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Deloitte-Umfrage zu Inflation: Höhere Preise, höhere Löhne, mehr Marge

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Finanzchefs optimistisch: Höhere Preise, mehr Marge und höhere Löhne

Das Beratungsunternehmen Deloitte befragt regelmässig die Finanzchefs der hiesigen Unternehmen. Diese sind derzeit ziemlich optimistisch eingestellt – und rechnen mit zünftigen Lohnerhöhungen.
05.05.2023, 10:31
Florence Vuichard / ch media
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Der warme Winter hat die Finanzchefs von Schweizer Unternehmen milde gestimmt. Jedenfalls zeigen sie sich in Bezug auf die Konjunkturentwicklung «deutlich optimistischer» als noch vor einem halben Jahr. Das geht aus der neusten Umfrage des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Deloitte bei 116 CFO von Schweizer Unternehmen hervor. Die von vielen Finanzchefs angesichts eines drohenden Energiemangels im Winter bis vor kurzem gehegten Ängste haben sich nicht bewahrheitet, oder jedenfalls noch nicht. Und die schlimmsten Inflationsszenarien sind auch nicht eingetreten.

Das sehr positive Stimmungsbild hat den Deloitte-Chefökonomen Michael Grampp zuerst dennoch überrascht, wie er im Gespräch mit CH Media betont. Er hat dann aber schnell eine Erklärung für den Stimmungsumschwung gefunden: Viele Unternehmen haben es geschafft, im Vergleich zum Vorjahr, ihre Marge dank Preiserhöhungen zu verbessern. Nicht weniger als 35 Prozent der befragten CFO geben an, dass sich «die Verkaufspreise positiv auf ihre Margen» auswirkten. Oder anders gesagt: Über ein Drittel der Unternehmen ist offensichtlich in der Lage, nicht nur die gestiegenen Produktionskosten an die Kundschaft weiterzugeben, sondern gar den Preis noch etwas mehr anzuheben.

Michael Gamp, Deloitte-Chefökonom
Michael Gamp, Deloitte-Chefökonom bild: deloitte

Gemäss Grampp können derzeit nicht nur starke Marken ihre Preise erhöhen, «das Phänomen ist viel breiter». In den USA ist diese sogenannte «Gewinnmargeninflation» schon länger ein Thema und ist zum Teil wieder rückläufig. In Europa hingegen und auch in der Schweiz dürften die Preise und auch die Margen der Firmen noch weiter steigen.

Die Löhne dürften stärker steigen als die Inflation

Entsprechend dürfte die Inflation noch etwas länger auf dem heutigen Niveau verharren: Die Finanzchefs rechnen gemäss der Deloitte-Umfrage für die nächsten 12 Monate mit einer Teuerung von 2.6 Prozent und für die nächsten 24 Monaten von 2.0 Prozent. Das wiederum hat Folgen für die Löhne. Diese werden in den nächsten 12 Monaten gemäss den Finanzchefs stärker steigen als die Inflation - und zwar im Schnitt um 2.8 Prozent. «Das erachte ich durchaus als eine realistische Schätzung», sagt Grampp.

80 Prozent der Unternehmen planen gemäss Umfrage Lohnerhöhungen von mindestens 2.0 Prozent, ein Viertel aller Firmen rechnet gar mit einem Plus von über 4.0 Prozent. Grampp erkennt in diesem Lohnschub auch einen gewissen Nachholfeffekt. Seit Monaten klagten Firmen aller Branchen über einen zunehmenden Fachkräftemangel, ohne dass bis anhin die Saläre merklich angestiegen seien. «Nun kommt Bewegung ins Gefüge», sagt Grampp. «Der Fachkräftemangel dürfte ein langfristiger Treiber für die Löhne bleiben». Denn der Personalmangel werde sich angesichts der Alterung der Gesellschaft nicht so schnell beheben lassen. «Noch hat sich die Lohn-Preis-Spirale in der Schweiz nicht Gang gesetzt, aber das dürfte noch kommen.»

Die heikle China-Frage

Der Fach- respektive Arbeitskräftemangel ist denn gemäss den befragten CFO eines der grössten Risiken - und dies nicht etwa nur wegen der steigenden Personalkosten. Viel eher treibt die Unternehmen die Frage um, ob sie innert nützlicher Frist die passenden Mitarbeitenden finden. Die Ängste vor der Energiemangellage oder vor steigenden Energiepreisen sind weit nach hinten gerückt. Das allergrösste Risiko orten die Finanzchefs in der Geopolitik, wobei der Ukraine-Krieg sowie die zunehmenden Spannungen zwischen China und Taiwan die grössten Sorgen bereiten.

Die Unternehmen reagieren auf die geopolitischen Risiken, indem sie die Zahl ihrer Lieferanten und Vertriebswege erhöhen und indem sie ihre Unternehmenspräsenz in einzelnen Ländern auf- respektive abbauen - und zwar nach dem Prinzip des «Friendshoring», indem sie sich auf befreundende Länder konzentrieren oder auf solche mit vergleichbaren Werten. Ausgebaut wird also vor allem in Westeuropa, in der EU und in den USA sowie in kleinerem Umfang im Mittleren Osten, in Indien und Südamerika. Umgekehrt wird die Präsenz in Russland und China reduziert. (aargauerzeitung.ch)

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rethinking
05.05.2023 12:49registriert Oktober 2018
Die Finanzschefs rechnen lit künftigen Lohnerhöhungen…

…für sich selbst…
…für das Management…

Statt von Lohnerhöhungen zu schwafeln sollten die Arbeitgeber mal den Teuerungsausgleich für 2022-24 korrekt raus rücken!

Die meisten Arbeitnehmer haben aktuell einen Reallohnverlust!
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