Als eine seiner ersten Amtshandlungen will Donald Trump einen Strafzoll in der Höhe von fünf bis zehn Prozent installieren. Das besagen jüngste Gerüchte aus Washington. Der gewählte Präsident will dabei auf den mühseligen Umweg durch Abgeordnetenhaus und Senat verzichten und die Massnahme mit einer sogenannten «executive order» direkt umsetzen.
Dazu passt, dass Trump als neuen US-Handelsrepräsentanten Robert Lighthizer ernennen will. Dieser gilt als überzeugter Protektionist und hat schon in der Regierung von Ronald Reagan an vorderster Front gegen japanische Importe gekämpft.
Bereits vor Weihnachten hatte Trump als Chef der nationalen Handelsdelegation Peter Navarro vorgeschlagen. Der Titel seines Buch «Death by China» spricht für sich selbst. Schliesslich wird mit dem Milliardär Wilbur Ross als Minister ein Mann die US-Handelspolitik bestimmen, der als entschiedener Gegner des Nafta und der anderen Freihandelsverträge gilt.
Alles deutet darauf hin, dass nicht nur der freie Handel vor die Hunde geht. Die Ära der Pax Americana neigt sich dem Ende zu. Darunter versteht man die liberale Weltordnung unter der Schirmherrschaft der Vereinigten Staaten seit dem Zweiten Weltkrieg.
Im Kalten Krieg sah diese Weltordnung wie folgt aus: Um die Sowjetunion in Schach zu halten, stationierten die Amerikaner Truppen in Europa und in Teilen von Asien. «Unter diesen Rahmenbedingungen wuchs die gegenseitige Abhängigkeit, und zwar wirtschaftlich, sozial und ökologisch», stellt der Harvard-Politologe Joseph Nye in «Foreign Affairs» fest. «Um 1970 war die wirtschaftliche Globalisierung wieder auf dem Stand, den sie vor dem Ersten Weltkrieg bereits erreicht hatte.»
Die Länder, die sich unter den amerikanischen Schild begaben – Westeuropa, Japan und Südkorea –, genossen mehr als ein halbes Jahrhundert Frieden und Wohlstand. Nach dem Fall der Berliner Mauer suchten vermehrt auch Schwellenländer den Schutz der Pax Americana. In den Neunzigerjahren zweifelte niemand daran, dass die USA für längere Zeit die unbestrittene Supermacht der Welt sein würden.
Seit der Finanzkrise schwindet der Glaube an die USA. Als Thailand, Südkorea und Indonesien 1998 in eine schwere Krise gerieten, mussten sie sich von US-Ökonomen Belehrungen in Sachen «crony capitalism» (Vetterliwirtschaft) anhören und brutale Reformen über sich ergehen lassen.
Als 2008 der Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers beinahe das Finanzsystem zum Einbruch brachte, warfen die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank die Notenpresse an und halfen den Banken aus der Patsche. Diese Lektion in Sachen Doppelmoral hat man in Asien nicht vergessen.
In verschiedenen Schwellenländern hat der Ruf der Pax Americana ebenfalls gelitten. «Seit Jahren äussern verschiedene Länder – darunter Brasilien, Indien, Südafrika und die Türkei – ihren Frust mit den bestehenden Regeln», stellt Michael Mazarr ebenfalls in «Foreign Affairs» fest.
Gleichzeitig gibt es im 21. Jahrhundert eine Alternative zu Liberalismus und Marktwirtschaft. Wladimir Putin wird nicht nur in Russland bewundert. Auch in China (Xi Jinping), Indien (Narendra Modi), in der Türkei (Recep Erdogan), auf den Philippinen (Rodrigo Duterte) und in Ungarn (Viktor Orban) sind «gelenkte Demokratien» entstanden. Darunter versteht man einen autoritären Staatskapitalismus mit starken Männern an der Spitze.
Donald Trump ist nicht nur ein bekennender Putin-Fan. Er hat auch eine Neigung zum Protektionismus und eine Abneigung gegen NATO und UNO. Die Pax Americana dürfte dies wohl kaum überleben. Wie aber eine Welt funktionieren soll, wenn sie von nationalistischen Machos beherrscht wird, ist völlig ungewiss.