Vier Jahre lang dauerte der Rechtsstreit der UBS mit Frankreich um die Datenlieferung von 45'000 Konten. Nun hat die Eidgenössische Steuerverwaltung in Bern ihre Schlussverfügung im Bundesblatt publiziert. Doch so schnell wird keine Ruhe einkehren.
Vor genau vier Jahren verlangte Frankreich von der Schweiz die Namen und Kontostände von Tausenden UBS-Kunden, die sich Steuervergehen schuldig gemacht haben sollen. Konkret waren die Verdachtselemente aber nicht – es lagen blosse Kontenlisten vor. Bankenvertreter hielten darum das Amtshilfegesuch Frankreichs für unzulässig: Es handle sich um einen «Datenraubzug» («Fishing Expedition») der französischen Behörden. Die Verdachtsfälle stammten aus der Zeit zwischen 2010 und 2015, als das Bankgeheimnis noch Gültigkeit hatte.
Pikanterweise wurde Frankreich von Deutschland darauf aufmerksam gemacht. 2012 und 2013 hatten deutsche Behörden UBS-Standorte in Deutschland durchsucht. Sie stiessen auf Unterlagen, die sie dann an Frankreich weitergaben: Listen mit Tausenden von Kontonummern – allerdings ohne Informationen dazu, dass die Kunden Steuern hinterzogen haben.
Die UBS oder die Schweizer Behörden dürfen grundsätzlich keine Kundendaten an fremde Staaten weitergeben. Doch die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hatte Verständnis für das Begehren ihrer französischen Schwesterbehörde. Sie wollte die Daten liefern. Dagegen wehrte sich die UBS. Zuerst erfolgreich: Das Bundesverwaltungsgericht entschied gegen die Datenherausgabe. Die ESTV wollte das nicht akzeptieren, sie zog vor das oberste Gericht – und siehe da: Das Bundesgericht gab ihr recht. Dieses spektakuläre Urteil fällte «Lausanne» im Juli 2019. Nun ist es so weit: In diesen Tagen soll es vollzogen werden.
Erstens wegen der schieren Menge von Daten. 45000 betroffene Konten – das ist einer quantitativ grössten Fälle des Schweizer Finanzplatzes. Zweitens wegen eines weiteren, noch offenen Verfahrens gegen die UBS in Frankreich. Im Februar 2019 verdonnerte ein Pariser Gericht die UBS zu einer Rekordbusse von umgerechnet fünf Milliarden Franken, weil es zum Schluss kam, die Grossbank habe französische Kunden zur Steuerhinterziehung angestiftet. Dieser Fall ist noch vor den Gerichten hängig.
UBS-Chef Sergio Ermotti wollte den Fall eigentlich noch in seiner Amtszeit abschliessen (er tritt Ende Oktober zurück). Er hatte einen Vergleich abgelehnt und bewusst den Prozess riskiert, weil ein Vergleich «viel, viel teurer» gewesen wäre. Aber nun wurde der Gerichtsprozess in Frankreich wegen der Coronapandemie verschoben. Er wird wohl erst 2021 stattfinden.
Die UBS will zuerst Zusicherungen, dass diese Daten keine Drittverwendung finden. Denn das Bundesgericht hielt 2019 fest, dass Frankreich die gelieferten Daten nicht für andere Verfahren verwenden dürfe. Nur: Dafür gibt es bislang keine Garantien. Die UBS schrieb gestern gegenüber CH Media: «Wir werden angemessene Schritte einleiten, um sicherzustellen, dass keine Daten an die französischen Steuerbehörden geliefert werden, solange keine ausreichende Zusicherung der französischen Behörden vorliegt, dass die Daten ausschliesslich im Rahmen des am 26. Juli 2019 gefällten Urteils des Bundesgerichtes verwendet werden.»
Weil sie, wie im Text steht, 'Verständnis' hatten?
Schade Schweiz.