Wirtschaft

Controller überweist 17 Millionen an Betrüger und erhofft sich vom Chef noch ein Lob

Der Controller einer Rohstofffirma hat die Dollars seiner Firma nicht viel sorgfältiger als WC-Papier behandelt. 
Der Controller einer Rohstofffirma hat die Dollars seiner Firma nicht viel sorgfältiger als WC-Papier behandelt. Bild: UMIT BEKTAS/REUTERS
Mal anrufen, vielleicht? Einmal kurz? Vielleicht?

Controller überweist 17 Millionen an Betrüger und erhofft sich vom Chef noch ein Lob

Mit der gefakten E-Mail-Adresse seines Chefs haben Betrüger den Chefcontroller einer Rohstoffhandels-Firma dazu gebracht, eine Fusion zu finanzieren. Was der machte, ohne ein einziges Mal seinen Chef anzurufen.
05.02.2015, 15:3805.02.2015, 17:06

Keith McMurtry dachte, er befinde sich gerade auf einem ganz grossen Schritt in seiner Karriereleiter, als er vergangenen Juni von der E-Mail-Adresse ft-809@outlook.com einen «höchst vertraulichen» Auftrag erhalten hatte. Zwar erscheint eine solche E-Mail-Adresse nicht gerade vertrauenswürdig, aber sie war mit dem Namen «Chuck Elsea» gezeichnet, des CEOs von The Scoular Company. Dort war McMurtry zu der Zeit angestellt. Also hatte dieser Vertrauen. 

Teile der E-Mail-Konversation sind wegen einer FBI-Untersuchung öffentlich geworden und so hatte McMurtry E-Mails folgenden Inhalts erhalten: 

«Ich habe Sie bestimmt, sich um File FT-809 zu kümmern. Das ist eine strikt vertrauliche Operation, die Priorität vor all Ihren anderen Aufgaben geniesst.»

Und: 

«Dies ist eine sehr sensible Angelegenheit und Sie sind aufgefordert, mit mir nur über diese E-Mail-Adresse zu korrespondieren, um keine Auflagen der Börsenaufsicht zu verletzen.»

Da McMurtry auch nach dieser E-Mail noch nicht misstrauisch geworden war und wie geheissen niemanden anrief, auch nicht seinen Chef, erhielt er weitere E-Mails. 

«Wir haben in den letzten Monaten in Zusammenarbeit mit der Börsenaufsicht die Fusion mit einer chinesischen Firma vorangetrieben. Wenn diese Information geleakt wird, dann ist der Vertragsabschluss in Gefahr.»

Soweit logisch, muss sich McMurtry gedacht haben, denn dummerweise befolgte er die Anweisungen in den E-Mails weiter. So etwa diese: 

«Gemäss meiner Unterhaltung mit Rodney verlangen die Bestimmungen der Börsenaufsicht, dass wir den Deal bis Montag abschliessen, um das Risiko von Leaks zu minimieren. Um allfällige Bussen zu vermeiden, werden wir die nötige Überweisung sofort vornehmen. Die Gesamtsumme ist 7'800'000 abzüglich der Sicherheitseinlage, die wir bereits gestern überwiesen haben. Überweisen Sie also: 7'020'000.00 Dollar (sieben Millionen und zwanzigtausend Dollar) »

Das tat McMurtry und weil das Ganze so einfach war und das Geld bald bei der Shanghai Pudong Development Bank ankam, erhielt er gleich noch eine Mail:

«Der Deal ist abgeschlossen und wir warten nun auf die Dokumente und die Entscheidung der Börsenaufsicht, um die Akquisition zu kommunizieren. Bitte überweisen Sie nochmal 9'400'000 auf das gleiche Konto. Wir müssen die Firma ordentlich mit Kapital ausstatten, um gegenüber den Chinesen Stärke zu demonstrieren. Keith, ich werde Ihre Professionalität in dieser Sache nicht vergessen und mich sehr bald erkenntlich zeigen.» 

Weil McMurtry nach dieser E-Mail nichts mehr von seinem CEO hörte, beschloss er, wenige Tage später einen Termin mit ihm zu vereinbaren, um sich die Lorbeeren für seine diskreten Überweisungsjobs direkt abzuholen. Erst bei dieser Gelegenheit wurde ihm eröffnet, dass die Akte FT-809 nur in der Fantasie der Betrüger existiert hatte, die The Scoular Company gerade um 17 Millionen Dollar erleichtert hatten. 

McMurtry ist seit sechs Monaten selbstständig. (thi)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
2
«Das hat noch nie ein Präsident tun können»: Supreme Court sieht Trumps Zölle skeptisch
Das höchste amerikanische Gericht hat am Mittwoch über die Rechtmässigkeit von Donald Trumps Zollhammers debattiert. Viele Richter zeigten sich skeptisch – aber ein Urteil steht noch aus.
Die Strafzölle von Präsident Donald Trump stehen auf der Kippe. Während einer Anhörung am Supreme Court, der letztinstanzlich entscheiden muss, ob die Abgaben auf importierten Gütern rechtmässig sind, zeigten sich am Mittwoch eine Mehrheit der neun Richter skeptisch. 75 Minuten lang nahmen sie den Vertreter des Weissen Hauses in die Zange und hinterfragten die Begründung von Solicitor General John Sauer, warum die Gerichte in einem aussenpolitischen Notfall die Anordnungen des Präsidenten nicht hinterfragen dürften.
Zur Story