Ein Berufungsgericht in Paris schiebt seine Entscheidung im Steuerverfahren gegen die Grossbank UBS auf. Statt wie geplant am heutigen Montag wolle das Gericht das Urteil am 13. Dezember bekannt geben. Einer der Richter sei krank, hiess es zur Begründung.
Die Grossbank war vor bald zweieihalb Jahren in erster Instanz zu einer Zahlung von insgesamt 4,5 Milliarden Euro verurteilt worden. Die Grossbank legte gegen den Entscheid Berufung ein und verlangt für sich einen Freispruch.
Dem Institut und einigen früheren Mitarbeitern wird vorgeworfen worden, Steuerflüchtlingen aus Frankreich zwischen 2004 und 2012 systematisch geholfen zu haben, Geld in der Schweiz zu verstecken. «Illegale Bankwerbung» und «durch Steuerbetrug verschlimmerte Geldwäsche» lautete das Verdikt des Pariser Strafgerichts im Februar 2019.
Die UBS wurde in der Folge zu einer Rekordstrafe von 3,7 Milliarden Euro verdonnert, hinzu kam ein Schadenersatz von 800 Millionen. Die erste Runde der Klage also endete mit einem klaren Sieg der französischen Staatsanwälte.
Es geht also um viel Geld. Die 4,5 Milliarden Euro stehen zu aktuellen Wechselkursen für rund 80 Prozent des letztjährigen Jahresgewinns von knapp 6,6 Milliarden US-Dollar.
Für den Fall zurückgestellt hat die UBS (seit längerer Zeit unverändert) lediglich 450 Millionen Euro – also einen Zehntel des ersten Verdikts. Nach einer Niederlage vor dem Rekursgericht müsste die Bank wohl deutlich mehr Rückstellungen tätigen.
Immerhin: In der zweiten Instanz beantragte die Anklage eine Zahlung von «nur» mindestens 3 Milliarden Euro. Deutlich weniger also als die erstinstanzlich verhängten 4,5 Milliarden. Und die sechs angeklagten Einzelpersonen, alles frühere Mitarbeiter und Kaderleute der UBS, sollen zu bedingten Gefängnisstrafen von 6 bis 18 Monaten verurteilt werden.
Einfluss auf diesen Antrag dürfte ein Leiturteil des Kassationshofs in Paris vom September 2019 gehabt haben. Die Richter hatten seinerzeit entschieden, dass französische Gerichte Bussen wegen Steuerbetrug auf Basis der tatsächlich hinterzogenen Steuern berechnen sollen und nicht auf Basis der hinterzogenen Vermögen.
Wie auch immer die zweite Runde ausgeht - es ist gemäss Beobachtern sehr wahrscheinlich, dass der Fall von der einen oder der anderen Seite an die nächste Instanz weitergezogen wird. Das wäre dann das Kassationsgericht.
Bis zu einem letztinstanzlichen Urteil dürfte der Fall die UBS also noch mehrere Jahre beschäftigen. Sergio Ermotti wollte den Fall eigentlich noch in seiner Amtszeit abschliessen, nun hat er den Stab schon vor bald einem Jahr an seinen Nachfolger Ralph Hamers übergeben. (awp/sda/reu)