Von wegen «grösstes Polit-Spektakel»: Es könnte bereits nach wenigen Minuten vorbei sein. Dann nämlich, wenn ein Senator eine Abstimmung darüber verlangt, ob der Fall ohne Anhörungen verworfen werden soll. Stimmt eine einfache Mehrheit der Senatoren zu, ist bereits Ende Feuer.
Donald Trump und seine Hofberichterstatter bei Fox News haben sich lauthals für ein solches «Dismissal» stark gemacht. Wahrscheinlich wird daraus jedoch nichts werden. Der starke Mann im Senat, Mitch McConnell, der Mehrheitsführer der Republikaner, findet es keine gute Idee. Zu Recht befürchtet er, dass ein solches Vorgehen selbst einige Senatoren der Grand Old Party (GOP) vor den Kopf stossen und landesweit für wenig schmeichelhafte Schlagzeilen sorgen würde.
Obwohl sie völlig verschieden sind, haben sich Trump und McConnell in den letzten drei Jahren gefunden. Der narzisstische Präsident und der schweigsame Mehrheitsführer sind ein funktionierendes, wenn auch seltsames Paar geworden. Trump weiss die Verschlagenheit und Detailkenntnisse McConnells zu schätzen. Umgekehrt hat McConnell den Kultstatus Trumps akzeptiert und öffentlich erklärt, alle seine Schritte mit dem Weissen Haus abzusprechen.
McConnell wird daher im Sinne des Präsidenten alles daransetzen, den Prozess möglichst rasch und möglichst reibungslos über die Bühne zu bringen. Gerüchteweise soll er gar anordnen, dass die Senatoren in den nächsten vier Tagen jeweils zwölf Stunden im Kongress ausharren müssen, um sich zuerst die Anklage und danach die Replik darauf anzuhören.
Es ist ihnen dabei weder erlaubt, Fragen zu stellen, noch den Saal zu verlassen. Ebenso sind keine Tonaufnahmen oder Telefonate zugelassen. McConnell hat zudem angeordnet, dass nur eine einzige TV-Kamera das Geschehen aufzeichnen darf.
Das sind ein paar der wenigen Regeln, die bisher bekannt sind. Sonst sind Überraschungen jederzeit möglich, denn eine der Besonderheiten des Impeachment-Prozesses besteht darin, dass die Regeln nicht klar definiert sind, sondern jeweils von einer Mehrheit der Senatoren beschlossen werden.
Das betrifft auch die heiss umstrittene Zeugen-Frage. In jedem normalen Prozess werden Zeugen angehört. Die Republikaner stellen sich jedoch im Impeachment-Prozess auf den Standpunkt, das sei nicht mehr nötig, mit dem Argument, die Demokraten im Abgeordnetenhaus hätten es verpasst, die Zeugen vorzuladen.
Dieser Vorwurf ist absurd. Der Präsident hat es all seinen Mitarbeitern, auch den ehemaligen, verboten, als Zeugen bei den Hearings aufzutreten. Es hätte daher Jahre dauern können, bis etwa der ehemalige Sicherheitsberater John Bolton oder der Stabschef Mick Mulvaney in den Zeugenstand getreten wären, denn zuvor hätten Richter in allen Instanzen dies verordnen müssen.
Republican Sens. Mitt Romney of Utah, Susan Collins of Maine, Lisa Murkowski of Alaska and Lamar Alexander of Tennessee have said they are open to witnesses. https://t.co/E0lrpaPKqy
— USA TODAY (@USATODAY) January 20, 2020
McConnell und die Republikaner wollen Zeugenaussagen verhindern, weil sie befürchten, dass der Präsident dabei sehr schlecht aussehen würde. Mit guten Gründen: So haben in den letzten Tagen die verschiedenen Interviews von Lev Parnas, dem ehemaligen Assistenten von Rudy Giuliani, ergeben, dass Trump persönlich die Erpressung der ukrainischen Regierung angeordnet hat.
In der Zeugen-Frage sitzt die GOP in der Falle: Zwei Drittel der Amerikaner – auch ein grosser Teil der Republikaner – will ausdrücklich, dass Zeugen vorgeladen werden, vor allem John Bolton. Zudem gibt es einige Senatoren, die im kommenden November enge Wahlen in Gegenden gewinnen müssen, die von Demokraten dominiert werden.
Einige dieser Senatoren – vor allem Mitt Romney, Susan Collins, Lisa Murkowski und Gory Gardner – haben angedeutet, dass sie in der Zeugen-Frage mit den Demokraten stimmen könnten. Es ist daher denkbar, dass McConnell zähneknirschend nachgeben muss.
Wie geht es nun weiter? Unter der Leitung von John Roberts, dem obersten Bundesrichter, der den Prozess leitet, werden die 100 Senatoren zunächst die Anklageschrift anhören. Verlesen wird sie von den sieben Managern aus dem Repräsentantenhaus, die von der demokratischen Mehrheitsführerin Nancy Pelosi ernannt worden sind. Zu den Managern gehören auch Adam Schiff und Jerrold Nadler, die Vorsitzenden der Ausschüsse, welche die Hearings durchgeführt haben.
Danach werden die Verteidiger des Präsidenten unter der Führung von Pat Cipollone, dem Anwalt des Weissen Hauses, ihre Gegenargumente ausführen. Trump hat sein Verteidigungsteam mit telegenen Stars ergänzt. Dazu gehören Alan Dershowitz, ein emeritierter Harvard-Professor und permanenter Gast bei Fox News, und Ken Starr, seinerzeit Sonderermittler im Clinton-Impeachment. Dann kommt es wahrscheinlich zum Showdown in der Zeugen-Frage.
Obwohl der Ausgang des Prozesses mit grösster Wahrscheinlichkeit bereits feststeht – Trump wird freigesprochen – ist für Spannung gesorgt. Sollte McConnell mit seiner Zeugenblockade scheitern und John Bolton, aber eventuell auch Lev Parnas und andere aussagen, dann wäre plötzlich alles wieder offen und der Ausgang ungewiss. Selbst eine Amtsenthebung von Trump wäre dann nicht mehr undenkbar.
wohl eher "grösstes Schmierentheater aller Zeiten"... 🙄