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Twint und Co. weiter auf dem Vormarsch – Bargeld verliert an Bedeutung

Twint und Co. weiter auf dem Vormarsch – Bargeld verliert an Bedeutung

01.06.2023, 09:3701.06.2023, 15:59
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Ein bekanntes Bild.Bild: KEYSTONE

Das Bargeld hat weiter an Bedeutung verloren, bleibt aber das beliebteste Zahlungsmittel in der Schweiz. Während die Nutzung der Debit- und Kreditkarten stabil geblieben ist, haben Bezahl-Apps stark an Bedeutung gewonnen.

Dies geht aus einer Umfrage der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zum Zahlungsverhalten der Schweizerinnen und Schweizer hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Die Umfrage wurde im vergangenen Herbst zum dritten Mal nach 2017 und 2020 durchgeführt.

Konkret nutzen 36 Prozent der befragten 2000 Personen Bargeld für alltägliche Zahlungen. Im Jahr 2020 hatte der Anteil der mit Bargeld beglichenen Transaktionen noch bei 43 Prozent gelegen und 2017 sogar bei 70 Prozent. Damit habe sich der Rückgang der Bargeldnutzung stark verlangsamt, schrieb die SNB.

«Bargeld ist für unregelmässige Zahlungen im Alltag weiterhin das von der Schweizer Bevölkerung am meisten genutzte Zahlungsmittel.»

Derweil blieben die Nutzungsanteile von Debit- und Kreditkarten (33 Prozent bzw. 13 Prozent) sehr stabil. Diese Karten würden bei nahezu jeder zweiten alltäglichen Transaktion eingesetzt. Am meisten werde dabei die Kontaktlosfunktion (75 Prozent) genutzt, hiess es.

Bezahl-Apps werden von der Bevölkerung immer häufiger verwendet und haben ihren Transaktionsanteil deutlich auf 11 Prozent gesteigert. 2020 waren erst bei 5 Prozent der alltäglichen Zahlungen in der Schweiz das Handy benutzt worden. Die Bezahl-Apps würden dabei sowohl Bargeld als auch bargeldlose Zahlungsmittel ersetzen, schrieb die SNB.

Verbreitung von Bezahl-Apps nimmt zu

Gleichzeitig haben immer mehr Schweizer eine Bezahl-App: Bei 68 Prozent der Bevölkerung sind sie auf dem Handy installiert. Das sind über 20 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Umfrage zwei Jahre zuvor.

Am verbreitetsten sind weiterhin Banknoten und Münzen: 96 Prozent der Befragten gaben an, Bargeld im Portemonnaie oder zu Hause für alltägliche Ausgaben zu halten. 93 Prozent der Befragten besitzen eine Debitkarte (2020: 92 Prozent) und 76 Prozent eine Kreditkarte (2020: 78 Prozent).

Allerdings werden die grösseren Beträge vor allem mit Plastikkarten beglichen. Gemessen am Transaktionswert der alltäglichen Zahlungen blieb die Debitkarte mit 33 Prozent unverändert das wichtigste Zahlungsmittel. Der Wertanteil von Bargeld hat sich auf 20 Prozent abgeschwächt. In der vorangegangenen Umfrage waren es noch 24 Prozent gewesen.

Die grösste Veränderung gibt es bei den Bezahl-Apps, bei denen sich der Wertanteil auf 8 Prozent verdoppelt hat. Die Steigerung der Wert- und Transaktionsanteile zeige, dass Bezahl-Apps unabhängig vom Zahlungsbetrag von der Bevölkerung häufig eingesetzt werden, schrieb die SNB.

Bedeutungsverlust von Bargeld gebremst

Die Verschiebung von Bargeld zu bargeldlosen Zahlungsmitteln geht damit weiter, aber langsamer als in den Jahren zuvor. «Die Mehrheit der Befragten geht davon aus, dass sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen wird», schrieb die SNB.

Insbesondere Bezahl-Apps dürften für die Bevölkerung in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen. Zur Frage, welches Zahlungsmittel in Zukunft öfter benutzt wird, werden Bezahl-Apps (48 Prozent) sogar zum ersten Mal häufiger als die Debitkarte (35 Prozent) genannt.

Bei den regelmässig wiederkehrenden Zahlungen hat sich in den letzten zwei Jahren wenig verändert. Gemessen am Wert der Transaktionen werden 52 Prozent aller regelmässigen Rechnungen per Online-Banking beglichen. Weit dahinter ist der Dauerauftrag (14 Prozent) und die elektronische Rechnung eBill (10 Prozent).

So manipulieren Karten unser Kaufverhalten

Video: srf/Roberto Krone

Technische Störungen führen nur selten dazu, dass Zahlungen nicht zustande kommen. Zwar habe rund die Hälfte der Befragten eine technische Störung erlebt, aber verhindert worden sei die Zahlung dann schliesslich nur bei 7 Prozent der Personen. Etwa das gleiche gilt für Akzeptanzeinschränkungen.

Zufriedenheit mit Bargeldakzeptanz

Trotz zunehmender punktueller Einschränkungen ist die Bevölkerung zufrieden mit der Bargeldakzeptanz in der Schweiz. Ein Viertel der Bevölkerung habe mindestens eine Situation erlebt, in der Bargeld bei einer Zahlung nicht akzeptiert oder erwünscht gewesen sei, hiess es.

Diese Situationen kamen vor allem in der Gastronomie (32 Prozent) oder bei Veranstaltungen wie Messen, Festivals oder Konzerten (24 Prozent) vor. «Trotz dieser Zunahme ist nahezu die gesamte Bevölkerung grundsätzlich mit der Bargeldakzeptanz in der Schweiz zufrieden», schrieb die Nationalbank. Eine klare Mehrheit der Bevölkerung möchte Bargeld auch in Zukunft unverändert als Zahlungsmittel nutzen können.

Welche Bezahl-Apps sind am populärsten?

Die mit grossem Abstand dominierende Bezahl-App sei Twint, sagte SNB-Vizechef Martin Schlegel vor den Medien in Zürich. Mit 78 Prozent ist Twint noch etwas verbreiteter als vor drei Jahren (77 Prozent). Andere Apps wie Apple Pay oder Google Pay erreichen deutlich tiefere Anteile.

Am häufigsten werden Bezahl-Apps für Überweisungen an Privatpersonen verwendet (90 Prozent). So wird beispielsweise nach einem gemeinsamen Restaurantbesuch der Anteil an denjenigen überwiesen, der die gesamte Rechnung bezahlt hat. Dabei ersetzen die Apps zumeist das früher übliche Bargeld.

58 Prozent setzt die Bezahl-Apps für Käufe im Internet ein, was vor allem zulasten von Kreditkarten geht. Und die Hälfte der Befragten verwendet Bezahl-Apps an der Ladenkasse, wo sie insbesondere statt Bargeld und Debitkarten genutzt werden.

Weitere Anwendungen sind Parkuhren, Hofläden, Blumenfelder und Automaten, die vor dem Aufkommen der Bezahl-Apps mit Münzen und Noten gefüttert werden mussten.

Was ist mit Bitcoin und Co.?

Zum ersten Mal befragte die SNB die Bevölkerung auch nach dem Einsatz von Kryptowährungen wie Bitcoin und Stablecoins. Insgesamt gaben aber weniger als 6 Prozent an, solche digitalen Währungen zu besitzen oder diese für Zahlungszwecke zu benutzen. Deutlich mehr Männer als Frauen nutzen Kryptowährungen, wie die Umfrage ergab.

Quellen

(aeg/sda/awp)

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119 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pat da Rat
01.06.2023 11:28registriert Mai 2022
Was mich am CH Banking resp den Zahlmethoden etwas irritiert ist eher, dass die CH Banken sich gegen real-time-Überweisungen sperren resp ernsthaft noch "Expresszuschlag" verlangen um Zahlungen noch gleichen Tags auszuführen. In andern Ländern scheint dies kein Problem. Da scannen die Leute den QR-Code des Gegenübers via eBanking und die Kohle wird sofort bei Bank A abgebucht und real-time bei Bank B des Gegenübers (egal ob Privat oder Business) gutgeschrieben. Braucht kein Twint, keine spez. Bezahl App, kein Wallet nix. Für die teils hohen Bankgebühren kriegt man wenig "Banking" in der CH.
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Chill Dude
01.06.2023 13:21registriert März 2020
An die Bankautomaten sprenger denkt wieder keiner der digital zahler.
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Mooncat
01.06.2023 12:45registriert Dezember 2015
Die Frage müsste eher sein, ob man überall bargeldlos bezahlen kann. Ist hier zum Glück meistens gegeben - aber eben, nur meistens. Ist so lästig, wenn man nicht mit Karte oder TWINT bezahlen kann …
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