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Zinsen steigen wieder: Notenbankerin warnt vor Beginn einer neuen Ära

Hoch die Zinsen: Hypotheken für die Hausfinanzierung werden dadurch wieder teuer.
Hoch die Zinsen: Hypotheken für die Hausfinanzierung werden dadurch wieder teuer.Bild: shutterstock/watson

Die Zinsen steigen wieder: Eine Notenbankerin warnt gar vor «dem Beginn einer neuen Ära»

Nach einem Tief haben die langfristigen Zinsen eine Wende vollzogen. Steckt mehr als Donald Trump dahinter? Und hat das Folgen für die Schweizerische Nationalbank?
15.03.2025, 10:0415.03.2025, 10:04
Niklaus Vontobel / ch media
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Plötzlich steigen die Zinsen in der Schweiz wieder. Bei den zehnjährigen Staatsanleihen ging es von einem Dezember-Tief von knapp über 0,2 Prozent wieder steil in die Höhe bis nahe von 0,8 Prozent. Damit liegen diese Zinsen fast vier Mal höher. Übertreiben die Märkte und ist dieses Hoch bald wieder verflogen? Oder führt das Chaos um Donald Trump zu dauerhaft höheren Zinsen? Und was sind die Folgen für den anstehenden März-Entscheid der Schweizerischen Nationalbank?

Es steht viel auf dem Spiel. An den Zinsen hängen die Mieten, die Immobilienpreise und über 1200 Milliarden Franken an Hypotheken. Bleibt es bei diesem Zinshoch, könnte es «der Beginn einer neuen Ära» sein, von der Isabel Schnabel spricht, Topökonomin an der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Schweiz würde eine jahrzehntelange Phase sinkender Zinsen hinter sich lassen.

Ab den frühen Neunzigerjahren ging es abwärts mit den Zinsen, ab 2008 gar in ungeahnte Tiefen, als die Schweiz zuerst von der globalen Finanzkrise und danach von der Eurokrise hinabgezogen wurde. Der Euro wurde gegenüber dem Franken zu schwach und mit ihm die Inflation. Ab 2014 musste die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit negativen Leitzinsen dagegen ankämpfen. Die Zinswelt stand Kopf.

Wer dem Bund sein Geld lieh, bekam keine Zinsen mehr, sondern musste dafür zahlen. Diese verkehrte Welt endete erst 2021. Corona zerschlug die globalen Lieferketten – und es mangelte an Pneus, Velos und Waschmaschinen. Russland griff die Ukraine an und das Gas wurde knapp. Mit diesem Doppelschock kehrte die Inflation zurück, die SNB bekämpfte sie mit Zinserhöhungen – und die Schweiz erlebte nach Jahrzehnten wieder eine Zinswende nach oben.

Doch diese Zinswende sah bald einmal nicht wie der Beginn einer neuen Ära aus, mehr wie eine flüchtige Episode. Die hohen Zinsen waren mit der hohen Inflation gekommen – und schienen mit ihr rasch zu verschwinden. Schon 2023 fiel die Inflation wieder unter 2 Prozent und war damit unter Kontrolle. Bald darauf senkte die SNB den Leitzins, und es blieb nur noch die Frage, wie tief sie gehen würde. Dann drehte sich das Blatt plötzlich. Die Zinsen stiegen wieder.

Zinsen auf 10-jährige Staatsanleihen der Schweiz

Zinsen auf 10-jährige Staatsanleihen der Schweiz
Bild: snb

Und nicht nur in der Schweiz. In den meisten westlichen Ländern gab es eine solche Wende, so etwa in den USA, in Frankreich oder zuletzt in Deutschland mit dem stärksten Anstieg seit dem Mauerfall im Jahr 1989. Ein Grund dafür ist Trump.

Lieber Grönland einnehmen, als Europa helfen

Was der US-Präsident heute tut und morgen nicht mehr, bleibt nicht in den USA. Wie sagte doch ein Trader nach einem Tag mit einem starken internationalen Zinsanstieg zur Nachrichtenagentur «Bloomberg»: «Der heutige Tag war eine drastische Erinnerung daran, dass der Zinsmarkt letztlich ein globaler Markt ist.»

Die Zinsen sind gestiegen, weil Trump tiefere Steuern haben will und damit die Staatsverschuldung hochtreibt. Weil er erratisch agiert und die Märkte einen Sicherheitszuschlag verlangen. Weil er lieber «auf die eine oder andere Weise» die Kontrolle über Grönland einnehmen will, statt Europa vor Putins neuem russischen Grossreich zu schützen.

Deutschland gibt deshalb seine zuvor heilige Sparpolitik auf und wechselt unter dem voraussichtlich nächsten Kanzler Friedrich Merz zu einem «Whatever it takes»: Es wird so viel ausgegeben wie für die Verteidigung nötig. Die deutsche FAZ schreibt deshalb von einer «Neuen Welt der Staatsausgaben».

Doch mit Trump im Weissen Haus ist nur die Unsicherheit sicher. Die Zinsen könnten auch fallen, wenn seine geliebten Zölle und seine chaotische Amtsführung eine Rezession auslösen würden und die US-Notenbank Fed mit Leitzinssenkungen zur Hilfe eilen müsste. Das könnte schneller gehen, als es selbst Trumps Kritiker für möglich gehalten hätten. Umfragen zeigen, dass die Konsumenten und das Gewerbe deutlich mehr Zukunftssorgen haben.

Doch hinter dem Trump'schen Chaos könnte sich der «Beginn einer neuen Ära» verbergen. So geht jedenfalls die Theorie von Isabel Schnabel von der EZB. In einer Rede sagte die Topökonomin, höhere Realzinsen seien das «wahrscheinlichste Szenario für die Zukunft.»

Sparen könnte sich wieder mehr lohnen, glaubt EZB-Ökonomin Isabel Schnabel.
Sparen könnte sich wieder mehr lohnen, glaubt EZB-Ökonomin Isabel Schnabel.Bild: Michael Kappeler/DPA

Diese Einschätzung begründet Schnabel mit den höheren Investitionen, welche in den kommenden Jahren nötig werden. Investitionen in die Verteidigung, in die Energiewende und in die künstliche Intelligenz. Gemäss des Internationalen Währungsfonds werden die westlichen Länder deshalb so viel von ihrem Bruttoinlandprodukt investieren wie seit den Achtzigerjahren nicht mehr.

Schweizerische Nationalbank hat eine Sorgen weniger

Diese Investitionen könnten laut Schnabel so gross sein, dass an den Zinsenmärkten zu einer Wende kommt. Früher gab es eine Schwemme an Spargeldern und eine Knappheit an Staats- oder Unternehmensanleihen. Neu würde so viel investiert, die Staaten und die Unternehmen würden so viele Schulden aufnehmen müssen, dass die Spargelder knapp werden und es eine Schwemme an Staatsanleihen gibt. Schnabel: «Die globale Sparschwemme scheint sich in eine globale Anleihenschwemme zu verwandeln.»

Hat diese neue Ära schon begonnen? Steigen die Zinsen deshalb gerade an? Bei der Bank J. Safra Sarasin sagt Chef-Ökonom Karsten Junius, die Aussichten für einen konjunkturellen Aufschwung in der Schweiz und in Europa hätten sich verbessert, auch wegen der sich abzeichnenden höheren Investitionen in Deutschland. Dieser Trend spreche für höhere langfristige Zinsen und habe den Handlungsbedarf für die SNB gesenkt.

Laut der Bank wird SNB nächste Woche ihren Leitzins von 0,5 auf 0,25 Prozent senken – und ihn bis Jahresende dort belassen. Der eine Zinsschritt sei noch angezeigt, weil die Inflation weiterhin eher schwach sei. Doch die Gefahr einer Rezession oder einer negativen Inflation sei geringer geworden. Junius sagt darum: «Null- oder gar Negativzinsen sind nicht notwendig.» (aargauerzeitung.ch)

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67 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Geri Gagarin
15.03.2025 10:37registriert Februar 2023
Zinsen irgendwo im 1 - 2% Bereich sind doch eher Gesund als hoch? Irgendwie jammern auf tiefen Niveau, vor den 2000er Jahren waren die Zinsen auf Staatsanleihen meist über 4%.

Und das Märli, das Mietzinsen irgendwie mit dem Leitzins gekoppelt sein sollten kann man noch so viel erzählen, es wird dadurch nicht wahrer. Währen in den letzen 20 Jahren die Zinsen massive gesunken sind, sind die Mieten massive gestiegen und zwar deutlich mehr als die Teuerung.
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mrmikech
15.03.2025 10:29registriert Juni 2016
Zinsen sollten nicht niedrig sein und schon gar nicht negativ. Die Mieten sollten von den Zinsen entkoppelt werden – das ist nur in sehr wenigen Ländern der Fall. Stattdessen sollten die Mieten an die Teuerung gekoppelt werden, genauso wie die Renten und Löhne. Höhere Zinsen würden zudem eine Immobilienblase erschweren, das Sparen wieder lohnenswert machen und die Abhängigkeit vom Aktienkasino verringern.
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Yupidu
15.03.2025 12:29registriert März 2020
Erster Absatz: plötzlich steigen wieder die Zinse.
Letzter Absatz: SNB senkt nächste Woche Leitzins von 0.5 auf 0.25%.
Bin ä bizz verwirrt... oder folgen die Zinsen die Achtebahn der herrschenden Weltlage?
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