Donald Trumps Zollhammer setzt der Schweizer Industrie mächtig zu. Unabhängig davon, mit welchem Satz der amerikanische Präsident künftig auch Importe aus unserem Land besteuern will, müssen sich die hiesigen Exporteure schon jetzt auf harte Zeiten einstellen.
Der US-Zolltarif von 30 Prozent für Güter aus der EU werde das Wachstum der deutschen Wirtschaft um etwa einen halben Prozentpunkt bremsen, schätzt Marcel Thum vom Münchner Ifo Institut für Konjunktur- und Wirtschaftsforschung. Der maximale Schaden eines 50-Prozent-Tarifs, wie ihn Trump für die EU am angeblichen «Liberation Day» vom 2. April zunächst angekündigt hatte, bleibt Europa damit zwar erspart. Doch der Schaden ist noch immer schlimm genug.
Gerade eben haben die meisten Konjunkturauguren ihre Wachstumsprognosen für Deutschland hochgeschraubt: Das Ifo-Institut sagte im Juni ein Wachstum von 1,5 Prozent für 2026 voraus. Davor lag die Prognose bei lediglich 0,8 Prozent. Hauptgrund für den gesteigerten Optimismus war das Wachstumspaket der neuen Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz. Ifo schätzt den wirtschaftlichen Effekt der geplanten Ausgabenerhöhungen, Steuersenkungen und Investitionen im laufenden Jahr auf 10 Milliarden und im kommenden auf 57 Milliarden Euro.
Wenn der US-Zollhammer tatsächlich mit dieser Härte auf die EU und auf Deutschland niedergehen sollte, was man bei Donald Trumps Sprunghaftigkeit freilich auch jetzt noch nicht mit Sicherheit sagen kann, dann droht die Wirkung des wirtschaftspolitischen Kraftaktes der Bundesregierung grösstenteils zu verpuffen. Unverändert wenig Wachstum bei einem deutlich grösseren Schuldenberg wären die Folgen davon. Noch gravierender wären die Konsequenzen, wenn die EU Gegenmassnahmen im gleichen Umfang wie die US-Zölle beschliessen würde.
Hans Gersbach, Co-Direktor der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, rechnet in diesem Fall mit Einkommensverlusten für Deutschland von 1,2 Prozent. Ein niedrigerer Zolltarif für die Schweiz von beispielsweise lediglich 10 Prozent würde der hiesigen Wirtschaft kaum viel nützen, glaubt Gersbach.
Die EU würde mit gezielten Massnahmen gegenüber Drittstaaten wie der Schweiz ihre eigene Wirtschaft so gut als möglich schützen und Umgehungsgeschäfte verhindern wollen. Nach Gersbachs Berechnungen müsste die Schweiz im Szenario eines weiter eskalierenden Zollstreites zwischen den USA und der EU – selbst bei einem niedrigeren US-Zolltarif – mit Einkommensverlusten in gleicher Höhe wie Deutschland rechnen.
Noch besteht zwar Hoffnung, dass in den Verhandlungen zwischen der EU und den USA letztlich die Vernunft obsiegt. Und offen ist auch, wie Trump mit der für die hiesige Wirtschaft überaus wichtigen Pharmabranche verfahren will, die derzeit noch von einer Zollbefreiung profitiert.
Klar ist aber schon jetzt, dass auf die klassische Schweizer Metall-, Maschinen- und Elektroindustrie (MEM) enorme Herausforderungen zukommen werden. Das Ifo-Institut hat vor einigen Wochen in einer Studie berechnet, welche Bundesländer von der US-Zollpolitik am stärksten betroffen sind. An der Spitze steht das unmittelbar an die Schweiz grenzende Baden-Württemberg. 2023 gingen 11 Prozent aller Schweizer Exporte in die an unser Land angrenzenden Regionen Deutschland, Italien und Frankreich.
Damit sind diese Regionen als Absatzmärkte für die Schweizer Industrie ebenso wichtig wie China und nicht viel weniger bedeutend als die USA (15 Prozent). Allen voran steht Baden-Württemberg, das allein zwei Fünftel aller Schweizer Exporte in die Nachbarregionen aufnimmt, wie Andrea Wagner, Leiterin Regionalanalysen von BAK Economics in Basel, im vergangenen Jahr dargestellt hatte.
Baden-Württemberg steht in der Ifo-Rangliste der Exponiertheit zuoberst, weil dort neben der Automobilindustrie auch die Maschinenindustrie stark verankert ist. Der Analyse von Andrea Wagner zufolge stammen ein Drittel aller Schweizer Industrieexporte in das Bundesland von Unternehmen der MEM-Branchen. Im gleichen Umfang importieren die Schweizer MEM-Unternehmen auch Güter aus dieser Region, was die enge und jahrzehntealte Vernetzung dieser Unternehmen in den Grenzregionen unterstreicht. Ähnliche Verhältnisse in etwas geringerem Umfang lassen sich auch im Güterhandel mit Bayern und der Lombardei beobachten.
Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor beim Industrieverband Swissmem, sagt: «Die Schweizer Tech-Industrie ist stark in internationale Wertschöpfungsketten eingebunden. Damit ist klar, dass unsere Branche indirekt negativ von hohen US-Zöllen gegen die EU betroffen sein wird.» Die absehbaren Folgen von Trumps Politik für das unmittelbare Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung in der Schweiz und in den umliegenden Regionen sind gravierend.
Langfristig vielleicht noch schlimmer ist aber, dass sie eine über Jahrzehnte hinweg gewachsene Arbeitsteilung unterminiert, die viele hocheffiziente und innovative Firmen und Heerscharen von hervorragenden Fachleuten hervorgebracht hat. Die Unternehmen der MEM-Branchen zählen in der Schweiz mehr als 300'000 Beschäftigte.
Passiert halt wenn man nur noch in Dogmen denkt und nicht sein kann was nicht sein darf.
Soviel zur Kompetenz der selbst ernannten "Partei der Wirtschaft". Von deren Gedankengut ganz zu schweigen.
Und ja.
Die Rechtspopulisten schaden.
Immer.
Und überall.
Und das nachhaltig.