Am Ende war Mike* nur noch genervt. «Wir haben einen halben Tag verbraten», erzählt er watson. «Wir haben uns extra den Samstagnachmittag reserviert, um Sommerferien zu buchen, und herausgekommen ist nichts.»
Mike behauptet, Aldi Suisse Tours habe ihn mit den Preisen in die Irre geführt. Er schildert seine Erfahrungen wie folgt. Die Screenshots hat er während des Buchungsprozesses angefertigt:
«Am Samstag, dem 11. Februar, wollten wir für zwei Familien Sommerferien buchen. Vier Erwachsene und vier Kinder. Nach einigen Recherchen sind wir auf ‹Aldi Suisse Tours› gestossen.
Das ‹Sentido Pelagos Suites & Spa› in KOS sollte es werden.
Gemäss Aldi kosten zehn Nächte mit Abflug am 22. Juli und Rückkehr am 1. August total 5178 Franken – inklusive Halbpension:
Im Anschluss konnten wir die Flüge auswählen – der Preis änderte sich aufgrund eines für uns passenden Fluges auf 6987 Franken.
Weiter ging es mit dem Abgleich mit der Fluggesellschaft.
Danach kam das grosse Aha-Erlebnis: Der Reisepreis hatte sich innert weniger Sekunden um über 5000 Franken auf knapp 12'000 Franken erhöht.
Da es mir keine Ruhe liess, habe ich telefonischen Kontakt mit der Hotline aufgenommen. Telefonisch wurde mir am Samstag ein Reisepreis von 7519 Franken bestätigt – wenige Sekunden später teilte mir die Frau am Telefon jedoch mit, dass sich der Reisepreis geringfügig angepasst hätte. Die Kosten beliefen sich jetzt auf über 12'000 Franken.
Auf die deutliche Preissteigerung angesprochen meinte die Frau nur, Sie könne hier nichts machen, das sei nun mal Ihr System. Einen Vorgesetzten könne Sie mir auch nicht ans Telefon geben, jedoch könne ich eine Beschwerde über Ihren Kundendienst einreichen …»
Gebucht hat Mike die Sommerferien zu diesem Preis nicht. «Welche Familie kann sich das denn leisten?», fragt er sich. Stattdessen hat er sich am 14. Februar beim Aldi-Kundendienst beschwert.
Mike dürfte mit seinem Ärger nicht alleine sein. Bei den Stichprobentests, die watson durchgeführt hat, ist es noch weitere Male vorgekommen, dass sich der Preis stark erhöht hat. Etwa für Pauschalreisen nach Phuket ...
New York ...
oder Singapur.
Die gleichen Erfahrungen hat auch die Stiftung für Konsumentenschutz gemacht, nachdem watson sie auf den Fall von Mike aufmerksam gemacht hat. «Wir können die Problematik bestätigen», sagt Lucien Jucker, Jurist beim Konsumentenschutz. «Auch bei unseren Tests kam es regelmässig zu Preisanpassungen nach dem Klick auf ‹Zur Buchung›.»
Beim Konsumentenschutz könne man den Frust von Mike sehr gut verstehen, so Jucker. «Durch die sich zum Teil massiv ändernden Preise wird ein Vergleichen der Angebote verunmöglicht.»
Der Jurist meint: «Konsumentinnen, die bei Aldi eine Reise buchen möchten, erhalten unserer Ansicht nach beim Buchungsprozess den Eindruck, dass es sich um einen finalen Preis handelt, wenn Aldi von einem Gesamtpreis spricht.»
Jucker spezifiziert: «Während bei der Hotelauswahl noch von ‹Gesamtpreis ab› gesprochen wird, ändert sich die Formulierung im Schritt der Terminauswahl zu Gesamtpreis. Danach müsste unserer Meinung nach die Möglichkeit bestehen, die Reise für diesen Gesamtpreis zu buchen.»
Preisanpassungen gibt es auch bei anderen Anbietern. Allerdings fallen diese gemäss Stichprobentests von watson und dem Konsumentenschutz nicht so hoch aus wie bei «Aldi Suisse Tours».
watson hat Aldi den Fall von Mike geschildert und gefragt, ob der Kunde nicht in die Irre geführt werde, wenn der Preis sich so stark erhöhe. Die Medienstelle von Aldi Suisse antwortet:
Im Normalfall seien die Preissprünge weniger hoch, schreibt die Medienstelle. «Preisänderungen in Höhe wie im vorliegenden Fall sind die Ausnahme.» Dennoch kündigt das Unternehmen Veränderungen an. «Um dies in Zukunft aber noch besser ausschliessen zu können, arbeitet unser Reiseanbieter derzeit an einer Lösung zur Minimierung der Preissprünge.»
Damit ist die Sache aber noch nicht gegessen. Die Sache könnte ein juristisches Nachspiel haben. Jucker hält fest: «Für den Konsumentenschutz besteht der Verdacht, dass die Vorgehensweise von Aldi Suisse Tours gegen die Preisbekanntgabeverordnung (PBV) verstösst.»
watson hat beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) nachgefragt, wie es den Fall von Mike einordnet. Mediensprecher Fabian Maienfisch hält fest:
Selbstverständlich könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein konkretes Angebot unmittelbar im Moment des Buchungsvorganges ausverkauft sei oder in diesem Moment sich der Preis geändert habe. «Derlei Vorkommnisse müssen aber eine Ausnahme sein, denn die Angebotspreise müssen stets aktuell sein, um die Vorgaben der PBV zu erfüllen.»
Ob Aldi Suisse Tours gegen die PBV verstossen hat, kann Maienfisch nicht sagen. «Letztlich kann nur das zuständige Gericht verbindlich entscheiden, ob eine konkrete Preisbekanntgabe zulässig ist oder nicht. Für den Vollzug der PBV und somit auch die Verfolgung und Sanktionierung von Verstössen gegen die PBV sind die kantonalen Behörden zuständig.»
Da Aldi Suisse Tours seinen Sitz in Österreich hat, könnte jede kantonale Behörde aktiv werden.
Mike hat mittlerweile bei einem anderen Veranstalter Ferien in Italien gebucht. Vom Aldi-Kundendienst hat er noch keine Antwort erhalten. Nun überlegt er sich, Anzeige gegen Aldi Suisse Tours zu erstatten.
*Name von der Redaktion geändert.