Wie viel kann ein Wasserkraftwerk leisten – im Vergleich zu einem AKW? Können Windparks mithalten? Oder die grössten Photovoltaikanlagen? Und was für andere nachhaltige Energiegewinnungsmethoden gibt es sonst noch so?
Wir stellen die grössten Kraftwerke der verschiedenen Gattungen von erneuerbaren Energien vor.
Die aktuell zehn grössten Kraftwerke der Welt sind nach dem Herunterfahren des japanischen AKWs Kashiwazaki-Kariwa alles Wasserkraftwerke. Das grösste von allen steht, je nach Gewichtung, entweder in China oder Brasilien/Paraguay. Auch in der Schweiz ist der umtriebigste Stromerzeuger ein Wasserkraftwerk. Der Verbund der Kraftwerksanlagen Grande Dixence produziert ca. 2 Gigawatt (GW) – das grösste AKW des Landes, Leibstadt, schafft nur 1,275 GW.
Sandouping in der Provinz Hubei in China. Der Drei-Schluchten-Damm staut den Jangtsekiang.
2008
Gewichtsstaumauer aus Beton mit einem Wasserkraftwerk mit 26 Turbinen.
663 Kilometer.
22,4 GW. Das entspricht 17,6-mal der Leistung von Leibstadt. Die Jahresproduktion von 97,6 TWh ist annähernd doppelt so gross wie die Gesamtnettoproduktion der Schweiz (57,3 TWh im Jahre 2017).
Wenige Projekte der Gegenwart waren derart umstritten wie der Bau der Drei-Schluchten-Talsperre: Die Umsiedlung von 1,3 Millionen Menschen, erhöhte Erdrutschgefahr, massive Eingriffe in die Biodiversität, Auswirkungen sogar auf das 1600 Kilometer entfernte Shanghai – die Liste der Begleiterscheinungen des Megaprojektes ist lang.
NASA-Forscher berechneten, dass die Verschiebung der enormen Wassermassen die Erde ein wenig runder und einen durchschnittlichen Tag 0.06 Mikrosekunden länger macht.
Im Kampf um den grössten Energieerzeuger der Welt hat die Drei-Schluchten-Talsperre einen ernsthaften Gegner. Er steht in Südamerika auf der Grenze zwischen Brasilien und Paraguay.
Itaipú staut den Paraná, den zweitlängsten Fluss Südamerikas, in der Nähe von Ciudad del Este (Paraguay) und Foz do Iguaçu (Brasilien).
1982
170 Kilometer.
Zwanzig 700-MW-Generatoren, zehn für jedes Land, produzieren gesamthaft 14 GW (11-mal Leibstadt). Trotz der deutlich geringeren Maximalleistung produziert Itaipú in der Regel mehr Strom pro Jahr als der Drei-Schluchten-Damm. 2016 schaffte das Werk einen Weltrekord mit über 103 GWh (nicht ganz das Doppelte der Schweizer Gesamtproduktion).
Über 40'000 Menschen, meist Indigene, mussten umsiedeln. Ausserdem verschwanden mit dem Stausee die wasserreichsten Wasserfälle der Welt, die Sete Quedas. Als Touristen 1982 einen letzten Blick auf die Wasserfälle erhaschen wollten, stürzte eine Hängebrücke ein und riss dutzende Menschen in die Tiefe.
Kraftwerke dieser Art gewinnen durch die Verbrennung von Feststoffen wie Holzschnitzel Energie. Sie gelten als CO2-neutral, haben aber ohne Verwendung der entstehenden Hitze einen geringen Nutzungsgrad.
Alholmen in Finnland.
2001
265 MW netto (0.2-mal Leibstadt).
Geothermal-Kraftwerke nutzen Erdwärme als Energiequelle. In Island, das 100% seiner Energie aus Erneuerbaren bezieht, bildet sie die wichtigste Energiequelle. Das grösste Kraftwerk steht aber nicht auf der Insel, sondern in den USA.
Ca. 120 Kilometer nördlich von San Francisco, USA.
1921 (seither mehrere Revisionen).
1517 MW (1.2-mal Leibstadt) bei einem Wirkungsgrad von 63 Prozent.
Das Potential des Meeres zur Energiegewinnung wird im Moment noch bei Weitem nicht ausgeschöpft. So existieren zum Beispiel Pläne für ein Gezeitenkraftwerk am Penschinskischen Meerbusen im Osten Russlands, das mit 87 GW (68-mal Leibstadt) und einer erwarteten Jahresproduktion von 200 TWh (doppelt so viel wie Chinas Drei-Schluchten-Damm) alle Rekorde brechen würde. Tatsächlich mangelt es aber an lokalen Abnehmern. Für die Produktion von Energieträgern wie Wasserstoff könnte die Idee des Megakraftwerks in Zukunft aber trotzdem interessant werden.
Südkorea.
2011
254 MW (0.2-mal Leibstadt).
Das Sihwa-Gezeitenkraftwerk wird seinen Spitzenplatz schon bald verlieren. Fast am nördlichsten Zipfel Schottlands entsteht bis 2021 eine Anlage mit 400 MW (0.31-mal Leibstadt). Die ersten Generatoren haben ihren Betrieb bereits aufgenommen.
Indien bezieht noch immer sehr viel Energie (58%) durch Kohle. Doch in Sachen Photovoltaik legt sich das bald schon bevölkerungsreichste Land der Welt mächtig ins Zeug. Die zweitgrösste Anlage der Welt steht seit 2017 in Panyam Mandal. Der sich noch im Bau befindende Solarpark Pavagada wird mit 2000 MW (1.6-mal Leibstadt) gar den weltweiten Spitzenplatz einnehmen, welchen im Moment noch die Chinesen innehaben.
Zhongwei, China.
Noch immer im Ausbau.
43 km2.
Tatsächlich handelt es sich beim Tengger-Solarpark um einen Netzverbund verschiedener Anlagen.
1547 MW (1.2-mal Leibstadt) – noch in diesem Jahr sollen 278 MW hinzugefügt werden.
Sie existieren in verschiedenen Varianten – bei der produktivsten kommen Reflektoren zum Einsatz, welche Sonnenstrahlen in einem Solarturm bündeln, um dort Dampfturbinen anzutreiben. Und für einmal steht die grösste Anlage nicht in China
Mojave-Wüste in der Nähe von Las Vegas.
2013
392 MW (0.3-mal Leibstadt).
Auch beim grössten Windkraftenergieerzeuger der Welt, dem Windpark Gansu (7965 MW – 6.25-mal Leibstadt) am Rand der Wüste Gobi, handelt es sich um einen chinesischen Netzwerkverbund. Die lokale Bevölkerung setzt allerdings lieber auf die etwas billigere Kohle und deshalb verpufft ein beachtlicher Anteil des produzierten Stromes. Eindrücklich: während der ersten Bauphase von 3'500 Windturbinen wurden pro Tag durchschnittlich 36 errichtet.
Nichtsdestotrotz geben wir für einmal der weltgrössten Einzelanlage den Vorrang. Und diese befindet sich nicht in China.
Muppandal an der Südspitze Indiens.
1986
1500 MW (1,17-mal Leibstadt).
Man könnte zum Beispiel das Rhonetal zu einem Stausee machen, indem man bei Fully oder Martigny eine Staumauer bauen würde. Mit diesem einen Staudamm könnte man die ganze Schweiz mit Elektrizität versorgen. Es entstünde der grösste Speichersee Europas.
Besonders günstig: Man müsste nur 1 bis 3 Hunderttausend Menschen enteignen und zwangsumsiedeln.
Das wäre wahrlich ein kleines Opfer für eine nachhaltige Energiegewinnung zum Nutzen von 7 Millarden Erdenbürgern.