Verglichen mit der Lautstärke des Gejammers vieler Händler übers Lädelisterben, restriktive Öffnungszeiten und zu wenige Sonntagsverkäufe geht es dem Schweizer Detailhandel gut – zumindest an den bekannten Einkaufsstrassen. Diesen Schluss lassen neueste Zahlen des Immobilienberaters CBRE zu. Dieser untersucht Ladenmieten, Leerstände und den Anteil von Ketten und internationalen Anbietern.
Im ersten Quartal 2025 wurden 28 Einkaufsmeilen mit insgesamt über 1500 Läden untersucht. Über alle Strassen hinweg sank der Leerstand von 2,4 Prozent im ersten Quartal des Vorjahres auf gerade noch 1,9 Prozent. An beliebten Lagen wie am Zürcher Limmatquai, in der Genfer Rue du Marché, der Freien Strasse in Basel oder in der Berner Spitalgasse war zum Stichtag kein einziges Ladenlokal mehr zu haben. In den untersuchten Strassen in Luzern sank die Leerstandsquote von 3,5 auf 1,8 Prozent.
Vielerorts stiegen damit auch die Mieten. An der teuersten Schweizer Einkaufsmeile, der Bahnhofstrasse in Zürich, werden mittlerweile 11'500 Franken pro Quadratmeter hingeblättert, noch einmal 500 Franken mehr als im Vorjahr. Diese Zahl bezieht sich jeweils auf die Kosten einer 100 Quadratmeter grossen Ladenfläche im Erdgeschoss an bester Lage.
Nach Abschluss der Sanierung der Freien Strasse in Basel im November 2024 wurde auch dort mit einer Steigerung der Mietpreise gerechnet, was tatsächlich eintrat. Sie stiegen von 2800 auf 2900 Franken pro Quadratmeter. Preise wie vor dem Umbau der Basler Premium-Meile werden allerdings noch nicht erreicht. Im Jahr 2018 kostete der Quadratmeter noch 3500 Franken. Neu aufgeführt werden in den Zahlen von CBRE die Mietpreise in der Gerbergasse (1600 Franken pro Quadratmeter) und in der Steinenvorstadt (850 Franken pro Quadratmeter).
In anderen Städten blieben die Preise abgesehen von kleineren Schwankungen konstant. In Zürich und Genf, wo sie in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind, scheine nun sogar ein Plateau erreicht, schreibt CBRE-Experte Michael Dressen im aktuellen Report.
Insgesamt gibt der hiesige Detailhandel zumindest an den bekannten Lagen ein gutes Bild ab. Das lässt sich allerdings nicht auf die Situation von Läden in kleineren Orten übertragen, wo die Situation für die Inhaber oft schwieriger ist. Ein Indiz dafür ist die Situation in St.Gallen, der kleinsten der von CBRE untersuchten Städte.
Der Leerstand betrug an deren wichtigster Einkaufsmeile, der Multergasse, im ersten Quartal hohe 5,7 Prozent – gleich viel wie im Vorjahr. Trotz Bemühungen von Vermietern und dem Gewerbe scheint es schwierig zu sein, in St. Gallen für Ladenflächen Nachmieter zu finden. Wenn Läden in Konkurs gehen wie zuletzt die Modekette Esprit, zieht sich die Suche nach Interessenten teilweise monatelang hin.
Einen deutlichen Anstieg des Leerstands beobachteten die Experten auch in Winterthur. Von 3,1 Prozent im Vorjahr stieg diese Zahl auf 5,1 Prozent – trotz guter Passantenfrequenzen und autofreier Zonen.
Wie sich die Lage in Schweizer Einkaufsmeilen entwickelt, ist schwierig vorherzusagen und hängt von der Stimmung der hiesigen Konsumentinnen und Konsumenten ab, aber auch – besonders an teureren Strassen – von der Zahl der ankommenden Touristen. Die derzeitigen wirtschaftspolitischen Verwerfungen wegen der Politik von US-Präsident Donald Trump könnten für Zurückhaltung sorgen. Allerdings deuten erste Indikatoren eher auf Entwarnung hin: So erkennen Touristiker und Airlines in den nächsten Monaten noch keinen Rückgang der Buchungen von Reisen von US-Amerikanern in die Schweiz.
(aargauerzeitung.ch)