwischen zwei und fünf Jahren dauert, leben periodische Zikaden der Gattung Magicicada deutlich länger, nämlich bis zu 17 Jahre. Die längste Zeit ihres Lebens verbringen sie aber still im Boden, wo sie sich als Larve von Pflanzensäften ernähren. Schliesslich graben sie sich dann zur Oberfläche und häuten sich. Nun verbringen sie einige Wochen bis Monate als adulte Tiere an der Oberfläche und pflanzen sich fort.

Die Paarungsrufe der männlichen Zikaden sind dabei kaum zu überhören. Für die einen Natur, für die andern nur Lärm, aber auf keinen Fall leise. Die Geräusche erzeugen Zikaden mit einem einzigartigen sogenannten Tymbalorgan. So erreichen Sie Lautstärken von bis zu 84 dB, was lauter ist als die meisten Staubsauger.

So klingt das:

Video: watson/Michael Shepherd

Das Jahrhundertereignis der «Dual Emergence»

Das Besondere an den periodischen Zikaden ist, dass die Larvenzeit im Boden je nach Art exakt 13 oder 17 Jahre beträgt. Dazu unterscheidet man noch verschiedene Bruten, die ebenfalls in einem der beiden Zyklen leben, aber asynchron zu anderen Bruten sind. Diese werden mit römischen Zahlen benannt.
Jedes Mal, wenn also eine Brut nach ihrem langen Verweilen im Boden an die Oberfläche kommt, muss man mit einer riesigen Menge an Zikaden rechnen.

Zuletzt sorgte 2021 das Auftreten der Brut X für Schlagzeilen. In diesem Jahr passiert aber etwas noch Selteneres. Es werden nämlich voraussichtlich gleich zwei Bruten gleichzeitig an die Oberfläche kommen. Man spricht von einer «Dual Emergence». Dieses Jahr sind es die 13-jährige Brut XIX, sowie die 17-jährige Brut XIII. Diese beiden Bruten sind zuletzt vor 221 Jahren gleichzeitig aufgetreten. So erwartet man im Frühling über eine Billion Zikaden.

Schutz durch Primzahlen

Periodische Zikaden begeistern die Wissenschaft schon länger. Es ist aber noch nicht ganz klar, weshalb die Gattung Magicicada evolviert ist, um ausgerechnet 13 respektive 17 Jahre im Boden zu bleiben. Eine mögliche Erklärung liefern Räuber-Beute Beziehungen.

Schutz durch Primzahlen - Diese Zikaden können rechnen

Video: watson/Michael Shepherd

Wenn periodische Zikaden aus dem Boden kommen, beginnt ein ganz besonderes Spektakel. Denn Zikaden werden so ziemlich von allem gefressen, was sich fortbewegen kann. Egal ob Vögel, Säugetiere, Reptilien oder andere Insekten – die unbeholfenen Zikaden haben keine Verteidigung und werden von allen gern gefressen. Dies ist auch Teil der Überlebensstrategie der Zikaden. Man spricht vom «predator satiation» Prinzip. Dadurch, dass die Zikaden alle gleichzeitig und in so grosser Zahl auftreten, erhöhen sich die Überlebenschancen für alle Individuen. Die Räuber sind irgendwann wortwörtlich zu voll, um weiterzufressen und die Überlebenden können sich erfolgreich fortpflanzen.

Aber auch Fressfeinde können sich in einem Zikadenjahr besser fortpflanzen. Durch den riesigen Protein-influx den die Zikaden ins Ökosystem bringen, haben zum Beispiel auch Vögel erfolgreichere Bruten. Würden die Zikaden alle 12 Jahre auftreten, würden sich die Lebenszyklen von Fressfeinden wahrscheinlich so synchronisieren, dass auch immer zu dieser Zeit eine Brut bereit ist, die mit Zikaden gefüttert werden kann.

Stattdessen setzten die periodischen Zikaden aber auf Primzahlen, welche kaum gemeinsame Vielfache mit den Lebenszyklen ihrer Feinde haben. So kommt es, dass der gleiche Fressfeind mit einem Zyklus von 4 Jahren nur alle 52 Jahre gleichzeitig mit einer 13-jährigen Zikade «schlüpft».

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Ein weiterer Vorteil der Zahlen 13 und 17 ist, dass auch die Überlappung der verschiedenen Bruten sehr gering ist. So vermindert sich die Gefahr, dass sich die Zikaden gegenseitig konkurrenzieren und auch eine Vermischung der Gene, die den Zyklus potenziell stören könnte.

Ob dies die volle Erklärung für das Phänomen ist, wissen Wissenschaftler aber noch nicht sicher. Das seltene Auftreten der periodischen Zikaden macht auch die Forschung entsprechend schwierig.

Die nächste Dual Emergence könnte es 2050 mit den Bruten XIX (13) und V (17) geben. Garantiert ist diese jedoch nicht, denn vermehrt wird beobachtet, dass 17-jährige Zikaden plötzlich vier Jahre zu früh auftreten und in einen 13-jährigen Zyklus wechseln. Als Ursache werden klimatische Veränderungen vermutet.

(msh)

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7 Kommentare
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Herziger als dieses Unterwasser-Blattschaf wird's kaum!

Taucherinnen und Taucher vor der philippinischen, indonesischen oder japanischen Küste haben ab und zu das Glück, sogenannte «Blattschafe» zu erspähen. Hier ist der Name Programm: Die winzigen Tierchen sehen aus wie kleine Schäfli, deren Fell aus Blättern besteht. Nicht umsonst werden die Dinger auch «Shaun, das Schaf» genannt. Im Fachjargon nennt man die Tiere jedoch ganz einfach gesagt Meeresschnecken oder, in diesem Falle, Costasiella kuroshimae.

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