Es bessert allmählich. Die Preise sind im April erneut weniger stark gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr waren es noch 2.6 Prozent – und damit deutlich weniger als die 3.5 Prozent auf dem Höhepunkt der aktuellen Inflationswelle. Ist also alles wieder gut?
Nicht wirklich. Die Preise steigen weniger stark, aber noch immer, sinken tun sie sowieso nicht. Es bleibt alles teurer als vor der Inflationswelle, um gut 5 Prozent. Die Löhne hielten nicht mit, die Kaufkraft nahm ab – laut Bundesamt für Statistik um 3 Prozent in zwei Jahren. Je nachdem, wofür ein Haushalt sein Geld ausgibt, trifft es ihn weniger oder noch mehr.
Doch müssen sich Konsumenten nicht einfach in ihr Schicksal fügen. Viele Unternehmen tun zwar, als seien die Aufschläge gottgegeben. Die unweigerliche Folge von höheren Kosten. Weil Corona ausbrach, Lieferketten stockten, Russland die Ukraine angriff und so weiter. Und es stimmt, vieles wurde teurer: Strom und Gas, Eier und Getreide. Aber das ist nicht die ganze Geschichte. Manche Unternehmen nutzen diese Krise auch als Ausrede oder zur Verschleierung.
«Viele Unternehmen hatten diese einmaligen oder sehr seltenen Ausreden, um die Preise zu erhöhen und um herauszufinden, wie viel der Konsument akzeptiert», sagte Experte Samuel Rines von der Beratungsfirma Corbu dem Finanzdienst Bloomberg. Rines hat sich zig Unternehmen angeschaut und stiess immer wieder auf solche Ausreden. Daraus entstand der Begriff von der «Excuseflation», also Inflation durch Ausreden.
Pepsi-Cola sei ein Paradebeispiel eines Unternehmens, das die Geduld seiner Konsumenten auf die Probe stellt, so Experte Rines. Der Getränkehersteller hatte viel Geld verloren durch Putins Invasion der Ukraine, etwa 4 Prozent seines globalen Umsatzes. Kurz darauf ging er mit seinen Preisen im zweistelligen Prozentbereich hoch. Die weltweite Kundschaft nahm es hin, als wäre nichts gewesen.
Manche nehmen in Kauf, einige Kunden zu verlieren, um dafür höhere Preise durchsetzen zu können. Diese Strategie verfolgte die Lufthansa. Deren Chef Carsten Spohr plauderte vor Analysten aus, was Chefs sonst für sich behalten. Man habe keine Eile, die Kapazitäten aufzustocken, obschon die Nachfrage steige. Die hohen Preise würden «einfach zu viel Spass machen».
Internationale Konsumgüter-Konzerne erhöhen ihre Preise weltweit recht unzimperlich, wie sich bei der Veröffentlichung von Finanzergebnissen zeigt. So überwälzen sie ihre Kosten und schützen ihre Gewinne. Wie Bloomberg berichtet, ging Nestlé um 9.8 Prozent hoch mit den Preisen, Procter & Gamble um ungefähr 10 Prozent und Coca-Cola gar noch um etwas mehr als 10 Prozent.
Das gleiche Bild ergab sich in der Schweiz, als die Beratungsfirma Deloitte die Finanzchefs von 116 Unternehmen befragte. Gut ein Drittel hatte die Preise im Vergleich zum Vorjahr angehoben und so die Gewinnmarge nicht nur gehalten, sondern ausgebaut. Was nichts anderes bedeutet als: Sie reichten nicht bloss die Kosten weiter, sondern hoben die Preise noch mehr an.
Ist der Preis mal oben, holen ihn die Unternehmen nicht mehr runter, auch wenn sie die Kosten wieder in den Griff bekommen, wie Experte Rines im Bloomberg-Interview sagte. Am Ende haben die Unternehmen mehr Gewinn, die Konsumenten höhere Preise.
Solche Strategien sind so weit verbreitet, dass sie der Europäischen Zentralbank den Kampf gegen die Inflation erschweren. Deren Präsidentin Christine Lagarde sagte in einer Rede:
Trotz höherer Preise laufen die Kunden nicht davon. Wie EZB-Ökonomen schreiben, haben die Unternehmen ihre Gewinne erhöht, ohne Marktanteile zu verlieren. Dabei hilft ihnen, dass die Konsumenten nicht mehr durchblicken. Manches Unternehmen hat tatsächlich höhere Kosten, ihre Preissteigerungen sind damit berechtigt. Bei anderen ist dies nicht so. «So ist es schwieriger, zu erkennen, worauf die höheren Preise zurückzuführen sind: auf höhere Kosten oder auf höhere Gewinne.»
Dies zu erkennen, ist schon in normalen Zeiten knifflig, auch hierzulande. Sara Stalder, die Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, spricht von einem «der bestgehüteten Geheimnisse der Schweiz».
Doch muss man diesen Durchblick nicht unbedingt haben. Selbst wenn die Unternehmen bloss ihre höheren Kosten weitergeben und nicht noch ihre Gewinne erhöhen: Es steht nirgends geschrieben, dass die Konsumenten diese höheren Kosten allein tragen müssen, während die Unternehmen sich schadlos halten. Das hätten die Unternehmen gerne und überwälzen alle ihre zusätzlichen Kosten, solange die Konsumenten es zulassen.
Doch die Konsumenten könnten ausweichen. Viele Unternehmen geben nur weiter, was sie wirklich müssen. Oder besser noch, werden effizienter, verbrauchen weniger Ressourcen und können so die Preise halten oder gehen weniger weit hoch. Es lohnt sich in diesem Zeiten also mehr als sonst, hinzuschauen und zu vergleichen, denn nicht alles wird gleich viel teurer.
Und es gibt diverse Sparkniffe, die auch in normalen Zeiten greifen - und erst noch gesund sind. Stalder vom Konsumentenschutz rät beispielsweise davon ab, stark industriell verarbeitete Lebensmittel zu kaufen. Je höher die Verarbeitung, wie zum Beispiel bei Fertiggerichten, desto teurer seien die Produkte. «Selber zu kochen, ist günstiger - und erst noch gesünder.» (aargauerzeitung.ch)
Und was tut die selbst ernannte "Partei des Volkes" dagegen? Ah ja nichts. Die sind ja auf der Seite der Wirtschaft und der Abzocker.