Frohe Botschaft für alle Hausbesitzer: Der Eigenmietwert soll gänzlich abgeschafft werden - auch für Zweitwohnungen. Und nicht nur das. Auch Hypothekarzinsen und Kosten für den Unterhalt sollen – anders als vom Ständerat vorgeschlagen – weiterhin vollständig von den Steuern abgezogen werden dürfen. Das hat die nationalrätliche Wirtschaftskommission diese Woche in der Gesamtabstimmung mit 12 zu 10 Stimmen entschieden und am Mittwoch mitgeteilt.
Die rechts-bürgerliche Mehrheit fegt damit zum grossen Ärger der Minderheit das von der Mitte vorgeschlagene «Alternativkonzept» vom Tisch. Dieses sah eine teilweise Reduktion des Eigenmietwerts vor. Er hätte auf 60 Prozent der Marktmiete beschränkt werden sollen. Auch Steuerabzüge hätten weiterhin getätigt werden dürfen.
Zur Erklärung: Beim Eigenmietwert handelt es sich um eine fiktive Miete, die Hauseigentümer als Einkommen versteuern müssen. Damit soll die steuerliche Gleichstellung zu den Mieterinnen und Mietern erreicht werden, weil diese keine Abzüge für Unterhaltskosten und Schuldzinsen geltend machen können. Der Eigenmietwert beträgt in der Regel 60 bis 70 Prozent des Betrags, den ein Hauseigentümer erhielte, würde er sein Haus vermieten.
Diese Gesetzesanpassungen verursachen Kosten in Milliardenhöhe, wie ein neuer Bericht der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) zeigt. Sie schätzt die Mindereinnahmen durch die geplanten Beschlüsse bei einem Hypothekarzinsniveau von 1.5 Prozent auf total 3.8 Milliarden Franken. Das sind zwei Milliarden mehr als beim ständerätlichen Beschluss, wonach die Steuerabzüge nur zu Teilen erlaubt gewesen wären. Die ursprüngliche Forderung, wonach der Systemwechsel «möglichst haushaltsneutral» erfolgen soll, scheint den Befürwortern also nicht mehr ganz so wichtig zu sein.
Das ärgert Mitte-Nationalrat Markus Ritter: «Angesichts der bedenklichen finanziellen Lage des Staatshaushaltes kommt eine komplette Abschaffung des Eigenmietwerts völlig ungelegen.» Er verweist darauf, dass das von der Mitte vorgeschlagene Alternativkonzept lediglich Mindereinnahmen von rund 620 Millionen Franken zur Folge hätte, wie die ESTV berechnet hat.
Auch SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo spricht von einem «finanzpolitischen Desaster zu Gunsten von privilegierten Eigentümerinnen und Eigentümern». Die «massive Bevorteilung» der Hauseigentümer sei ein Affront gegenüber allen Mieterinnen und Mietern.
Der Vorschlag der nationalrätlichen Wirtschaftskommission soll in der dritten Woche der Herbstsession im Parlament beraten werden. Schon jetzt ist Widerstand vorprogrammiert: Spricht sich das Parlament tatsächlich für die Abschaffung des Eigenmietwerts bei gleichzeitiger Beibehaltung der Steuerabzüge aus, werden die linken Parteien mit grosser Wahrscheinlichkeit das Referendum ergreifen. In einer Mitteilung teilt die SP mit, sie werde die Vorlage bekämpfen. Das letzte Wort dürften also die Schweizer Stimmberechtigten haben.