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Trumps Wirtschaftspolitik: Chaos oder Plan?

Trumps Wirtschaftspolitik, Chaos oder Plan. Donald Trump zeigt eine unterzeichnete Verordnung. Im Hintergrund eine Collage aus einer USAID Flagge, Dollarnoten, Tesla Logo, Wallstreet Strassenschild, M ...
Bild: watson/keystone/imago
Analyse

Trumps Wirtschaftspolitik: Chaos oder Plan?

Alle rätseln: Was will der US-Präsident mit seiner Zollpolitik überhaupt?
17.03.2025, 19:0718.03.2025, 01:39
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Als Donald Trump im Januar 2017 zum ersten Mal sein Amt als amerikanischer Präsident antrat, fand er – was die Wirtschaft betrifft – ideale Verhältnisse vor. Sein Vorgänger hatte lange mit den Folgen der Finanzkrise von 2008 zu kämpfen gehabt, doch schliesslich hatte es Barack Obama geschafft, die amerikanische Wirtschaft wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen.

Als Trump im vergangenen Januar zum zweiten Mal ins Weisse Haus einzog, war der wirtschaftliche Himmel ebenfalls beinahe wolkenlos. Weil die USA die Pandemie weit besser als alle anderen überwunden hatten, wurden sie vom Rest der Welt beneidet. Zu Recht: Die Inflation war beinahe besiegt, die Börsen boomten und ein Soft Landing der Wirtschaft wurde allgemein erwartet.

Am 2. April soll der Handelskrieg los gehen

Trump hätte daher eine auf der Hand liegende Option gehabt: Stillschweigend die von Joe Biden gesäte Saat zu ernten – und dann zu behaupten, er sei dafür verantwortlich gewesen. Schliesslich gehört das Einheimsen von fremden Lorbeeren zu Trumps zweiter Natur. Stattdessen hat sich der amerikanische Präsident für etwas ganz anderes entschieden: für einen weltweiten Handelskrieg.

Und er meint es ernst damit. Am 2. April soll dieser Handelskrieg so richtig losgehen. Dann nämlich sollen nicht nur die bereits verhängten, aber vorübergehend suspendierten Strafzölle für Kanada und Mexiko wieder in Kraft treten. Alle Handelspartner der USA sollen mit sogenannten reziproken Zöllen belegt werden. Das bedeutet: Wenn Land X für den Import eines bestimmten amerikanischen Gutes Zölle erhebt, wird es mit den gleichen Zöllen bestraft.

Reziproke Zölle sollen ersetzen, was die «Meistbegünstigungs-Klausel» genannt wird. Diese hat in den letzten Jahrzehnten den Welthandel bestimmt, und sie besagt, dass der tiefste Zoll, den ein Land für ein bestimmtes Gut oder Dienstleistung erhebt, automatisch auch für alle anderen gilt. Reziproke Zölle hingegen werden zu einem komplexen und extrem schwierig zu handhabenden System des Welthandels führen.

Deshalb wird befürchtet, dass das Chaos, das Trump in den ersten 50 Tagen seiner Amtszeit mit den Strafzöllen bewirkt hat, sich nochmals deutlich steigern wird. Die Frage drängt sich daher auf: Was will er damit? Hat er nicht begriffen, dass Zölle eine Steuer sind, welche die einheimischen Konsumenten berappen müssen? Setzt er weiterhin auf die «madman theory»? Diese These besagt, dass er mit verrücktem Handeln den Rest der Welt permanent verunsichern und damit seiner «America first»-Politik zu Erfolg verhelfen will.

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Demonstrant vor der Börse in Manhattan.Bild: keystone

Bisher jedoch schadet das Chaos vor allem den USA selbst. Die amerikanischen Börsen haben sich in den letzten Wochen deutlich schlechter entwickelt als die europäischen oder gar die chinesische. Fast alles spricht dafür, dass die Börsen-Baisse an der Wall Street zumindest vorläufig noch andauern wird.

Mit seinen Zöllen bestraft Trump zudem paradoxerweise vor allem seine eigenen Wähler. So hat die «New York Times» in einer aufwändigen Recherche soeben aufgezeigt, dass Farmer und Autohersteller davon am härtesten betroffen sein werden. Weil die USA mittlerweile auch Rindfleisch importieren, hat der «Economist» vorgerechnet, dass selbst der heiss geliebte Burger teurer werden wird.

Mit guten Gründen kann man daher Trumps Zollpolitik damit erklären, dass der Mann entweder die Grundprinzipien des komparativen Vorteils der Ökonomie nicht versteht, oder nicht verstehen will, oder dass in seinem engeren Kreis niemand den Mut hat, ihm das klarzumachen.

Die Chaos-These wird von einer Reihe namhafter Ökonomen vertreten. Wahrscheinlich ist dies zu kurz gesprungen. Trump und sein Umfeld haben einen Plan, und der sieht wie folgt aus:

Im September 1985 haben Deutschland, Japan, Frankreich und die USA im Plaza Hotel in New York ein Abkommen unterzeichnet, das besagt, dass diese Länder einer geordneten Abwertung des Dollars zustimmen. Damit sollte der Greenback gleichzeitig die Leitwährung des globalen Handels bleiben, aber auch nicht mehr so stark sein, dass damit die amerikanischen Exporte auf dem Weltmarkt chancenlos blieben.

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Mar-a-Lago.Bild: AP/AP

Derzeit diskutieren die Ökonomen über eine Neuauflage dieses Abkommens. Weil es nicht mehr in New York, sondern in Florida auf der Residenz von Trump ausgehandelt werden soll, trägt es den Namen «Mar-a-Lago-Accord». Das Ziel ist das gleiche: Der Dollar soll gleichzeitig unangefochtene Leitwährung bleiben, aber auch deutlich schwächer werden. Damit soll die amerikanische Industrie wieder zu altem Glanz finden, und die Länder, die angeblich bisher zu Dumping-Preisen den US-Markt überschwemmten, endlich gestoppt werden.

Das Gehirn hinter diesem Plan ist ein Ökonom namens Stephen Miran. Er ist mittlerweile zu Trumps einflussreichstem Wirtschaftsberater aufgestiegen. Miran gilt als kluger Kopf, kann einen Harvard-Abschluss vorweisen und er hat auch namhafte Verbündete im Kabinett, etwa den Finanzminister Scott Bessent.

Gemäss Mirans Plänen sollen die Länder der Welt in drei Gruppen aufgeteilt werden: In den grünen Korb kommen die Länder, die sich den USA fügen. In einen gelben Korb kommen die Länder, die sich von Fall zu Fall fügen. Ihnen drohen harte Verhandlungen. In den roten Korb schliesslich gelangen die Länder, die nicht mitmachen. Diese bekommen die volle Wucht der Strafzölle zu spüren.

Stephen Miran, President-elect Donald Trump's pick to lead the Council of Economic Advisers, poses for a photo with Cabinet picks, other nominees and appointments, at the National Gallery of Art  ...
Wichtigster Trump-Wirtschaftsberater: Stephen Miran.Bild: keystone

Was auf dem Papier einfach erscheint, ist sehr schwierig in die Praxis umzusetzen. Gillian Tett, Wirtschaftsexpertin bei der «Financial Times», erklärt daher in der Ezra Klein Show in der «New York Times»: «Das grosse Risiko, dass sie [Trump und seine Berater] eingehen, besteht darin, dass sie gleichzeitig das Finanz- und das Handelssystem neu organisieren wollen – und gleichzeitig das übergeordnete Ziel verfolgen, Amerika zu altem Glanz zu führen –, und das wird möglicherweise alle anderen zu Tode erschrecken.»

Das geschieht bereits. Kanada und auch Europa sind nicht bereit, sich kampflos Trumps Plänen zu fügen und haben ihrerseits bereits eine Reihe von Strafzöllen gegen die USA angekündigt. Ein globaler Handelskrieg droht, Fahrt aufzunehmen.

Weiter gilt zu bedenken, dass Trumps Stärke nicht darin liegt, einen sorgfältig berechneten Plan zu verfolgen. «Er ist kein Berater von McKinsey, mit einem Spreadsheet und einer PowerPoint-Präsentation», so Tett. «Er entscheidet oft spontan.»

Schliesslich gilt es zu bedenken, dass im Trump-Lager widersprüchliche Interessen vorhanden sind. Grob gesagt gibt es drei Fraktionen: die nationalistischen Populisten unter der Führung von Steve Bannon, die Techno-Libertären unter der Führung von Elon Musk und die traditionellen Republikaner unter der Führung von Mike Johnson.

Paraphernalia supporting President Donald Trump is displayed at a post on the floor of the New York Stock Exchange in New York, Tuesday, Jan. 21, 2025. (AP Photo/Seth Wenig)
Noch gibt es vereinzelte Trump-Mützen im Handelsraum der New Yorker Börse.Bild: keystone

«Diese drei Lager bekämpfen sich – manchmal aufgehetzt von Trump selbst –, und das führt zum Chaos», so Tett. Daher ist es fraglich, ob Mirans «Mar-a-Lago»-Abkommen aufgehen wird. Das ist weder für die Amerikaner noch für den Rest der Welt eine gute Botschaft.

Nochmals Gillian Tett: «Wenn ich mir die Rache-Politik und die Strafmassnahmen vor Auge führe, und die damit verbundene Beggar-thy-neighbor-Politik (das gegenseitige Aufschaukeln von Strafzöllen, Anm. d. Verf.), welche Trump verfolgt, dann fühle ich mich in die Dreissigerjahre zurückversetzt. Und das erschreckt mich zutiefst.»

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145 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Yallix
17.03.2025 19:25registriert Februar 2025
Wo genau ist bei einem Präsidenten eine Strategie, die nicht bloss "ICH, der Rächer und Führer!" plärrt, zu sehen, der ...
... verurteilte Landesverräter begnadigt?
... permanent vertragsbrüchig ist?
... mit praktisch jeder Silbe lügt oder diffamiert?
Es wäre für alle besser, den Kopf endlich aus dem Sand zu nehmen und zu akzeptieren, dass wir es unübersehbar mit einem machtberauschten, narzisstisch gestörten Grössenwahnsinnigen zu tun haben, der keinerlei Regeln akzeptiert.
Nur so besteht eine gewisse Möglichkeit, auf vollkommen enthemmte Soziopathen adäquat zu reagieren.
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Hans Jürg
17.03.2025 19:33registriert Januar 2015
Ebenso lönnte man hinter Gott einen konkreten und bewussten Plan vermuten. Doch zum Glück existiert im Gegensatz zu Trump kein Gott. Und falls doch, hat er einen Sch...plan. Schon allein die Existenz von Typen wie Trump, Putin und früher Hitler und Stalin müssten an seiner geistigen Gesundheit zweifeln lassen.

Und nein. Trump hat keinen Plan, er ist einfach nur ein durchgeknallter Typ, der zu viel Glück hatte bisher in seinem Leben.
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Rantaplan
17.03.2025 19:59registriert August 2020
Zum Mitschreiben: Der sogenannte aktuelle Präsident hat es geschafft ein Spielcasino in den Bankrott zu treiben und er hat zig weitere Pleiten eingefahren. Der Mann versteht nichts von Wirtschaft und ist durch solche Gestalten wie Bannon oder Miran leicht zu beinflussen.
In seiner Welt lebt er in den 80ern als die USA eine Vorzeigenation waren und alle vom American Dream träumten. Er kann und will nicht wahrhaben, dass dieser Zug schon lange abgefahren ist und mit seiner Politik aktuell eher mit Vollgas durch die Wand in Richtung 3te Welt fährt.
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