Der deutsche Bundesgerichtshof in Karlsruhe beschäftigt sich aktuell mit der Frage, ob Sandalen vom Hersteller Birkenstock angewandte Kunst und damit urheberrechtlich geschützt sind. Das Unternehmen aus Linz am Rhein hat drei Klagen gegen Konkurrenten, darunter etwa Tchibo, eingereicht, um diese davon abzuhalten, ihre Sandalen zu kopieren. Diese verkaufen sich mittlerweile weltweit und werden vielerorts in ähnlicher Form – und oft zu günstigerem Preis – angeboten.
Konkret geht es um zwei Klassiker unter den Birkenstock-Modellen: «Arizona» mit zwei Riemen und «Gizeh» mit einem Zehentrenner. Laut dem Unternehmen wurden sie vor Jahrzehnten von Karl Birkenstock entwickelt und danach nur unwesentlich verändert. Auf dieses spezielle Design sowie auf die spezielle Sohle für das Fussbett erhebt Birkenstock nun Urheberrechtsanspruch.
Birkenstock-Anwalt Konstantin Wegner sagte, der Kunst-Begriff im Kontext des Urheberrechts erwecke oft den Eindruck, dass es dabei nur um zweckfreie Kunst wie Gemälde oder Musikstücke gehe. Dabei sei seit Jahren rechtlich anerkannt, dass auch herausragendes Design von Gebrauchsgegenständen urheberrechtlich geschützt sein könne. Beispiele dafür seien etwa Leuchten im Stil der Bauhaus-Kunstschule, Möbel des Architekten und Designers Le Corbusier oder das Ur-Porsche-Modell – in diesen Fällen hätten Gerichte schon zugunsten der Kläger entschieden und Urheberrechtsansprüche geltend gemacht.
Vor dem Landgericht in Köln war Birkenstock mit seiner Argumentation erfolgreich. Es fällte ein Urteil, nach dem die beklagten Unternehmen ihre Sandalen, die den Birkenstock-Originalen zum Verwechseln ähnlich sehen, nicht weiter hätten verkaufen dürfen. Überdies hätten sie auch Schadenersatz an Birkenstock zahlen müssen.
Dagegen gingen die Beklagten allerdings in Berufung vors Oberlandesgericht in Köln, welches das Urteil wieder kippte. Nun muss das höchste Zivilgericht in Karlsruhe endgültig über den Fall entscheiden. Dies dürfte allerdings noch einige Wochen dauern. Nach einer ersten Einschätzung habe das Oberlandesgericht bei seiner Bewertung aber die richtigen Massstäbe angesetzt, erklärte der Vorsitzende Richter des Bundesgerichtshofes, Thomas Koch, in der mündlichen Verhandlung am Donnerstag, 9. Januar.
Mit dem Urheberrecht hat der Schöpfer die exklusiven Nutzungsrechte an seinem Werk. Dass die Sandale zum Kunstwerk werden muss, um geschützt zu werden, erklärte der Rechtswissenschaftler Karl-Nikolaus Peifer gegenüber dem Bayerischen Rundfunk folgendermassen:
So sei etwa das Patentrecht, falls es jemals eines gab, bereits abgelaufen und das Designrecht, welches einen formalen Eintrag in ein Register bedingt, nie beantragt worden. Nur mit dem Urheberrecht könne jetzt noch ein lang andauernder Schutz vor Nachahmung erreicht werden. Damit wäre der Schuh bis zu 70 Jahre nach dem Tod seines Erfinders Karl Birkenstock, der aktuell noch lebt, geschützt.
Für einen Gebrauchsgegenstand wie eine Sandale gäbe es erhöhte Massstäbe, um als Kunstgegenstand zu gelten, so Rechtsexperte Peifer. Im konkreten Fall sieht er diese nicht erfüllt. (lzo)