«50 Prozent Rabatt für immer», «66 Prozent Rabatt auf Lebenszeit»: Mit solchen Angeboten ködern Schweizer Mobilfunkbetreiber die Kundschaft. Besonders die zugehörigen Billigmarken wie Yallo (Sunrise UPC), Wingo (Swisscom) oder Go-Mo (Salt). Doch nun kommt das böse Erwachen: Trotz des Rabattversprechens können die Handyabos teurer werden. Und zwar automatisch, weil der Abopreis neu an die Teuerung gekoppelt wird.
Doch von Anfang an. Bei Sunrise UPC schlagen per 1. Juli alle Abos um 4 Prozent auf, wie diese Woche bekannt wurde. Als Grund nennt die zweitgrösste Schweizer Telekom-Anbieterin höhere Energiepreise und generell die Inflation. So weit, so verständlich. Doch zugleich vollzieht Sunrise eine brisante Änderung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).
Dort steht neu: «Sunrise darf den Preis für jede Dienstleistung einmal pro Kalenderjahr im Umfang der Teuerung anpassen.» Dabei richte man sich nach dem Landesindex der Konsumentenpreise (LIK). Und weiter: «Bei einer Preisanpassung infolge Teuerung steht dem Kunden kein Recht zur vorzeitigen Kündigung der Dienstleistung zu.»
Das bedeutet: Kundinnen und Kunden von Sunrise sowie deren Billig-Anbieter Yallo und Lebara müssen sich auf jährliche, automatische Preiserhöhungen gefasst machen, die durch nichts anderes als die Teuerung begründet werden müssen. Und dies berechtigt noch nicht einmal zur Kündigung eines Abonnements.
Das Problem dabei ist: Die anderen beiden Grossen auf dem Schweizer Telekommarkt, Salt und Swisscom, haben eine ähnliche Klausel in den vergangenen Monaten bereits in ihre AGB eingeschleust. Sie haben sie nur noch nicht angewendet. Da Sunrise nun mit einer Preiserhöhung vorangeht, dürfte die Hemmschwelle bei den anderen auch nicht mehr allzu hoch liegen.
Ein Blick auf die Situation im Schweizer Telekommarkt zeigt: Die drei Grossen beherrschen den Handyabo-Markt komplett. So hält Swisscom einen Marktanteil von rund 60 Prozent, Sunrise von 24 Prozent und Salt von rund 16 Prozent. Nur der verschwindend kleine Anteil von 0.2 Prozent entfällt auf andere Anbieter, wie Zahlen des Bundesamtes für Kommunikation belegen.
Die drei Grossen haben eine enorme Marktmacht: Wenn alle drei die gleiche Massnahme beschliessen – wie beim Preiserhöhung-Automatismus – sind die Konsumentinnen und Konsumenten faktisch ausgeliefert.
Dazu findet Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz klare Worte: «Es ist ein Witz. Die Konsumentinnen und Konsumenten müssen es einfach akzeptieren.» Da alle grossen Telekomfirmen die gleiche Klausel hätten, nütze es nichts, das Abo zu kündigen und zu einem anderen Anbieter zu wechseln. «Eine eigentliche Wahlfreiheit fehlt schlichtweg.»
Problematisch ist für die Konsumentenschützerin auch, dass damit eine Preisspirale in Gang kommt. Denn wenn die Abos teurer werden, steigt auch die Inflation und der Landesindex für Konsumentenpreise (LIK). Dies wird dann wiederum als Argument verwendet, die Abopreise erneut zu erhöhen. «Das ist absurd», erklärt Stalder. Besonders gefährlich werde es, wenn auch andere Branchen diesen Mechanismus ausnutzen.
Im Gegensatz zu Sunrise haben Swisscom und Salt die Klausel noch nicht angewendet. Man müsse nun beobachten, ob sie nachziehen, erklärt Stalder. Vor allem auf Swisscom als Staatsbetrieb und Marktführer hat die Konsumentenschützerin ein Auge.
Was kann die Wettbewerbskommission (Weko) in einem solchen Falle tun, um die Konsumentinnen und Konsumenten vor den negativen Folgen der Marktbeherrschung zu schützen? Die einfache Antwort: nicht viel. Das erklärt Frank Stüssi, stellvertretender Direktor der Weko:
Beim vorliegenden Fall gebe es darauf keine Hinweise. Wenn die Firmen nur beobachten würden, was die anderen machen, und dann nachziehen, werde die Weko nicht aktiv. Dass es kaum Ausweichmöglichkeiten gibt, sei kein kartellrechtliches Problem.
Eine andere Frage ist laut Stüssi, ob der Automatismus zur Preiserhöhung mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vereinbar sei. Diese Beurteilung liege aber nicht in den Händen der Weko. Bei möglichen Verstössen gegen das UWG werden die Behörden jedoch nur dann aktiv, wenn eine Anzeige eingereicht wird.
Das ist ja genau der springende Punkt. Die Telecomfirmen sind dadurch der eigentliche Inflationstreiber.
Was kann die Weko in einem solchen Falle tun, um die Konsumenten vor den negativen Folgen der Marktbeherrschung zu schützen?
Die Antwort: Nichts.
Frank Stüssi, stellvertretender Direktor der Weko
Wie gehabt: Die Institutionen sind meistens zu nichts Nutze.