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Arbeiten, wo andere Ferien machen – was du darüber wissen solltest

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Arbeiten, wo andere Ferien machen – was du darüber wissen solltest

Hat dich im Urlaub vielleicht die Lust gepackt, dich arbeitsmässig ganz anders aufzustellen? Digitale Nomaden arbeiten online und oft von Orten, an denen andere Urlaub machen. Warum dieser Lifestyle immer mehr zum Trend wird und was du darüber wissen solltest.
03.08.2023, 14:55
Olga Miler
Olga Miler
Olga Miler
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Es ist 8.30 Uhr in Zürich, bei Nadine auf Mauritius ist es schon Vormittag, die Sonne scheint und durch die Zoomübertragung kann ich ein bisschen weissen Strand und dahinter das türkisfarbene Meer sehen. Bei Iwona in Bern sieht es eher grau aus. Wir besprechen die Blogartikel für die Woche, scherzen noch ein bisschen über das Wetter bei mir in London (Nieselregen) und machen uns dann an die Arbeit. Ein ganz normaler Tag bei SmartPurse.

In Sansibar, Madagascar, Mauritius oder Thailand leben und arbeiten? Oder den Frühling und Sommer in der Schweiz verbringen und im Winter irgendwo an der Sonne weilen? So wie ich zwischen Zürich und London pendeln? Vor der Pandemie galt dies als exotisch, heute gibt es immer mehr Menschen, die einen solchen Lebensstil zur Realität machen, und immer mehr Arbeitgeber, die ihre Teams aus den verschiedensten Ecken der Erde zusammenstellen.

Hast du jetzt in den Ferien, mal weg vom Alltagstrott und dem ganzen Rummel, Zeit, über alle möglichen Dinge nachzudenken? Oder bist du an einem schönen Ort und fragst dich, wie wäre es zu bleiben? Hier sind ein paar Ideen und Tipps, was es heissen kann, als digitale Nomadenperson zu leben und zu arbeiten.

Millionen Menschen leben bereits als digitale Nomaden, Tendenz steigend

Was sind digitale Nomad:innen? Unter dem Begriff versteht man Menschen, die fast ausschliesslich digitale Technologien anwenden, um ihre Arbeit zu verrichten, und zugleich ein eher ortsunabhängiges beziehungsweise multilokales Leben führen.

Digitale Nomaden oder auch Urban Nomads arbeiten von überall: Ob es im Haus oder Apartment ist, in dem sie sich aufhalten, in einem Café oder am Strand – wo sie ihren Laptop bei sich haben, können sie arbeiten. Dabei sind sie ortsunabhängig und können einen festen oder wechselnden Wohnsitz haben.

Der flexible, nomadische Lebensstil ist ein wachsender Trend: Gemäss der Untersuchung von Two Tickets Anywhere gibt es gegenwärtig weltweit ca. 35 Millionen digitale Nomaden. Die Wise Travel Confederation geht von einem Wachstum von ca. 1,8 Millionen Menschen in 2017 auf 35 Millionen in 2022 aus. Etwa die Hälfte davon kommen aus den USA. Das Durchschnittsalter der digitalen Nomaden liegt bei 32 Jahren, 46 % arbeiten als Selbstständige. Gesamthaft wird die Wirtschaftsleistung der digitalen Nomaden auf ca. 685 Milliarden Franken pro Jahr geschätzt.

Was solltest du beachten, wenn du als digitale Nomadenperson arbeiten möchtest?

Wenn du dich mit dem Gedanken beschäftigst, diesen Lebensstil aufzugreifen, dann gibt es eine Reihe von Punkten, über die du dir Gedanken machen solltest, hier eine Liste als Gedankenanstoss:

1. Bewusstsein für die Vor- und Nachteile des nomadischen Lebensstils

Einige der Hauptgründe, warum Menschen diesen Lebensstil wählen, sind: bessere Work-Life-Balance (73%), Reiselust (55%), keine Lust mehr auf Büropolitik (43%).

Der nomadische Lebensstil hat aber auch Nachteile, z. B. Einsamkeit, es ist schwieriger, Beziehungen aufrechtzuerhalten, Herausforderung für Familienplanung, z. B. wenn du schulpflichtige Kinder hast. So hat auch nur etwa ein Viertel der digitalen Nomaden eine Familie. Weitere Herausforderungen sind z. B. Kulturunterschiede, fehlendes Netzwerk, Heimweh, aber auch Herausforderungen bei der technischen Infrastruktur, Visa und Arbeitserlaubnis, Versicherungen und natürlich die Altersvorsorge.

2. Berufswahl

Wie es der Begriff schon sagt, eignen sich vor allem digitale, ortsunabhängige Berufe für diesen Lebensstil. Die gegenwärtigen digitalen Nomaden arbeiten am häufigsten in diesen Branchen: Kreative, Marketing, Softwareentwicklung, UI/UX Design, Webentwicklung, Bildung, StartUp, Coach und natürlich Blogger.

3. Ortswahl

Digital arbeiten kannst du fast von überall, wichtigste Voraussetzung ist ein stabiler Internetzugang. Die gegenwärtig beliebtesten Destinationen sind: Mexiko, Thailand, Indonesien, Kolumbien, Vietnam, Portugal, Türkei, Costa Rica, Brasilien, Philippinen.

4. Visabestimmungen und Arbeitserlaubnis

Es ist wichtig, dass du vorher genau weisst, wie lange und unter welchen Konditionen du dich in einem Land aufhalten darfst. Die Anforderungen sind in jedem Land anders und auch für die verschiedenen europäischen Länder unterschiedlich. Wenn du in einem anderen Land eine Erwerbstätigkeit ausübst, dann gelten unterschiedliche Regelungen.

Verschiedene Länder haben aber auf den steigenden Trend reagiert, gegenwärtig bieten 44 Länder spezielle Visa für digitale Nomaden an. Eine Liste und weitere Informationen findest du hier.

5. Finanzen

Gemäss Studien liegt das durchschnittliche Jahreseinkommen der digitalen Nomaden zwischen 74'000 und 104'000 Franken. Hinzu kommt, dass die Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Destinationen je nach Ort sehr tief sein können. Gemäss der Statistik sind die Lebenshaltungskosten der digitalen Nomaden ca. 1500 Franken pro Monat für eine Person.

Wenn du deinen neuen Lebensstil planst, ist es wichtig, einen Plan und ein Budget für die Finanzen zu erstellen, z. B. Reserve für den Berufswechsel oder Anschubfinanzierung, Reisekosten, Ausrüstung etc. All das gehört in das Budget. Idealerweise informierst du dich vorher über die Lebenshaltungskosten in einem bestimmten Land. Zusätzlich solltest du dich um deine Vorsorge kümmern und abklären, mit welchen Banken du für e-Banking etc. arbeiten kannst. Viele verlangen z. B. eine Wohnsitzbescheinigung und es ist sicherlich sehr ärgerlich, wenn dir das Konto gekündigt wird, während du auf Reisen bist. Weiter solltest prüfen, ob du im Zielland steuerpflichtig bist. Wenn du nur unterwegs bist, sprich nirgendwo zu Hause, dann bleibst du grundsätzlich in der Schweiz steuerpflichtig.

6. Gesundheitsversorgung und Versicherungen

In Europa ist die Gesundheitsversorgung in der Regel kein Problem, kann aber je nach Zielort schon eher eine Herausforderung sein. Du tust gut daran, dich vorher über das Gesundheitssystem des jeweiligen Landes oder der Länder zu informieren, die du bereisen wirst. Oft ist die Krankenversorgung im Ausland zwar kostenlos, aber auch nicht so gut. Versicherung also vorher abklären, z. B. kannst du auf eine internationale Versicherung setzen, versuchen, deine Versicherung zu behalten, oder entsprechenden Zusatzschutz zukaufen. Wenn du vollständig nomadisch unterwegs bist, dann bleibt in der Regel deine Schweizer Krankenkassenpflicht erhalten.

7. Technische Ausstattung und Arbeitsumgebung

Mit Sicherheit ist eine entsprechende technische Ausstattung wichtig für deine Arbeit, ebenfalls eine stabile, zuverlässige Internetverbindung, damit du arbeiten kannst. Auch beim digitalen Nomadenleben brauchst du klare Arbeitszeiten und einen funktionalen Arbeitsplatz. So kannst du deine Arbeit und Freizeit in Einklang bringen.

Wie ihr seht, es braucht ein bisschen Planung, um dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen. Viele hilfreiche Informationen, Quellen und Austausch findet ihr beim Verein Digitale Nomaden Schweiz.

Wie seht ihr das, digital arbeiten und in der Welt herumreisen, wäre ein Leben als digitale Nomadenperson etwas für euch oder lebt ihr es vielleicht sogar schon? ✈️

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Olga Miler ...
... war über zehn Jahre in verschiedenen Funktionen bei der UBS tätig, unter anderem hat sie dort das Frauenförderungsprogramm und den UBS Gender ETF aufgebaut. Jüngst gründete sie das Start-up SmartPurse, eine Plattform, auf der sie digitale Kurse und Workshops zum Thema Finanzen für Frauen anbietet. Letztes Jahr schrieb Miler den watson-Blog «Frauen und Geld» und wird uns dieses Jahr mit «MoneyTalks» an ihrer Expertise teilhaben lassen.
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