Mit Club-WC-Sex habe ich definitiv nicht gerechnet
Die zweite Woche mit Sandrine war beinahe noch zäher als die erste. Meine Geduld war langsam, aber sicher aufgebraucht. Sandrine wollte immer noch partout nichts alleine unternehmen. Sie wollte nur etwas erleben, wenn ich es vorschlug, organisierte und durchführte. Ich war erstaunt, wie unselbständig die Frau war und noch mehr erstaunte mich, dass ich das vorher nie bemerkt hatte.
Aber wir waren während der Zeit in Paris eigentlich meist bei ihr in der WG. Und da auch meist in ihrem Bett, das nach Rauch roch. Was hätte man denn da organisieren müssen? Das Einzige, was wir brauchten, waren Rotwein, Schokolade und Kondome. Aber so wirklich etwas gemeinsam unternommen haben wir, wenn ich das richtig überlege, eigentlich nicht. Dass sie nur über Belangloses reden will, also, das bezweifle ich, dass es schon früher so war. Aber mein Jahr in Paris ist auch schon über 15 Jahre her.
Was ich ganz sicher noch wüsste, weil ich mir solche Dinge gut merken kann: Dass der Sex langweilig ist. Der Sex jetzt ist so, als hätte sie in sich das Licht gedimmt. Als wäre sie zwar phsysisch da, aber nur so etwa ein Drittel wirklich an.
Ich war weiterhin ihr Reiseleiter und Plausch-Animator. Wir gingen ins Kino, Glühwein trinken, einmal waren wir sogar wandern, wobei, wandern ist zu viel gesagt, wir spazierten eine Stunde geradeaus, dann kamen wir an einem Restaurant vorbei und entschieden uns, dort ein Fondue zu essen. Wir sprachen weiter über nichts Persönliches. Nichts Tiefgründiges. Ich muss ehrlich sagen, ich bin überrascht, wie viel man reden kann, ohne wirklich über etwas zu sprechen.
Hanna lernte sie einmal kurz kennen und sagte nur: «Sie ist hot, das ist sie.» Womit eigentlich alles gesagt wäre.
Sie wollte umsverrecken tanzen gehen
Endlich kam der letzte Abend vor ihrer Abreise. Ich hatte schon länger geplant, mit ein paar Freunden ein Bier trinken gehen und bot ihr an, dass sie mitkommen kann, aber sie wollte nicht. Sie würde gerne wieder einmal tanzen gehen wollen. Ich solle ihr schreiben, wenn ich fertig sei.
Ich glaubte keine Sekunde, dass sie wirklich noch raus kommt. Was ich auch völlig verstanden hätte, nichts ist schlimmer, als wenn man zuhause, stock-nüchtern wartet, bis sich eine Person meldet, die schon seit einiger Zeit in einer Bar sitzt. Stimmung ist völlig unterschiedlich. Energielevel auch. Promillestand sowieso.
Aber als ich ihr kurz nach Mitternacht eine Nachricht schickte, ich würde mich jetzt auf den Heimweg machen, schrieb sie sofort, ich solle bleiben, wo ich sei, sie nähme ein Uber zu mir. 15 Minuten später stand sie vor mir. Etwas overdressed für den Club, in den wir gingen, aber wenn man mal die Treppen zur Tanzfläche runtergestiegen ist, ist es dort eh stockdunkel und die meisten stehen verstrahlt vor dem DJ Pult und checken nichts.
Sandrine zerrte mich an die Bar, kippte zwei Shots, bestellte uns Gin Tonics und wollte tanzen. Sie war in Höchstform. Das komplette Gegenteil der letzten zwei Wochen. Ich weiss nicht, was sie sich die folgenden zwei Stunden alles «gegönnt» hat, sie ist jedenfalls immer wieder im WC verschwunden, aber ich habe auch nie gefragt, geht mich ja nichts an und ist mir auch egal.
Kurz vor drei zerrte sie mich hinter sich her ins eine WC des Clubs. Ich wollte ihr erklären, dass ich nichts nehmen wollte. Aber so weit kam es nicht, denn: Sandrine wollte nichts (mehr) nehmen, sie wollte Sex.
Die ich kann nichts für mich organisieren-Sandrine! Die ich will nur in Missionar-Vögeln-Sandrine! Diese Sandrine! Die wollte Sex! Im Club-WC! Sie hatte sogar Kondome dabei. Sie war vorbereitet.
Leute! Sie hatte einen Plan!
Nun. Ich war dennoch froh, als sie am nächsten Tag mit dem Zug zurück nach Paris fuhr, aber so schlimm fand ich ihren Besuch nach der letzten Nacht definitiv nicht mehr.
So long,
Ben
