Kuoni-Chef Dieter Zümpel, der eigentlich nicht für laute Töne bekannt ist, sprach diese Woche im Interview mit CH Media Klartext: «Wenn man einen Flugplan aufstellt, muss man sich dafür mit dem nötigen Personal vorbereiten. Das ist ein einfacher Dreisatz!» Aber nun würden manche Airlines so tun, als käme Weihnachten überraschend.
Unzufrieden zeigt sich Zümpel vor allem mit der Swiss. Er bemängelt die Kommunikation. Seine Angestellten müssten stundenlang warten, wenn sie die Airline wegen Umbuchungen anrufen müssten. «Aber seitens der Swiss heisst es stets: Die anderen sind schuld», so Zümpel. «Das ist keine partnerschaftliche Beziehung, das empfinde ich als arrogant.» Was Zümpel besonder stört: Die Flugumbuchungen sorgen beim Reisekonzern für massive Zusatzarbeit - und die solle von der Swiss entgolten werden.
Mit dieser Haltung ist Zümpel definitiv nicht allein. Nun bekommt er Schützenhilfe - und zwar von der ganzen Branche: Walter Kunz, Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbands, dem auch Tui Suisse und Hotelplan angehören. Er wendet sich auf dem Branchenportal Travelnews.ch in einem öffentlichen Protestbrief an den Swiss-Kommerzchef Tamur Goudarzi Pour («Lieber Tamur»): «Jetzt hast du den Bogen definitiv überspannt.»
Hintergrund für die erneute Schelte ist die Branchenforderung nach einer Entschädigung für den Zusatzaufwand. Denn davon will Goudarzi Pour nichts wissen, wie er gegenüber demselben Portal klarmachte. Der Mehraufwand sei über die frei wählbaren Service-Gebühren der Reisebüros gegenüber den Kundinnen und Kunden bereits abgegolten. Zudem verkürze die Swiss die Callcenter-Wartezeit und erlasse den Reisebüropartnern die anfallenden Flugumbuchungsgebühren.
Doch diese Argumentation passt Kunz gar nicht. Eine Vergütung für den Verkauf von Tickets gebe es seitens Airlines für die Branche schon längst nicht mehr, schreibt er. «Nun sollen sich die Reisebüros die zusätzlichen Gebühren vom Kunden holen? Für den Mehraufwand, den ihr durch die Annullation eines Fluges verursacht habt? Vielleicht sollten wir die Kunden über diese Haltung der Swiss orientieren.»
Genau solche Aussagen von Goudarzi Pour bestätigen laut Kunz, «weshalb die Swiss und die Lufthansa Gruppe von der Branche als arrogant wahrgenommen und bezeichnet werden». Das Management sollte sich überlegen, was es mit solchen Äusserungen auslöse. An der Forderung nach einer Entschädigung halte man auf jeden Fall fest und werde weitere Schritte prüfen, «falls von eurer Seite keine Lösung präsentiert wird».
Wie die Lösung aussehen könnte, ist für die Reisebürobranche bereits klar. Gegenüber der «Handelszeitung» sagte Kunz, dass ihm 30 Euro pro annulliertem Flug und pro Passagier vorschweben. Denn die durch instabile Flugpläne verursachte Zusatzarbeit bleibe bei den Reisebüros hängen, wie Kuoni-Chef Zümpel gegenüber CH Media sagte. «Ein nicht wie angekündigt durchgeführter Flug bedeutet für uns: Umbuchung, neues Hotelzimmer, anderer Transport und so weiter.» Die für Flugbuchungen verantwortliche Abteilung sei deswegen total überlastet.
Der Frust kommt zudem nicht von ungefähr: «Ich kann nicht verbergen, dass die Zusammenarbeit mit der Swiss seit Pandemie-Beginn oftmals schwierig ist. Da hat sich vieles aufgestaut», so Zümpel im Interview.
Gegenüber der «Handelszeitung» sagte die Swiss dazu: «Wir haben das Interview von Herrn Zümpel mit Überraschung zur Kenntnis genommen. Wir werden die von ihm beanstandeten Themen bilateral mit ihm aufnehmen.» Das dürfte nicht reichen. Denn die Reaktionen zeigen, dass es sich dabei längst nicht nur um ein Kuoni-Problem handelt.
Auch beim Personal hat die Swiss nach wie vor grosse Baustellen. So wurde am Wochenende bekannt, dass die Piloten-Crew den Vorschlag für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag deutlich ablehnten. Es ist eine Botschaft, die dem Management zu denken geben muss - auch, weil ein Streik im vertragslosen Zustand möglich wäre. Und das Bodenpersonal droht derweil mit einer Klage gegenüber der Swiss.
Immerhin: Geschäftlich läuft es der Swiss wieder besser. Im ersten Halbjahr flog sie in die schwarzen Zahlen zurück und erzielte einen Gewinn von 67 Millionen Franken. Die Hilfskredite, die sie wegen der Covid-Krise benötigte, konnte sie komplett zurückbezahlen.
Und wenn der Gaul dann totgeritten gehen Manager und Aktionäre mit Gewinn raus und Zulieferer und der kleine Angestellte bleiben auf der Strecke...
Herr Tamur Goudarzi Pour macht es genau Richtig:
Verkaufe 1000 Einheiten obwohl es an Allem fehlt. Lass die Hotline von nur einer Person (am besten noch in Indien) bedienen und schiebe alle Folgekosten und Anschuldigungen an Dritte.
Das ich nicht auf so eine grossartige Idee gekommen bin 🤦♂️
[Wer Ironie findet 🤫]