Wie ein Anabolika schluckender Bodybuilder legt der Dollar Muskeln zu. Zum Euro und zum Schweizer Franken hat er beinahe Parität erreicht, will heissen: Ein Dollar entspricht einem Euro, resp. einem Franken. Seit 2011 hat der Greenback damit über 40 Prozent an Wert gewonnen.
Als Grund für den rasanten Anstieg des Dollarkurses werden allgemein die Trumponomics genannt, die zu erwartende Wirtschaftspolitik des gewählten Präsidenten. Das stimmt nur teilweise. Das Fundament hat Barack Obama gelegt. Er hat sein Amt während der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Grossen Depression angetreten und kann sich nun rühmen, dass unter seiner Ägide der längste Wirtschaftsaufschwung mit der grössten Zunahme an Jobs stattgefunden hat.
Die Trumponomics haben den Trend beschleunigt. Allgemein wird erwartet, dass Donald Trump die Steuern senken und massiv in die Infrastruktur investieren wird. Gleichzeitig deutet alles darauf hin, dass er Strafzölle gegen Importe – vor allem aus China und Mexiko – verhängen und damit die Binnenwirtschaft ankurbeln wird. Noch mehr Anabolika für den Dollar also.
Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben ist eine starke Währung nicht nur positiv. Das gilt speziell für den Dollar, denn der Greenback hat nicht nur einen starken Einfluss auf das Schicksal der amerikanischen Wirtschaft. Als nach wie vor unbestrittene globale Leitwährung bestimmt er auch massgeblich den Gang der Weltwirtschaft.
Das bekommen bereits jetzt die Schwellenländer zu spüren. Ein starker Dollar ist so ungefähr das Letzte, was sich Länder wie Brasilien, die Türkei oder Chile wünschen. Von China ganz zu schweigen. Um eine Kapitalflucht zu verhindern, musste die chinesische Zentralbank allein in den ersten drei Quartalen des letzten Jahres rund 300 Milliarden Dollar ihrer Devisenreserven aufwenden. So konnte sie ein zu starkes Absacken des Renminbi bisher verhindern.
Viele andere Schwellenländer leiden darunter, dass sie für ausländische Investoren derzeit nicht mehr attraktiv sind. 2016 sind insgesamt bloss rund 28 Milliarden Dollar in diese Länder geflossen, 90 Prozent weniger als in der Periode zwischen 2011 und 2014. Nicht nur der stärkere Dollar, auch steigende Zinsen in den USA machen den Schwellenländern zu schaffen.
Schlimmer noch ist die Tatsache, dass viele der Schulden dieser Länder in Dollar notiert sind. Unternehmen und Staaten konnten so von den tiefen Zinsen profitieren. Jetzt aber leiden sie unter der starken Aufwertung und haben Mühe, ihre Schulden zu bedienen.
Auch für die Amerikaner ist der starke Dollar ein zwiespältiges Geschenk. Die Konsumenten profitieren zwar von den billigeren Importen. Doch dieser Gewinn wird möglicherweise von den Strafzöllen bald weggefressen. Was bleibt, sind die höheren Kosten für Exporte und möglicherweise eine gefährliche Börsenblase.
Bereits jetzt sind amerikanische Aktien am oberen Limit. So warnt etwa John Authers in der «Financial Times»: «US-Aktien sind überbewertet, und jeder, der sie kauft, muss wissen, dass er etwas sehr Teures kauft.»
Profitieren vom starken Dollar können allenfalls Japan und Europa. Yen und Euro haben gegenüber dem Greenback deutlich eingebüsst. Das bedeutet, dass japanische und europäische Exporte nach Übersee deutlich billiger geworden sind. Vor allem die japanischen Unternehmen haben davon bereits profitiert und ihre Gewinne deutlich gesteigert.
Und was ist mit der Schweiz? Die USA sind nach der EU unser zweitgrösster Handelspartner. So gesehen sollte die Exportwirtschaft ebenfalls profitieren. Allerdings spuckt uns dabei der schwindsüchtige Euro in die Suppe. Er sorgt dafür, dass die Konkurrenz aus Deutschland & Co. noch billiger wird, und zwingt die Nationalbank zu einer heiklen Gratwanderung: Sie muss den idealen Pfad zwischen einem stärker werdenden Dollar und einem schwächer werdenden Euro finden.