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Syngenta-Deal: Lieber die Chinesen als die Amerikaner

Syngenta-Deal: Lieber die Chinesen als die Amerikaner

Fast 600 Personen arbeiten im Kanton Aargau für den Basler Agrochemie-Konzern Syngenta. Nach dem Alstom-Schock fürchten viele im Kanton, dass weitere Stellen verloren geht. Volkswirtschaftsdirektor Urs Hofmann erklärt, warum ihm eine chinesische Übernahme von Syngenta lieber ist, als eine US-amerikanische.
03.02.2016, 15:07
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Ren Jianxin, der neue mächtige Mann
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Bild: ARND WIEGMANN/REUTERS

Die chinesische ChemChina kauft den Basler Agrochemie Syngenta für 43,7 Milliarden Franken. Der Verwaltungsrat von Syngenta empfiehlt den Aktionären einstimmig, das Angebot anzunehmen, wie Syngenta am Mittwoch mitteilte.

Das Übernahmeangebot von ChemChina besteht demnach aus 465 Dollar in bar und einer Sonderdividende von 5 Franken pro Aktie. Die Sonderdividende wird vorbehältlich der Annahme des Angebots, aber vor dessen Abschluss ausbezahlt. Das Angebot entspricht einem Wert von 480 je Aktie. Zusätzlich würden die Aktionäre von Syngenta im Mai die beantragte ordentliche Dividende von 11 Franken erhalten.

Schneider-Ammann: «Es ist eine grundsolide Übernahme-Firma»
Bundespräsident Johann Schneider-Ammann hat die Übernahme von Syngenta durch das chinesische Staatsunternehmen ChemChina als «guten Deal» bezeichnet. Es handle sich um eine Megaübernahme, sagte er am Mittwoch auf eine Frage vor den Medien.Die Übernahmefirma sei «grundsolide und strategisch gut aufgestellt». Der hohe Preis ist für den Wirtschaftsminister ein gutes Zeichen. Da werde in etwas investiert, was Zukunft haben müsse, stellte er fest.Schneider-Ammann äusserte sich auch zu den Arbeitsplätzen in Basel. Das Syngenta-Management habe ihm bestätigt, dass Syngenta grundsätzlich weiterbetrieben werde. Die Arbeitsplätze blieben erhalten. (sda)

Das Übernahmeangebot in der Schweiz und in den USA werde in den kommenden Wochen veröffentlicht. Die Transaktion soll bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Der Deal muss noch von den Wettbewerbsbehörden abgesegnet werden.

Syngenta bleibt ein weltweit tätiges Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz, wie es im Communiqué heisst.

Christoph Brutschin
Christoph Brutschin
Bild: KEYSTONE

Der Basler Wirtschaftsdepartements-Vorsteher Christoph Brutschin ist erleichtert über diese Nachricht. «Natürlich sind Prognosen schwierig, aber es sieht derzeit nicht schlecht aus, dass der Hauptsitz hierbleiben wird.» Bei ChemChina seien die Überschneidungen marginal. «Das Szenario mit einer Übernahme durch die US-amerikanische Monsanto hätte mir viel mehr Bauchschmerzen gemacht», sagt Brutschin. «Hier hätte es massive Überschneidungen gegeben und damit auch viel mehr Potenzial für Abbau.»

Amerikaner hätten umstrukturiert

Es sei kein Geheimnis, dass die Basler Regierung lieber eine unabhängige Syngenta gehabt hätte. Aber die Entwicklung der Branche führe dazu, dass das immer schwieriger werde. «Auf der Ebene der zweitbesten Lösungen ist das nicht die schlechteste», sagt Brutschin.

ChemChina habe bei den Übernahmen von Pirelli in Italien und Kraus-Maffei in Deutschland gezeigt, dass ChemChina vor allem am Wachstumspotenzial der Firmen interessiert sei und nicht daran kurzfristig Effekte zu erzielen. Und das sei enorm wichtig für Syngenta in dieser Branche, wo langfristige Entwicklungen essentiell sind, um die Pipeline auszubauen.

Urs Hofmann
Urs Hofmann
Bild: KEYSTONE

Auch dem Aargauer Volkswirtschaftsdirektor Urs Hofmann wäre eine unabhängige, in der Schweiz börsenkotierte Syngenta lieber gewesen, «nicht zuletzt wegen der Informationspflichten», wie er auf Anfrage sagt. Unter den gegebenen Umständen könne er dem Deal aber auch positives abgewinnen. «Eine Übernahme durch den Konkurrenten Monsanto wäre sicher problematischer gewesen», so Hofmann. Die Amerikaner, vermutet er, wären primär am Know-how interessiert gewesen und hätten aufgrund vieler Doppelspurigkeiten wohl «eine gröbere Restrukturierung vorgenommen».

Hoffnung auf Standort Basel

Der Aargau ist für Syngenta ein wichtiger Standort. Laut den aktuellsten offiziellen Zahlen von Ende 2014 beschäftigt der Basler Agrochemie-Konzern im Kanton 590 Mitarbeiter: 300 im Forschungszentrum in Stein, 240 in Münchwilen und 50 in Kaisten. Verglichen mit den weltweit beinahe 30‘000 Angestellten ist die Zahl natürlich trotzdem bescheiden.

Gemeinsam mit der Basler Regierung will Hofmann jetzt den Kontakt zu den Chinesen suchen, denn den Nachbarkanton sieht er nicht als Konkurrenten: «Unser beider Ziel ist es, dass der Hauptsitz in Basel und möglichst viele Tätigkeiten in der Schweiz bleiben.» Für unrealistisch hält er dieses Szenario nicht. «Angesichts des Kaufpreises von 43 Milliarden Dollar gehe ich davon aus, dass ChemChina auf den Weltmärkten gut positioniert bleiben will.» Zudem mache den Wert von Syngenta ja nicht primär die nach China verschiebbare Hardware aus, «sondern das Know-how der hier tätigen Mitarbeiter».

Hofmann habe gegenwärtig keinen direkten Draht in die Konzernleitung des designierten Käufers, ChemChina. Er sei am Dienstagabend aber persönlich von Christoph Mäder, dem für die Schweiz zuständigen Syngenta-Geschäftsleitungsmitglied, über die Verkaufspläne informiert worden.

Das derzeitige Management von Syngenta wird das Unternehmen weiterhin leiten. Nach Abschluss der Übernahme wird Ren Jianxin, Verwaltungsratspräsident von ChemChina, dem zehnköpfigen Verwaltungsrat vorstehen. Vier der aktuellen Verwaltungsräte werden dem Aufsichtsgremium weiterhin angehören. (sha/zam/sda)

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