Bernard Arnault ist Herr über LVMH, das grösste Luxus-Imperium der Welt. Er ist auch der aktuell reichste Mann der Welt. Zufall?
Die rund 70 Marken, die sich unter dem Dach von LVMH befinden, haben sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt. Aber auch die Luxus-Industrie als Ganzes erlebt gute Zeiten. Autos und Hotels mitgezählt, beträgt ihr Umsatz derzeit rund 1,4 Billionen Dollar. Ohne Autos und Hotels lag das Wachstum letztes Jahr bei 22 Prozent. Und es wird erwartet, dass sich dieser Boom fortsetzen wird. Bis 2030 sollte die Luxus-Industrie nochmals rund 60 Prozent zulegen.
LVMH ist somit ein gut gemanagtes Unternehmen, das zudem das Glück hat, von äusserst vorteilhaften Bedingungen zu profitieren. Trotzdem ist der Luxus-Boom überraschend. 2022 war ein schlechtes Börsenjahr und auch sonst nicht wirklich berauschend. Was treibt diesen Boom an?
Die Jungen, Generation GenZ und die Millenials, haben den Luxus entdeckt. Die Kunden in diesem Altersegment wachsen dreimal stärker als anderswo.
Wie können die Jungen sich das leisten?
Der sogenannte «wealth-effect» (Reichtums-Effekt) war in den letzten Jahren deutlich zu spüren, auch bei den Jungen. Das hat dazu geführt, dass der Luxus-Markt über 20 Prozent zugelegt in 2022, und dies, obwohl der chinesische Markt wegen des Lockdowns geschlossen war.
Eine Studie der Beraterfirma Bain & Company – sie ist führend im Luxusbereich – kommt zum Schluss, dass sich der Boom auch damit erklären lässt, dass die Superreichen inzwischen so reich sind, dass sie auch ein schlechtes Börsenjahr nicht mehr vom Konsum abhalten kann. Sehen Sie das auch so?
Das ist aus meiner Sicht nicht ganz fair. LVMH und andere Unternehmen sind erfolgreich, weil sie sehr breit aufgestellt sind. Sie decken alle Generationen und alle Erdteile ab. In den USA beispielsweise haben sich diese Unternehmen lange auf ein paar wenige Städte wie New York, Los Angeles und Miami konzentriert. Inzwischen haben sie auch Städte in Texas oder im Mittleren Westen entdeckt.
Die erfolgreichen Luxusmarken wollen aber keineswegs massentauglich werden. Eine Rolex gibt es nicht in einer Billigversion. Und wenn Sie bei Hermès eine Birkin-Bag kaufen wollen, müssen Sie Jahre darauf warten, wenn Sie überhaupt eine bekommen.
Der Grund liegt darin, dass gerade die Luxus-Güter sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit legen. Die verwendeten Produkte und die Lieferketten genügen höchsten Ansprüchen. Bei der Herstellung wird darauf geachtet, dass die CO₂-Bilanz gegen null tendiert. Auch die Arbeitsbedingungen sind in der Regel überdurchschnittlich gut. Es gibt einen Grund, weshalb sich Marken wie Rolex oder Patek Philippe seit über einem Jahrhundert behaupten können.
Mit anderen Worten: Die Luxus-Unternehmen stehen als ökologische und soziale Musterknaben da?
Die Luxus-Industrie hat Gewinnmargen, die es ihr erlauben, ihre Mitarbeiter sehr gut zu behandeln und hohe Umweltkriterien einzuhalten. Das gilt für Unternehmen wie den italienischen Bekleidungshersteller Brunello Cucinelli genauso wie für Hermès oder Rolex.
Nur wer über das nötige Kleingeld verfügt, kann jedoch die Produkte dieser Unternehmen erwerben.
Das stimmt. Doch die Produkte sind in der Regel sehr langlebig. Eine Rolex beispielsweise hält über Generationen. Deshalb sind die Konsumenten nicht immer bei den Reichen zu finden. Es sind vor allem bewusste Konsumenten, die Wert auf Qualität und Tradition legen.
Warum fahren gerade junge Menschen auf Luxusmarken ab?
Ich weiss es nicht. Tatsache ist, dass das Durchschnittsalter der Konsumenten von Luxusmarken sinkt. Das melden auch Firmen wie Ferrari oder Hèrmes.
Was ist aus dem Slogan «weniger ist mehr» geworden? Wie verträgt sich das mit einem Luxus-Boom?
Die Industrie ist sehr viel globaler geworden. Sie konzentriert sich nicht nur auf die USA und Europa, sondern zunehmend auch auf Asien, den Persischen Golf und Lateinamerika. Das braucht Zeit. Es müssen die entsprechenden Läden aufgebaut und der Markt entwickelt werden. Deshalb ist es gelungen, sehr viele neue Kunden zu akquirieren.
Sie zeichnen ein sehr rosiges Bild von der Luxusindustrie. Es gibt jedoch auch eine hässliche Seite. Die Protzer mit den riesigen SUVs, den grossen Uhren und den Goldketten, die sich auf Instagram und TikTok zur Schau stellen. Schadet dies der Industrie?
Übertreibungen gibt es in allen Lebensbereichen. Doch wer eine Rolex trägt, schadet niemandem. Und die Autoindustrie befindet sich in einem Umbruch. Porsche möchte schon in fünf Jahren die Hälfte der Produktion auf Elektroautos umstellen. Selbst Ferrari will Hybride fertigen. Diese Firmen verfügen über die nötigen Mittel, um diese Umstellung zu finanzieren.
Eine kurze Zwischenfrage: Wo beginnt bei Ihnen Luxus? Gehören schon eine Kolben-Kaffee-Maschine und Bio-Gemüse dazu?
Luxus bedeutet für mich Zeit und Gesundheit. Doch es freut mich auch, wenn ich ein Produkt von einem Unternehmen kaufe, das seine Mitarbeiter anständig behandelt und auf Nachhaltigkeit achtet. Aber es steht natürlich jedem Menschen frei, wie er Luxus definieren will.
Über den Elefanten in der Stube haben wir noch nicht gesprochen, über China. Dieser Markt war während der letzten zwei Jahre geschlossen. Nun ist der Lockdown aufgehoben. Was werden die Folgen für die Luxus-Industrie sein?
Wir gehen davon aus, dass im laufenden Jahr die Chinesen die grössten Konsumenten von Luxusgütern sein werden. Die während des Lockdowns angehäuften Sparguthaben betragen gegen zwei Billionen Dollar, denn in den letzten beiden Jahren konnten die Chinesen ihr Geld gar nicht ausgeben. Aber jetzt wollen die Chinesen wieder ein normales Leben führen.
Wer wird davon profitieren?
2019 haben die Chinesen 20 Prozent des Tourismus-Marktes bestritten. Das wird wieder so werden. Auch der übrige Luxus-Markt wird sich eine Scheibe davon abschneiden.
Die reichen Russen waren in den letzten Jahren ebenfalls ein Faktor in der Luxus-Industrie. Jetzt fallen sie aus. Was bedeutet das?
Es ist nicht wirklich relevant. Das zeigen die rasanten Wachstumszahlen in 2022.
Sie haben schon erwähnt, dass der Markt für Luxusgüter bis 2030 um 60 Prozent zulegen wird. Woher stammt Ihr Optimismus?
In den vergangenen zehn Jahren ist der Markt für Luxusgüter stets rund dreimal so schnell gewachsen wie das globale Bruttoinlandsprodukt. Dank der Öffnung von China werden die Zahlen für dieses Jahr noch besser als erwartet ausfallen, und zwar inflationsbereinigt.
Aalglatt die Antworten.
Reiche kaufen sich EINE Rolex, um sie dann an ihre Kinder zu vererben. 🙃
Statt eines Interviews hätte man hier auch ein Werbefilmchen zeigen können...