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Die wichtigsten Punkte des PUK-Berichts zum Niedergang der CS

Isabelle Chassot, Staenderaetin Mitte-FR und neu gewaehlte Praesidentin der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) fuer die Credit Suisse Notrettung, rechts, diskutiert mit Franziska Ryser, N ...
Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser (Vizepräsidentin) und Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot (Präsidentin, rechts) haben die CS-PUK angeführt.Bild: KEYSTONE

Der PUK-Bericht zum CS-Niedergang – das Wichtigste in 6 Punkten

Nach anderthalb Jahren und 45 Sitzungen ist der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zum Niedergang der Credit Suisse da. Eine Übersicht in 6 Punkten.
20.12.2024, 10:5720.12.2024, 10:59
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Schuld ist die CS-Spitze

Im Bericht, den die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) veröffentlichte, heisst es unmissverständlich:

«Die Verantwortung für den Vertrauensverlust in die CS und deren Schieflage, die im März 2023 existenzbedrohend wurde, liegt bei deren Verwaltungsrat und Geschäftsleitung der letzten Jahre.»

Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung hätten sich gegenüber zahlreichen Interventionen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) «renitent», also Weisungen widersetzend, gezeigt.

Bei den Schweizer Behörden hat die PUK kein «kausales Fehlverhalten» für die Krise der Credit Suisse feststellen können.

Allerdings kritisiert die PUK mehrfach die Informationspolitik des damaligen Finanzministers Ueli Maurer. Sie habe phasenweize dazu geführt, dass der Bundesrat seiner Verantwortung nur bedingt nachkommen konnte.

Das Vorgehen der PUK

In ihrer Untersuchung hat sich die PUK auf die Arbeit der Behörden im Kontext der CS-Krise und der Notfusion fokussiert. Die Credit Suisse war nur soweit Teil der Untersuchung, wie es notwendig war, die Behördentätigkeit zu beurteilen.

Folgende Behörden standen im Zentrum der PUK-Untersuchung:

  • Der Bundesrat
  • Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD)
  • Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA)
  • Die Schweizerische Nationalbank (SNB)
  • Die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde (RAB)

Bei ihrer Untersuchung hat sich die PUK auf vier zeitliche Phasen fokussiert (der Fokus lag auf den ersten drei):

  • 2015 bis Sommer 2022
  • Herbst 2022 bis Anfang März 2023
  • Akutkrise vom 15. bis 19. März 2023
  • Umsetzung der Fusion mit der UBS

Die Phase vor der Krise

Die PUK kommt zum Schluss, dass der Bundesrat und das Parlament, was die Umsetzung von internationalen Standards durch systemrelevante Banken betrifft, zu zögerlich agiert hätten.

Bundesrat und Parlament hätten den Anliegen der Banken zu grosse Bedeutung eingeräumt. So kam es etwa zu verlängerten Übergangsfristen in Bezug auf gesetzliche Weiterentwicklungen.

Die FINMA habe ihre Aufsichtstätigkeit intensiv ausgeübt, dies habe jedoch nur eingeschränkte Wirkung gezeigt. Die PUK schreibt:

«So reihte die CS trotz zahlreichen Verfahren und entsprechenden Warnungen der FINMA Skandal an Skandal.»

Die PUK bedauert, dass die FINMA zu dieser Zeit nicht schärfere Sanktionen ausgesprochen habe. Zudem kritisiert die PUK das Vorgehen der FINMA hinsichtlich Eigenmittelerleichterungen, welche diese der Credit Suisse gewährte.

Ohne diese Erleichterungen hätte die CS «die regulatorischen Eigenmittelvorschriften bereits 2021 leicht und 2022 deutlich nicht mehr erfüllt». Es bestehe dringender Handlungsbedarf, was die Gewährung von Erleichterungen an systemrelevante Banken betreffe.

The logo of the Swiss bank Credit Suisse is seen at the headquarters at Paradeplatz in Zurich, Switzerland, on Wednesday, December 18, 2024. (KEYSTONE/Til Buergy)
Die Credit Suisse ist seit 2024 Geschichte.Bild: keystone

Der Anfang des Niedergangs

Im Laufe des Jahres 2022 habe sich die wirtschaftliche Lage der Credit Suisse deutlich verschlechtert. Aufgrund von massiven Liquiditätsabflüssen Anfang Oktober und Ende Dezember sei die CS kurz vor der Zahlungsunfähigkeit gestanden. Die Behörden hätten im Oktober in den Krisenmodus gewechselt.

Dabei seien gemäss PUK zwar die wichtigsten möglichen Szenarien analysiert worden. Es seien in dieser Phase jedoch nicht alle Involvierten auf dem gleichen Wissensstand gewesen, «was ein früheres dezidiertes Eingreifen möglicherweise erschwert hat». Die PUK schreibt:

«Insbesondere die Information des Bundesrates im Herbst 2022 liess zu wünschen übrig.»

Im Herbst 2022 hätten der ehemalige Finanzminister Ueli Maurer und SNB-Präsident Thomas Jordan zwar informelle Meetings initiiert, diese seien aber zu wenig mit den regulären Krisenstrukturen koordiniert und deswegen «bedingt zweckmässig» gewesen.

Ausserdem habe Maurer den Bundesrat in einer kritischen Phase Ende November 2022 jeweils ohne schriftliche Unterlagen orientiert. Dadurch konnte der Bundesrat seine Verantwortung nur eingeschränkt wahrnehmen. Maurer begründete sein Vorgehen mit der Angst vor einem Informationsleck.

Swiss Federal councillor and finance minister Ueli Maurer, left, and Thomas Jordan, chairman of the governing board of the Swiss National Bank, walk to a media brief about the latest economic measures ...
Ueli Maurer und Thomas Jordan im Gespräch.Bild: KEYSTONE

Akutkrise ab 2023

Mitte März 2023 seien die Bundesbehörden von der Regionalbankenkrise in den USA und den unmittelbaren Auswirkungen auf die CS überrascht worden, schreibt die PUK.

Aufgrund umfangreicher Vorarbeiten sei es dennoch gelungen, die Credit Suisse ab Ausbruch der Akutkrise vom Mittwoch, 15. März 2023 bis zum Wochenende zahlungsfähig zu halten. So habe eine internationale Finanzkrise abgewendet werden können. Die PUK teilt mit:

«Eine Fusion mit der UBS war spätestens ab Beginn der Akutkrise die präferierte Variante aller involvierten Behörden.»
Bundesraetin Karin Keller-Sutter spricht zur Kleinen Kammer, an der ausserordentlichen Session der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 11. April 2023 im Staenderat in Bern. Die ausserordentliche Sess ...
Finanzministerin Karin Keller-Sutter an der ausserordentlichen Session zur CS-Übernahme im April 2023.Bild: keystone

Weil die Verhandlungen zwischen UBS und CS «harzig» verliefen, hätten die Behörden parallel dazu weitere Optionen geprüft. Dazu gehörten die Sanierung, eine kurzfristige staatliche Übernahme und als ultima ratio eine Zwangsfusion.

Dass am Sonntag, 19. März, insgesamt drei fertig ausgearbeitete Optionen zur Verfügung standen, wertet die PUK als positiv.

Die PUK zeigt Verständnis dafür, dass anstelle der UBS eine Lösung mit einer Bank aus dem Ausland aufgrund der Akutsituation nicht mehr umsetzbar war. Auch wenn diese «längerfristig für die Wettbewerbssituation in der Schweiz vorteilhafter gewesen wäre». Die PUK schreibt, sie halte die gewählte Lösung mit der Übernahme durch die UBS für «angemessen».

Bundesrat Ueli Maurer spricht waehrend der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 8. Juni 2022 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Alt Bundesrat Ueli Maurer, beim CS-Niedergang Finanzminister, kommt im PUK-Bericht nicht gut weg.Bild: keystone

Die PUK zieht hinsichtlich der Informationspolitik von Finanzminister Ueli Maurer jedoch auch in dieser Phase ein kritisches Fazit. Was die Varianten zur Stabilisierung der Credit Suisse betrifft, habe Maurer zu wenig detailliert und zu spät informiert. Im Bericht heisst es:

«Es stellt sich die Frage, ob der Bundesrat in der Krisenphase 2023 eine ausreichende Informationsgrundlage besass, um den Erarbeitungsstand der verschiedenen Lösungsszenarien effektiv nachvollziehen zu können.»

Hätte Maurer schneller kommuniziert, wäre dem Bundesrat mehr Zeit geblieben, seine Entscheidung abwägen zu können.

Der Ausblick

Das Eingreifen der Schweizer Behörden im März 2023 habe eine globale Finanzkrise verhindert. Diese Leistung anerkennt die PUK. Es seien aber «zwingend die Lehren aus der Bewältigung der CS-Krise zu ziehen».

Auf Vollzugs- und Gesetzesebene bestehe Verbesserungsbedarf. Deswegen richtet die PUK zwanzig Empfehlungen an den Bundesrat und reicht sechs Postulate, vier Motionen sowie eine parlamentarische Initiative ein.

Die Notfallplanung sei zu sehr auf die Schweiz fokussiert, internationale Verflechtungen müssten künftig zwingend mitberücksichtigt werden. Zudem sollten Erleichterungen bezogen auf die Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen «in Zukunft beschränkt werden».

Nationalraete debattieren waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 17. Dezember 2024 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Die PUK reicht zahlreiche Vorstösse ein.Bild: keystone

Die PUK schreibt weiter, dass bei der Abstimmung zwischen den einzelnen Behörden und dem Einbezug des Gesamtbundesrates, insbesondere beim Informationsaustausch, Luft nach oben besteht. Es heisst:

«Zu verbessern sind zudem das Risikomanagement und die Krisenfrüherkennung.»

Die UBS sei im Vergleich zum Bruttoinlandprodukt um ein Vielfaches grösser als andere Finanzinstitute im Verhältnis zum BIP des jeweiligen Landes, so die PUK. Es sei «deshalb unerlässlich, diesen Umstand in der Regulierung angemessen zu berücksichtigen».

Die CS-PUK
Die PUK unter der Leitung von Kommissionspräsidentin Isabelle Chassot (Die Mitte, FR) hat in den letzten anderthalb Jahren während 45 Sitzungen 79 Personen angehört und über 30'000 Seiten analysiert. Darauf gestützt hat sie den vorliegenden Bericht zu Handen der eidgenössischen Räte erstellt.

Die PUK hat im Sommer und im Herbst die betroffenen Behörden und Stellen sowie alle Bundesratsmitglieder zu verschiedenen Berichtsteilen konsultiert und am 16. Dezember 2024 eine Delegation des Gesamtbundesrats gemäss Artikel 167 Abs. 2 Parlamentsgesetz zum Entwurf ihres Gesamtberichtes angehört.

Der Bundesrat hat nun bis zur nächsten Session Zeit, um seine Stellungnahme auf der Grundlage des Schlussberichts zu erstellen. Die Beratung des Berichtes ist in der Frühlingssession 2025 vorgesehen.

(rst)

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Franziska Ryser (GP-SG/Nationalrat)
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65 Kommentare
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zaunkönig
20.12.2024 10:51registriert November 2015
Mich interessiert eigentlich nur, wie man sicherstellen kann, dass die “kausal Schuldigen”, d.h. Management und Verwaltungsrat zur Rechenschaft gezogen werden können. Aktuell ist es ja so, dass diese in genau keiner Weise irgendwelche Konsequenzen haben tragen müssen. Die fetten Bini aus den Jahren, in denen sie die CS an die Wand gefahren haben, konnten sie behalten und sie leben weiter als “unbescholtene” Bürger in ihren Steueroasen.
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Be-obachter
20.12.2024 10:50registriert Juli 2020
Und die verantwortlichen CS-Gauner laufen weiterhin frei herum und geniessen die jahrelang für Unfähigkeit erhaltenen Boni...
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Black Cat in a Sink
20.12.2024 11:01registriert April 2015
Wer ist mit „ der Bundesrat“ namentlich gemeint? Es ist kein Geheimnis, dass der schlechteste Finanzminister (und auch Ex-Verteidigungsminister) kä luscht hatte, seinen Job zu machen. Stattdessen hing er viel lieber im Trachtenhemd mit den Trychler herum.
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