Seit letztem Sommer gibt es sie auch in der Schweiz, die Firehouse Subs der gleichnamigen Sandwich-Kette. Im Juli eröffnete die erste Filiale in Zürich; weitere sollen folgen. Firehouse Subs will allerdings mehr sein als nur eine Verkäuferin von Eingeklemmten. Wer ein Beef & Cheddar Brisket oder ein New York Steamer bestellt, soll bei jedem Bissen auch ein gutes Gewissen haben.
Denn: Die Kette, die von ehemaligen Feuerwehrleuten in Jacksonville, Florida, gegründet wurde, lancierte 2005 nach dem verheerenden Hurrikan Katrina eine Stiftung mit dem Ziel, die Organisationen bei ihrer lebensrettenden Arbeit zu unterstützen. Die Gäste können dafür Geld in Spendenbehälter im Restaurant stecken oder online einen Betrag überweisen. Bis heute kamen in Nordamerika so über 80 Millionen Dollar für die öffentliche Sicherheit zusammen.
Okay, serious question, doesn’t this make you hungry? 😋
— Firehouse Subs (@FirehouseSubs) March 27, 2024
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Diesen wohltätigen Aspekt will auch die Schweizer Lizenznehmerin von Firehouse Subs übernehmen, die Coop-Tochter Marché, wie Sprecherin Aline Hug bestätigt. Zusammen mit dem US-Lizenzpartner habe man eine Stiftung gegründet mit einem Startkapital von 50'000 Franken, das von den beiden Firmen bezahlt wurde.
Im Oktober sei so ein erstes Projekt finanziert worden: Die Feuerwehr von Albula GR erhielt ein gebrauchtes Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr aus Meilen ZH.
Die Verknüpfung von Geschäft und Gewissen ist in den USA gang und gäbe. An zahlreichen Kassen in Supermärkten oder Cafés können Kunden Dollars fürs Militär oder Hilfsorganisationen spenden. Nun ziehen Schweizer Firmen vermehrt nach: «Derartige Aufrufe nehmen seit einigen Jahren zu; insbesondere durch die Digitalisierung im Netz, wo die Spende oft nur einen Klick entfernt ist», sagt Marcel Zbinden, Dozent für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Luzern.
Solche Spendenaufrufe von Geschäften haben laut Zbinden den Vorteil, dass sich die Unternehmen in einem guten Licht darstellen können und die Kundinnen und Kunden gleichzeitig ein gutes Gewissen haben, wenn sie etwas für ökologische oder soziale Zwecke spenden. Zbinden weist jedoch auf ein Risiko hin:
Der Burger-Brater McDonald's kann zumindest eine lange Historie vorweisen, die der Glaubwürdigkeit dient: Seit 30 Jahren betreibt er hierzulande die Ronald McDonald Kinderstiftung, die Familien kranker Kinder ein Zuhause auf Zeit in der Nähe von Spitälern bietet. An der Theke stehen dafür Kässeli, und auch an den Touchscreens ist die Spende möglich. Laut Sprecherin Nadine Zürcher soll diese Option auch bald auf der App verfügbar sein. Im vergangenen Jahr kamen 1,2 Millionen Franken von den Gästen zusammen.
Auch die Migros ist auf den Spenden-Zug aufgesprungen. Seit September werden die Kundinnen und Kunden an den Self-Checkout-Kassen gefragt, ob sie einen Klimabeitrag leisten möchten. Laut Sprecher Patrick Stöpper berücksichtigt die Migros für die individuelle Berechnung der CO2-Menge die Herstellung der eingekauften Produkte, deren Transport sowie die Herstellung und Entsorgung der Verpackungsmaterialien. Die freiwilligen Beiträge fliessen in den Migros-Klimafonds und werden für Klimaschutzprojekte verwendet.
Laut Stöpper handelt es sich dabei um einen Test, für ein Fazit sei es noch verfrüht. Dennoch geht die Migros nun einen Schritt weiter: Seit einigen Tagen kann der Klimabeitrag in ausgewählten Filialen auch an den bedienten Kassen bezahlt werden.
Gut möglich, dass auf diesem Weg mehr Geld zusammenkommt. «Die Situation spielt für das Spendenverhalten eine grosse Rolle», sagt Wirtschaftspsychologe Zbinden. Die Forschung zeige, dass eher und mehr gespendet werde, wenn man in der Situation mit einem Gegenüber konfrontiert ist, oder umgeben von Freuden, wenn die Situation also nicht anonym ist wie zu Hause vor dem Computer. «Denn es ist uns wichtig, wie wir von anderen Menschen wahrgenommen werden.»
Dies dürfte wohl auch ein Grund sein, weshalb sich die CO2-Kompensationszahlungen von Airline-Passagieren nach wie vor auf tiefem Niveau bewegen. Mit Freunden und Kollegen mag man über die Gefahren der Klimaerwärmung diskutieren - beim Buchen des Ferienflugs allein vor dem Bildschirm dann aber auf den grünen Aufpreis verzichten.
Die Lufthansa hat vor einem Jahr einen Green Tarif lanciert, der einen vollständigen Ausgleich der CO₂-Emissionen beinhaltet - zu einem Fünftel mittels nachhaltigem Treibstoff und zu 80 Prozent aus Investitionen in Klimaschutzprojekte. Doch scheint die Swiss zu wissen, dass das gute Gewissen teuer ist: So beinhaltet der Green Tarif als Anreiz auch zusätzliche Meilen für Vielflieger und kostenlose Umbuchungsmöglichkeiten.
Laut Michael Stief, Sprecher der Lufthansa-Tochter, hätten in den ersten hundert Tagen 200'000 Gäste den Tarif gebucht, wobei Swiss-Passagiere einen wesentlichen Anteil daran hätten. Die Nachfrage danach nehme zu, Zahlen nennt er jedoch keine.
Ernüchternd ist denn auch die Bilanz beim US-Kaffeeriesen Starbucks. Dieser lancierte vor einiger Zeit einen Rabatt von 80 Rappen für Kundinnen und Kunden, die ihren eigenen Take-Away-Becher mitbringen. Das Resultat? Nur etwa 3 Prozent der Kundschaft machen davon Gebrauch. «Zudem haben wir eine sogenannte Cup Charge eingeführt, also eine Gebühr für die Einwegvariante in der Höhe von 10 Rappen, die an den WWF gehen», sagte kürzlich Starbucks-Schweiz-Chef Stefan Hungerberg im Interview mit CH Media. «Trotzdem gab es keine Änderung beim Kundenverhalten. Das hat mich überrascht.»
Wirtschaftspsychologe Zbinden verweist auf den wissenschaftlichen Begriff des sogenannten «moral licencing». Konsumenten hätten quasi ein moralisches Konto, das nie unter null gehen darf, sonst haben sie ein schlechtes Gewissen: «Ich gehe fliegen, kompensiere aber den CO2-Ausstoss. Ich kaufe Schokolade, die eventuell durch Kinderarbeit entstanden ist, spende aber an Terre des Hommes.»
Allerdings finde mental oft eine verzerrte Rechnung statt: «Wir gewichten kleine, positive Verhaltensweisen höher als grössere, umweltschädliche Verhalten.» So fühle man sich besser, wenn man den Starbucks-Kaffee im mitgebrachten Thermosbecher trinkt und keinen Einwegbecher braucht, fliege dann aber für ein Wochenende nach Barcelona. «Die Umwelt-Bilanz ist überhaupt nicht ausgeglichen, aber man erteilt sich selbst die Absolution. Und nun helfen Firmen vermehrt dabei.» Das sei auch ein persönlicher Selbstwertschutz, damit man sich nicht ständig ohrfeigen müsse.
Wie wäre es mit dem senken der Margen und dem zahlen fairer Preise für die Produzenten der Produkte statt Profitmaximierung!
Wenn der Unternehmenszweck wohltätiger Natur ist, soll es dafür die Marge einsetzen.