Wirtschaft
Schweiz

Mietwohnungen werden immer knapper – und die leeren sind am falschen Ort

Mietwohnungen werden immer knapper – und die leeren sind meist am falschen Ort

11.05.2023, 07:4511.05.2023, 07:45
Mehr «Wirtschaft»

Der Schweizer Immobilienmarkt präsentiert sich derzeit zweigeteilt. Während sich am Eigenheimmarkt eine Abkühlung abzeichnet, sorgt die sich akzentuierende Wohnungsknappheit am Mietwohnungsmarkt für steigende Anspannung. Dies geht aus der am Donnerstag veröffentlichten Studie «Immobilien Schweiz 2. Quartal» der Genossenschaftsbank Raiffeisen hervor.

Interessenten waehrend einer Wohnungsbesichtigung in einer Wohnung der Liegenschaften Stadt Zuerich (LSZ) am Dienstag, 28. Maerz 2023 in Zuerich. (KEYSTONE/Michael Buholzer)
Interessenten während einer Wohnungsbesichtigung in Zürich.Bild: keystone

In immer mehr Regionen würden die Mietwohnungen rasch knapper, schreibt die Raiffeisen. Eine Besserung sei weder von der Angebots- noch von der Nachfrageseite zu erwarten. Dynamische Zuwanderung und auf dem Wohnungsmarkt immer aktiver werdende ukrainische Flüchtlinge sorgten für eine hohe Zusatznachfrage.

Trotz sinkender Leerstände und bald deutlich steigender Mieten planten Investoren bisher keine Ausweitung der Wohnbautätigkeit. Steigende Baupreise, erhöhte Finanzierungskosten, immer höhere administrative Hürden und deutlich gestiegene Opportunitätskosten dämpften diese zusätzlich. Ohne Anpassung der regulatorischen Rahmenbedingungen dürfte sich daran kurzfristig nichts ändern, heisst es weiter.

Markt in vielen Regionen ausgetrocknet

Zwar liege die Leerwohnungsziffer derzeit mit 1.31 Prozent deutlich über dem langjährigen Schnitt von 1.07 Prozent seit den 1980er Jahren. Solche Durchschnittsbetrachtungen verdeckten allerdings, dass der Markt in einigen Regionen bereits völlig ausgetrocknet sei. Die noch leerstehenden Wohnungen lägen meist am falschen Ort.

Spätestens nächstes Jahr dürfte die Leerwohnungsziffer den Mittelwert dann gar deutlich unterschreiten, gibt sich die Raiffeisen sicher. Mit der Wohnraumverknappung werde Wohnen für immer mehr Haushalte bald deutlich teurer. Zudem zeichneten sich bereits dieses Jahr zwei Erhöhungen des Referenzzinssatzes ab, was die Wohnkosten zusätzlich verteuere.

Um die Probleme zu lindern, könnte die Politik an gewissen Stellschrauben drehen, damit Angebot und Nachfrage am Wohnungsmarkt wieder stärker ins Gleichgewicht kämen. «Von Nutzungseinschränkungen von Ferienwohnungen über die Förderung von Wohnungstauschbörsen bis hin zum Überdenken des Denkmalsschutzes und einer Verflüssigung des Baulandes sind viele, durchaus unkonventionelle Lösungsideen denkbar», heisst es in der Studie.

Abkühlungszeichen am Eigenheimmarkt

Derweil scheint es immerhin am Eigenheimmarkt allmählich zu einer Abkühlung zu kommen. Zwar sind Einfamilienhäuser im ersten Quartal im Vorjahresvergleich noch um 6.1 und Eigentumswohnungen um 7.5 Prozent teurer geworden. Doch seit dem Höhepunkt mitten in der Covid-19-Pandemie seien die Suchabonnements für Eigentumswohnungen und für Einfamilienhäuser um 36 bzw. um 39 Prozent zurückgegangen, schreibt Raiffeisen. Die Zahl der aktiven Abonnements sei mittlerweile sogar spürbar unter das Vor-Coronaniveau gefallen.

Zudem habe sich die Angebotsseite zuletzt wieder etwas erholt. Im Vergleich zu den Tiefstständen während der Coronapandemie würden aktuell auf Onlineportalen wieder mehr Einfamilienhäuser (+17%) und Eigentumswohnungen (+16%) angeboten. Damit schliesse sich langsam die Schere zwischen Angebot und Nachfrage, die in den letzten Jahren für das Preiswachstum verantwortlich war.

Aber mehr als eine Abschwächung der Preisdynamik sei am Eigenheimmarkt nicht zu erwarten. Ein Crash sei wegen der grossen Angebotsknappheit gar sehr unwahrscheinlich. Die Zeichen stünden am Eigenheimmarkt auf sanfte Landung, erklärte der Studienautor. (sda/awp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
9 Nachbars-Typen, die du hoffentlich NICHT hast
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
86 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Jep.
11.05.2023 08:22registriert Januar 2022
Es wird weniger gebaut, die Zuwanderung bleibt hoch, die Arbeitsplätze sind in den Ballungszentren, niemand will 3h pendeln pro Tag, die Züge sind voll, die Strassen auch, die Mieten hoch, die Gesundheitskosten auch. Soweit, so bekannt. Ich hätte gerne realistische, ganzheitliche Lösungsansätze der Experten. Ferienwohnungen einschränken zählt jetzt nicht wirklich dazu.
1212
Melden
Zum Kommentar
avatar
waves
11.05.2023 08:24registriert Februar 2019
In der Stadt Zürich gibts nur subventionierte Wohnungen für Leute mit sehr tiefem Einkommen oder Wohnungen im Luxus-Segment. Alle "Normalverdienter" haben keine Chance, weil sie "zu gut" für subventionierte Wohnungen verdienen, sich aber keine "normale" leisten können, weil diese alle im Luxus-Segment angesiedelt sind. Etwas dazwischen gibts nicht mehr.
1039
Melden
Zum Kommentar
avatar
Schlüsselblüemli
11.05.2023 08:07registriert April 2020
Ok, das konnten wir nun schon mehrfach lesen. Und was kann man konkret dagegen unternehmen? Was sollen wir tun????
603
Melden
Zum Kommentar
86
Die Trump-Versteher: Warum die SVP jetzt neue Sündenböcke braucht
Der Streit um die Zölle mit den USA bringt die SVP ins Dilemma. Denn keine andere Partei fühlt sich Donald Trump und den USA stärker verbunden. Die grösste Partei reagiert mit neuen Erzählungen.
Vier Reden hielt SVP-Präsident Marcel Dettling am 1. August. Das Thema war gesetzt: Der Nationalfeiertag war prädestiniert, um die Kampagne gegen die EU-Verträge voranzutreiben. Gegen den «Unterdrückungsvertrag», wie ihn die SVP nennt. Um Unabhängigkeit, Neutralität und Freiheit sollte es gehen. Um 10 Uhr war Dettlings erster Ortstermin im schaffhausischen Thayngen.
Zur Story