Der Waffenstillstand in der Ukraine scheint bisher mehr oder weniger zu halten. Der Konflikt ist jedoch alles andere als bewältigt. Im Gegenteil, die Situation in der Ukraine ist brandgefährlich, gefährlicher noch als der Kalte Krieg. «Selbst während der Kuba-Krise 1962 waren die Sowjet-Führer in ihren Entscheiden eingeschränkt durch das Politbüro und die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg», schreibt der «Economist». Heute hingegen könne Präsident Wladimir Putin als diktatorischer Alleinherrscher nach eigenem Gutdünken schalten und walten.
Tatsächlich besteht ein grosser Unterschied zwischen Stalin und Putin: Stalin und seine Entourage waren die Sieger des Zweiten Weltkrieges, und selbst wenn sie die USA abgrundtief verachteten, sie waren die Alliierten der Amerikaner. Putin und sein KGB hingegen sind die Verlierer des Kalten Krieges und daher getrieben von Hass und Rachegefühlen.
In der Ukraine führt Putin einen Hybrid-Krieg. Er operiert mit Zuckerbrot und Peitsche, oder wie man es im Jargon sagt: mit hard und soft power. Das bedeutet einerseits, dass er im Begriff ist, die marode russische Armee massiv aufzurüsten. Bis 2020 will er sie auf dem modernsten Stand haben.
Das zeitigt bereits erste Erfolge. Die berühmt-berüchtigten «grünen Männchen» auf der Krim waren in Wirklichkeit russische Elitetruppen, die äusserst diszipliniert gehandelt und auch die Achtung der westlichen Militärexperten errungen haben.
Russische Kampfjets provozieren derweil immer häufiger Zwischenfälle mit westlichen Zivilflugzeugen. «Das ist gefährlich», stellt der «Economist» fest. «Die russischen Piloten schalten ihren Transponder aus und werden so für den Radar unsichtbar.»
Auch an der Soft-Power-Front kann Putin Erfolge verbuchen. Weil er die EU als seinen Hauptfeind bezeichnet und gleichzeitig noch Erinnerungen an die alte UdSSR weckt, ist er für Rechtsnationale und Linksextreme gleichermassen attraktiv. Das schafft seltsame Bettgefährten: In Frankreich wird Putin vom rechtsextremen Front National, in Ungarn von der neofaschistischen Jobbik verehrt. Hierzulande profiliert sich die «Weltwoche» als Putinversteher. In Griechenland jedoch ist es die linke Syriza und in Spanien die neue, ebenfalls weit links stehende Podemos-Bewegung.
Aus dieser Sicht scheint Putins Rechnung also aufzugehen. In Russland ist er der unangefochtene starke Mann, der die Ukraine im Würgegriff hält und ihrem Präsidenten gerade eine Lektion erteilt hat. Mit einem raffinierten Coup hat er die Krim – fast – unblutig nach Russland geholt. Wenn jetzt der Westen aufjault und von Völkerrecht jammert – wen kümmert’s?
Schliesslich gelingt es Putin auch, den Westen auseinander zu dividieren. Die Atmosphäre zwischen Deutschland und den USA kühlt sich ab, die Amerikaner streiten sich darüber, ob man Waffen in die Ukraine schicken soll oder nicht. Die Republikaner sind neidisch auf den entschlossenen Macher im Kreml, der sich so vorteilhaft vom verhassten Zögerer im Weissen Haus unterscheidet. Nach Minsk gilt daher: Game, Satz und Match für Putin.
Oder doch nicht? Im renommierten Magazin «Foreign Affairs» kommt Alexander J. Motyl zu einer diametral entgegengesetzten Einschätzung. Sie lässt sich wie folgt zusammenfassen: Putin mag sich nach wie vor als viriler Führer sehen, in Tat und Wahrheit ist er mit 62 ein in die Jahre gekommener Macho, der nur noch lächerlich wirkt.
Er mag sich auch in den letzten Jahren in einem fast unvorstellbaren Mass bereichert haben – Motyl geht davon aus, dass Putins persönliches Vermögen in der Höhe von 45 Milliarden Dollar liegt –, doch seine Macht steht auf tönernen Füssen.
Wie alle Diktatoren ist Putin umgeben von einer persönlichen Schutzmacht, machthungrigen Männern, die den inneren Kreis im Kreml bilden. Sie werden «Siloviki» genannt und wurden bisher für ihre Loyalität mit üppigen Geschenken belohnt. Der Zerfall des Ölpreises und die westlichen Sanktionen haben dieser Herrlichkeit jedoch ein jähes Ende bereitet.
Auch die gefeierte Annexion der Krim ist wirtschaftlich gesehen ein Desaster. Politisch sind die Langzeitfolgen verheerend: Im Westen hat Putin jegliche Glaubwürdigkeit verloren und wird nun regelmässig mit Hitler verglichen. In Russland wird ein richtiger Krieg gegen die Ukraine ebenfalls nicht auf grosse Begeisterung stossen.
Gemäss Motyl sitzt Putin daher in der Falle:
Putins Uhr ist demnach bald abgelaufen. Wenn er seine Prätorianer-Garde der «Siloviki» nicht mehr bei Laune halten kann, und sollte es dem Mann von der Strasse wegen der eingebrochenen Wirtschaftslage spürbar schlechter gehen, dann könnte die Lage sich sehr schnell gegen ihn wenden. «Wenn der verrottete russische Damm brechen wird, und das ist unausweichlich, dann wird nur eine stabile Regierung zusammen mit den Nachbarn in der Lage sein, die Flut einzudämmen und die Welt vor den Folgen des desaströsen Erbes Putins zu bewahren», prophezeit Motyl.
Wer bei der Ukraine Krise wer was wann gemacht hat, ist nach wie vor sehr undurchsichtig. Beide Propaganda Maschinen arbeiten auf Hochtouren und immer auf den eigenen Vorteil bedacht. Und auch mit sehr viel Falschmeldungen. Leider jagen unsere Medien nur eine Seite.
In Bezug zur wirtschaftlichen Lage gebe ich Löpfe recht. Denke das wird sein Untergang sein.