Pünktlich zum Start der Schweizer Frühlings- und Osterferien werfen wir einen Blick auf das laufende Tourismusjahr. Eines ist klar: 2023 wird wieder gereist, was das Zeug hält. Gemäss den grossen Tourismusbüros in der Schweiz liegen die Buchungsvolumen deutlich über den Pandemie-Jahren, und mindestens auf dem Niveau von 2019. Das bestätigten etwa Kuoni, Hotelplan und Globetrotter.
Aber wie und wo verbringen die Menschen ihre Ferien post-Corona? Bei der weltgrössten Tourismusmesse, die seit vier Jahren wieder in Berlin stattfinden konnte, trafen sich Anfang März Vertreter von Airlines und Reiseveranstalter, aber auch Tourismus-Ministerinnen zum Austausch. Die Messe förderte einige Trends zutage; so zum Beispiel das Bedürfnis nach erhöhter Reisesicherheit, mehr Nachhaltigkeit – aber auch mehr Luxus. Wir haben bei den Schweizer Reisebüros nachgefragt, inwiefern auch sie die folgenden fünf Trends im Tourismusjahr 2023 spüren.
Reisen und Nachhaltigkeit sind nicht selten schwer miteinander zu vereinbaren. Wie die meisten Branchen zeigt sich aber auch die Tourismusbranche bemüht darum, genau das zu tun – oder zumindest, Nachhaltigkeit immerhin zu thematisieren. Das zeigt sich zum Beispiel im Bestreben, Airlines und Kreuzfahrtschiffe so bald wie möglich mit klimafreundlichem Treibstoff auszustatten, im Präsentieren von umweltfreundlichen Konzepten von Hotelketten oder von Klimaschutzbemühungen ganzer Destinationen.
Als er die weltgrösste Tourismusmesse eröffnete, meinte der deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck: Der Neustart der Tourismusbranche nach der Pandemie sollte auch ein Neustart Richtung Klimaneutralität und Nachhaltigkeit sein. «Der Wunsch, die Welt zu erleben, sollte nicht dazu führen, dass die Welt, die wir beim Reisen erleben wollen, dadurch zerstört wird.»
Beim Reiseberater Hotelplan waren einige Mitarbeitende an der Tourismusmesse. Die Stimmung in Berlin sei fantastisch gewesen, sagt Bianca Gähweiler, Kommunikationsleiterin des Unternehmens: «Es herrschte eine grosse Aufbruchstimmung.» Dabei sei positiv aufgefallen, dass der Nachhaltigkeit fast überall grosse Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Doch ist das auch bei den Kundinnen und Kunden gefragt? Ja, so empfindet es zumindest das Reiseunternehmen Kuoni. Nachhaltigkeit sei einer der Reisetrends: Man merke zum Beispiel, dass bei Nahdistanzreisen zunehmend auf die Bahn gewechselt werde. Aber auch «länger statt mehr zu reisen, naturnah zu reisen und Volumendestinationen auszuweichen» – diese Tendenzen seien deutlich zu spüren, so Markus Flick von Kuoni. Gerade Letzteres unterstütze man, «indem wir Destinationen fördern, die noch kaum auf den Bucket Lists unserer Kundinnen und Kunden stehen: der Norden von Island, der Süden von Schweden oder die indonesische Insel Flores.»
Keine Frage, Corona hat der Reisebranche massiven Schaden zugefügt. Längerfristig könnte sie nun aber auch gewisse Vorteile bringen: Mehr Leute wollen bei Reisebüros buchen. «Reisebüros haben in der Corona-Pandemie überdurchschnittlich viele Neukundinnen und Neukunden gewonnen», bestätigt Markus Flick von Kuoni.
Dabei werde zwar wieder langfristiger gebucht, dennoch schätzten Kundinnen und Kunden Angebote, die flexibel bis kurz vor der Abreise stornierbar sind. «Dieser Trend setzt sich fort: Reiseberatung und die Sicherheit, dass in unvorhergesehenen Fällen alle notwendigen Schritte durch die Buchungsstelle eingeleitet werden, sind starke Argumente dafür, Reisen nicht auf eigene Faust zu buchen», so Markus Flick.
Mit der Nachfrage bei Reisebüros erfahren zwar auch die Pauschalreisen, die durch ihre Planungssicherheit besonders während der Pandemie gefragt waren, erneuten Aufschwung. Aufgrund der Entspannung bezüglich Corona-Massnahmen sind nun aber insbesondere die Individualferien wieder hoch im Kurs – und zwar vor allem wieder in der Ferne: «Die Nachfrage nach Individualferien, bei denen man Land und Leute kennenlernt, ist wieder gestiegen», sagt Bianca Gähweiler von Hotelplan. Beliebt seien zum Beispiel Roadtrips durch die USA oder Kanada sowie Rundreisen in Costa Rica oder Tansania.
Das bestätigt auch das Reiseunternehmen Tui: Die Nachfrage nach sogenannten Modularreisen steige wieder an, sagt Mediensprecherin Sonja Ptassek. «Darunter fallen zum Beispiel individuell zusammengestellte Reisen mit dem Camper oder Mietwagen durch die USA oder Kanada. Gleichzeitig kehrt auch die Reisevielfalt stark zurück, wie etwa Städte-, Erlebnisreisen oder Rundreisen.»
Sei es Glamping, 4- oder 5-Sterne-Hotels, mehr Exklusivität oder mehr Raum: Luxusreisen liegen schon länger im Trend. Das zeigt sich auch daran, dass an der weltgrössten Tourismusmesse das Luxusreise-Segment in Form eines eigenen grossen Pavillons seine physische Premiere feierte.
Hier bringt sich insbesondere Saudi-Arabien in Stellung. Das Land präsentierte bei der Tourismusmesse Anfang März erstmals seine Tourismusstrategie: In Planung sind zahlreiche Restaurants und Hotels in der oberen Luxuskategorie. In Saudi-Arabien investiert man zurzeit massiv in den Tourismus als Teil der «Vision 2030». Die Strategie sieht unter anderem vor, mit der Stärkung anderer Sektoren wie zum Beispiel des Tourismus unabhängiger vom Öl zu werden.
Dass Saudi-Arabien mit seiner Luxusstrategie bald schwer im Trend liegen dürfte, bemerkte auch die «SonntagsZeitung» Anfang Jahr. So gab ein Experte vom Londoner Beratungsunternehmen Deloitte zu Protokoll: «Bei allen Vorbehalten, die man in Europa und Amerika gegenüber dem Königreich hat.» Langfristig sei Saudi-Arabien «die grosse Trenddestination» im Luxussegment.
Unabhängig der Destinationen – spürt man den allgemeinen Drang nach Luxus auch bei den Reiseanbietern? Beim Tourismuskonzern Tui ist zumindest die Zahlungsbereitschaft in diesem Jahr nicht nur grösser als während, sondern auch als vor der Pandemie: «Im Schnitt geben unsere Gäste mehr aus für ihre Reisen und wählen beispielsweise eine höhere Hotelkategorie oder einen längeren Ferienaufenthalt», so Sonja Ptassek von Tui.
Dass man sich 2023 wieder mehr Luxus gönnt, dürfte auch mit dem Verzicht während der Pandemie zu tun haben: Der absolute und uneingeschränkte Feriengenuss lag lange nicht drin, weshalb sich viele ihr Reisegeld aufgespart haben dürften.
Auch bei Hotelplan werde mehr Geld ausgegeben als vor der Pandemie: «Unsere Kundinnen und Kunden leisten sich beispielsweise statt einer Woche gleich zwei Wochen Ferien, oder sie entscheiden sich für eine 4-Sterne- statt eine 3-Sterne-Unterkunft oder für eine höhere Zimmerkategorie.»
Auch die Reisebranche bleibt von der Inflation und den gestiegenen Energiekosten nicht verschont. Es sind dabei insbesondere die Flugreisen, die massive Preissteigerungen erfahren.
Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (Adac) zeigte kürzlich auf, wie extrem diese sind: Im Vergleich zum Vorjahr steigen die Flugpreise 2023 über alle Airlines hinweg um 46 Prozent. Bei der Swiss sowie der Lufthansa haben sich die Preise gegenüber 2021 sogar mehr als verdoppelt.
Das hängt sicher mit den gestiegenen Kosten bei den Airlines zusammen – aber nicht nur. Vor allem die erhöhte Nachfrage drückt die Preise massiv in die Höhe: «Tatsache ist, dass es bereits zur Herausforderung wird, für den Frühling und Sommer Buchungen zu tätigen, da die Flüge sehr ausgelastet und Landleistungen teilweise ausgebucht sind», gibt Globetrotter zur Auskunft. Die Nachfrage übersteige zurzeit das Angebot.
Passend dazu machte kürzlich eine «Hiobsbotschaft» aus Mallorca die Runde: Ein Urlaub auf der beliebten Mittelmeerinsel soll alleine in diesem Jahr um mehr als 30 Prozent teurer werden. Das betrifft nicht nur die Flugpreise, sondern auch Hotels und Restaurants. «Selbst beim Einkaufen merken es die Leute. Durch die Insellage steigen die Preise auf Mallorca noch stärker als auf dem Festland», sagt Juan Ferrer, Präsident der Qualitätsoffensive Palma Beach, gegenüber GMX.
Wo zieht es Schweizerinnen und Schweizer, die ihre Reise über Tourismusbüros buchen, hin? Globetrotter, das vor allem Individualreisen anbietet, sagt: «Besonders gefragte Reiseziele sind für die nächsten Monate Thailand, Vietnam, Tansania, Kenia sowie Sizilien. Im Sommer sind die USA, Kanada, das südliche Afrika, Japan sowie Skandinavien hoch im Trend.»
Bei Kuoni tönt es ähnlich: «Trend-Destinationen sind aktuell Nordeuropa, Japan und Paris.» Für diese Ziele erhalte man ausserordentlich viele Anfragen.
Bei Hotelplan liegt der Trend für die kommenden Monate bei den «klassischen Badeferien rund ums Mittelmeer, so zum Beispiel nach Griechenland (insbesondere die Inseln Kreta, Kos, Rhodos), nach Zypern, in die Türkei, nach Spanien (Mallorca) oder Ägypten», sagt Bianca Gähweiler. Und: «Wir spüren zudem, dass einige Kundinnen und Kunden aufgrund des Schneemangels auf die diesjährigen Skiferien verzichtet haben und nun schon früher ans Meer reisen wollen.» Die Charterplätze bei Hotelplan ab Anfang April von Zürich nach Kreta, Zypern oder Mallorca seien bereits vor einem Monat sehr gut ausgelastet gewesen.
Oder halt mit dem Zug in Europa rumreisen. Das geht hervorragend. Auch wenn die Buchungen etwas mühsamer sind als beim Fliegen.
«Besonders gefragte Reiseziele sind für die nächsten Monate Thailand, Vietnam, Tansania, Kenia sowie Sizilien. Im Sommer sind die USA, Kanada, das südliche Afrika, Japan sowie Skandinavien hoch im Trend.»