Die Mehrheit der Ökonomen hat davor gewarnt, dass das 1,5-Billionen-Dollar-Steuergeschenk von Präsident Trump an die Unternehmen und die Superreichen im besten Fall ein kurzzeitiges Strohfeuer bewirken würde. Nun, sie haben Recht bekommen. Die «New York Times» zeigt dies exemplarisch am Beispiel des globalen Kurierdienstes FedEx.
Frederick Smith, der Gründer von FedEx, hat sich mächtig dafür eingesetzt, die Unternehmenssteuern zu senken: «Es gibt keinen Zweifel daran, dass wir eine neue Investitionswelle erleben werden, wenn wir die Vereinigten Staaten zu einem besseren Ort für Investitionen machen», erklärte er 2017 jedem, der es hören wollte.
Smith plädierte nicht nur für massive Steuersenkungen, er liess sich dieses Plädoyer auch rund zehn Millionen Dollar für Lobbyarbeit kosten. Mit Erfolg. Die wichtigste Handlung von Präsident Trump in seinem ersten Amtsjahr war eine massive Senkung der Unternehmenssteuer.
Dabei wurde geklotzt: Insgesamt hat das Steuergeschenk rund 1,5 Billionen gekostet (Billionen im deutschen Sinn). Die USA werden dies locker verkraften können, wurde damals argumentiert, die Unternehmen würden im Gegenzug massiv investieren, neue Arbeitsplätze schaffen und so für noch üppiger sprudelnde Steuereinnahmen sorgen. Ein dauerhaftes jährliches Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 4 Prozent und mehr wurde in Aussicht gestellt.
So weit zur Theorie. Die Praxis sieht wie folgt aus: Zunächst hatte die US-Wirtschaft tatsächlich ein «Zuckerhoch». Das BIP-Wachstum schnellte in den Bereich von 3-4 Prozent hoch. Doch inzwischen ist die Wirkung verpufft. Das BIP wächst derzeit weniger als 2 Prozent, Tendenz sinkend.
Für Smith und FedEx ist die Rechnung jedoch voll aufgegangen. Die Steuerrechnung des globalen Kurierdienstes hat sich von rund 1,5 Milliarden Dollar im Jahr 2017 auf null im Jahr 2018 reduziert. Gemäss Plan hätte das Unternehmen somit sehr viel Geld für neue Investitionen zur Verfügung gehabt. Doch das ist nicht geschehen. 2018 wurde weniger investiert als 2017, im laufenden Jahr sind die Investitionen nochmals gesunken.
Was also ist mit den eingesparten Milliarden passiert? Sie wurden für Dividendenerhöhungen und den Rückkauf von Aktien verwendet. Mit anderen Worten: Sie sind vollumfänglich in die Taschen der Aktionäre geflossen und damit zu denen, die eh schon reich sind.
Die Mitarbeiter hingegen haben gar nichts erhalten. Die Löhne stagnieren, die Boni für die Arbeiter wurden teilweise gekürzt.
FedEx ist ein krasses Beispiel, aber keine Ausnahme: «Vom ersten Quartal 2018 an, als das neue Steuergesetz in Kraft trat, haben die Unternehmen beinahe dreimal mehr für Dividendenerhöhungen und Aktienrückkäufe – sie führen zu einem höheren Aktienkurs – aufgewendet als für Investitionen», stellt die «New York Times» fest.
Weil FedEx wie erwähnt keine Ausnahme ist, sieht die volkswirtschaftliche Bilanz wie folgt aus: «In der Amtszeit von Mr. Trump haben die Investitionen der Wirtschaft seit den Steuerkürzungen insgesamt langsamer zugenommen als zuvor.»
In einem Jahr wird wieder gewählt, und Trump ist dabei, Bill Clintons «Es-ist-die-Wirtschaft,-Dummkopf»-Lektion am eigenen Leib zu erfahren. Die amerikanische Wirtschaft hat den Gipfel des Aufschwungs überschritten und tritt in eine schmerzvolle Entschuldungsphase ein. Der industrielle Sektor befindet sich – teilweise teils der unsinnigen Handelspolitik geschuldet – bereits in einer Rezession.
Vorläufig hält der private Konsum die Wirtschaft über Wasser, doch der private Konsum ist ein launisches Wesen. Er kann über Nacht einbrechen. Ob Trump Impeachment und schwächelnde Wirtschaft überleben kann, wird sich zeigen.
In Europa macht sich der Wirtschaftsabschwung bereits deutlich bemerkbar. Deutschland ist knapp einer Rezession entkommen, das BIP-Wachstum ist jedoch bei mickrigen 0,1 Prozent angelangt. In der gesamten Eurozone liegt es gerade mal bei 0,2 Prozent.
Die Wirtschaft des alten Kontinents lebt ebenfalls vom Konsum und schlafwandelt in eine Rezession. Christine Lagarde, die neue Präsidentin der Europäischen Zentralbank, befindet sich in einer misslichen Lage. Anders als ihr Vorgänger Mario Draghi hat sie kaum noch geldpolitische Munition zur Verfügung.
Gefordert wären nun fiskalische Massnahmen der Staaten, insbesondere der Konjunkturlokomotive Deutschland. Doch es wird eher schwarz schneien, als dass Berlin sich von seiner unsinnigen «Schwarze-Null»-Politik verabschiedet.
Aber hej, wenn die Rechten die Wirtschaft an die Wand gefahren haben, können sie ja wieder den Linken die Schuld geben, oder den Ausländern, oder gleich beiden zusammen.
Und dann kürzt man bei der Bildung und die Leute wählen trotzdem immernoch FDP/SVP. Ein perfektes Perpetuum Mobile.
Wäre amüsant, wenn es nicht so ernst wäre.