Im Bericht, den die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) veröffentlichte, heisst es unmissverständlich:
Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung hätten sich gegenüber zahlreichen Interventionen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) «renitent», also Weisungen widersetzend, gezeigt.
Bei den Schweizer Behörden hat die PUK kein «kausales Fehlverhalten» für die Krise der Credit Suisse feststellen können.
Allerdings kritisiert die PUK mehrfach die Informationspolitik des damaligen Finanzministers Ueli Maurer. Sie habe phasenweize dazu geführt, dass der Bundesrat seiner Verantwortung nur bedingt nachkommen konnte.
In ihrer Untersuchung hat sich die PUK auf die Arbeit der Behörden im Kontext der CS-Krise und der Notfusion fokussiert. Die Credit Suisse war nur soweit Teil der Untersuchung, wie es notwendig war, die Behördentätigkeit zu beurteilen.
Folgende Behörden standen im Zentrum der PUK-Untersuchung:
Bei ihrer Untersuchung hat sich die PUK auf vier zeitliche Phasen fokussiert (der Fokus lag auf den ersten drei):
Die PUK kommt zum Schluss, dass der Bundesrat und das Parlament, was die Umsetzung von internationalen Standards durch systemrelevante Banken betrifft, zu zögerlich agiert hätten.
Bundesrat und Parlament hätten den Anliegen der Banken zu grosse Bedeutung eingeräumt. So kam es etwa zu verlängerten Übergangsfristen in Bezug auf gesetzliche Weiterentwicklungen.
Die FINMA habe ihre Aufsichtstätigkeit intensiv ausgeübt, dies habe jedoch nur eingeschränkte Wirkung gezeigt. Die PUK schreibt:
Die PUK bedauert, dass die FINMA zu dieser Zeit nicht schärfere Sanktionen ausgesprochen habe. Zudem kritisiert die PUK das Vorgehen der FINMA hinsichtlich Eigenmittelerleichterungen, welche diese der Credit Suisse gewährte.
Ohne diese Erleichterungen hätte die CS «die regulatorischen Eigenmittelvorschriften bereits 2021 leicht und 2022 deutlich nicht mehr erfüllt». Es bestehe dringender Handlungsbedarf, was die Gewährung von Erleichterungen an systemrelevante Banken betreffe.
Im Laufe des Jahres 2022 habe sich die wirtschaftliche Lage der Credit Suisse deutlich verschlechtert. Aufgrund von massiven Liquiditätsabflüssen Anfang Oktober und Ende Dezember sei die CS kurz vor der Zahlungsunfähigkeit gestanden. Die Behörden hätten im Oktober in den Krisenmodus gewechselt.
Dabei seien gemäss PUK zwar die wichtigsten möglichen Szenarien analysiert worden. Es seien in dieser Phase jedoch nicht alle Involvierten auf dem gleichen Wissensstand gewesen, «was ein früheres dezidiertes Eingreifen möglicherweise erschwert hat». Die PUK schreibt:
Im Herbst 2022 hätten der ehemalige Finanzminister Ueli Maurer und SNB-Präsident Thomas Jordan zwar informelle Meetings initiiert, diese seien aber zu wenig mit den regulären Krisenstrukturen koordiniert und deswegen «bedingt zweckmässig» gewesen.
Ausserdem habe Maurer den Bundesrat in einer kritischen Phase Ende November 2022 jeweils ohne schriftliche Unterlagen orientiert. Dadurch konnte der Bundesrat seine Verantwortung nur eingeschränkt wahrnehmen. Maurer begründete sein Vorgehen mit der Angst vor einem Informationsleck.
Mitte März 2023 seien die Bundesbehörden von der Regionalbankenkrise in den USA und den unmittelbaren Auswirkungen auf die CS überrascht worden, schreibt die PUK.
Aufgrund umfangreicher Vorarbeiten sei es dennoch gelungen, die Credit Suisse ab Ausbruch der Akutkrise vom Mittwoch, 15. März 2023 bis zum Wochenende zahlungsfähig zu halten. So habe eine internationale Finanzkrise abgewendet werden können. Die PUK teilt mit:
Weil die Verhandlungen zwischen UBS und CS «harzig» verliefen, hätten die Behörden parallel dazu weitere Optionen geprüft. Dazu gehörten die Sanierung, eine kurzfristige staatliche Übernahme und als ultima ratio eine Zwangsfusion.
Dass am Sonntag, 19. März, insgesamt drei fertig ausgearbeitete Optionen zur Verfügung standen, wertet die PUK als positiv.
Die PUK zeigt Verständnis dafür, dass anstelle der UBS eine Lösung mit einer Bank aus dem Ausland aufgrund der Akutsituation nicht mehr umsetzbar war. Auch wenn diese «längerfristig für die Wettbewerbssituation in der Schweiz vorteilhafter gewesen wäre». Die PUK schreibt, sie halte die gewählte Lösung mit der Übernahme durch die UBS für «angemessen».
Die PUK zieht hinsichtlich der Informationspolitik von Finanzminister Ueli Maurer jedoch auch in dieser Phase ein kritisches Fazit. Was die Varianten zur Stabilisierung der Credit Suisse betrifft, habe Maurer zu wenig detailliert und zu spät informiert. Im Bericht heisst es:
Hätte Maurer schneller kommuniziert, wäre dem Bundesrat mehr Zeit geblieben, seine Entscheidung abwägen zu können.
Das Eingreifen der Schweizer Behörden im März 2023 habe eine globale Finanzkrise verhindert. Diese Leistung anerkennt die PUK. Es seien aber «zwingend die Lehren aus der Bewältigung der CS-Krise zu ziehen».
Auf Vollzugs- und Gesetzesebene bestehe Verbesserungsbedarf. Deswegen richtet die PUK zwanzig Empfehlungen an den Bundesrat und reicht sechs Postulate, vier Motionen sowie eine parlamentarische Initiative ein.
Die Notfallplanung sei zu sehr auf die Schweiz fokussiert, internationale Verflechtungen müssten künftig zwingend mitberücksichtigt werden. Zudem sollten Erleichterungen bezogen auf die Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen «in Zukunft beschränkt werden».
Die PUK schreibt weiter, dass bei der Abstimmung zwischen den einzelnen Behörden und dem Einbezug des Gesamtbundesrates, insbesondere beim Informationsaustausch, Luft nach oben besteht. Es heisst:
Die UBS sei im Vergleich zum Bruttoinlandprodukt um ein Vielfaches grösser als andere Finanzinstitute im Verhältnis zum BIP des jeweiligen Landes, so die PUK. Es sei «deshalb unerlässlich, diesen Umstand in der Regulierung angemessen zu berücksichtigen».
(rst)