Erstmals seit über zehn Jahren senkt die Fed wieder die Zinsen. Die Lockerung kommt nicht überraschend. Handelskonflikte und langsameres Wachstum in den USA machen der Zentralbank Sorgen. Sie will auch in den kommenden Monaten entschlossen handeln.
Die Federal Reserve (Fed) senkte den Zinssatz am Mittwoch erwartungsgemäss um 0,25 Prozentpunkte auf die Spanne von 2,00 bis 2,25 Prozent.
Angesichts anhaltender Handelskonflikte und des langsameren globalen Wirtschaftswachstums signalisierte die Zentralbank auch die Möglichkeit weiterer Zinssenkungen. Es gehen darum, «angemessen zu handeln», um den Aufschwung der US-Wirtschaft «zu erhalten», sagte Fed-Chef Jerome Powell am Mittwoch.
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— Federal Reserve (@federalreserve) July 31, 2019
Zudem werde die Bank die Drosselung ihres Anleihenprogramms schon im August beenden, zwei Monate früher als geplant, erklärte die Fed weiter. «Die von Handelsfragen bestimmte Unsicherheit war grösser als erwartet», sagte Powell bei einer Pressekonferenz im Hinblick auf die von US-Präsidenten Donald Trump angezettelten Handelskonflikte.
Die Zinsentscheidung sei in gewisser Weise eine Absicherung gegen globale Risiken, erklärte er. «Wir gucken uns die globale Wirtschaft genau an. Wir gucken uns auch den Handel genau an.»
Dealing with global trade tensions is something “we’re learning by doing,” says Fed chair Powell https://t.co/5DQCMMRYxO pic.twitter.com/HowJEqRk1n
— Bloomberg (@business) July 31, 2019
Die von der Notenbank eingeleitete Zinswende dürfte der Börse und der US-Wirtschaft neuen Schwung verleihen. Die Zinsentscheidung der Fed hatte sich angesichts einer Abkühlung der Weltwirtschaft und der Handelskonflikte - vor allem zwischen der USA und China - abgezeichnet. Die Fed will mit der Entscheidung eine drohende Abschwächung der seit zehn Jahren wachsenden US-Wirtschaft auffangen.
Die US-Konjunktur sei weiterhin robust und es gebe abgesehen von den globalen Gegebenheiten in der kurzen Frist keine Risikofaktoren, sagte Powell. Er machte klar, dass die Zinssenkung wahrscheinlich weder ein alleinstehendes Ereignis noch der Beginn einer «langen Serie von Absenkungen» sein werde. Die nächste Zinssitzung der Fed findet im September statt.
Nach der verheerenden globalen Finanzkrise 2008/2009 hatte die Notenbank die Zinsen aggressiv gesenkt, um die Wirtschaft zu stabilisieren. 2015 begann sie, den Leitzins wieder sukzessive zu erhöhen. Noch 2018 gab es vier Zinserhöhungen.
Der Leitzins, die sogenannte Federal Funds Rate, ist der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken über Nacht Geld leihen. Eine Senkung des Zinssatzes verbilligt Kredite, weswegen Firmen leichter investieren können und viele Bürger weniger für Schuldendienst ausgeben müssen und damit mehr Einkommen zur Verfügung haben.
Mit der Zinssenkung kam die unabhängige Notenbank auch ihrem prominentesten Kritiker - Präsident Trump - entgegen. Er äussert seit Monaten öffentlich harsche Kritik am Kurs der Notenbank und fordert niedrigere Zinsen.
Trump hatte die Fed etwa als «völlig ahnungslos» oder auch als «hartnäckigstes Problem» der US-Wirtschaft bezeichnet. Noch am Dienstag hatte er die Notenbank zu einem grösseren Einschnitt aufgefordert. Auf die Frage, ob Trumps Kritik bei der Entscheidung der Notenbank eine Rolle gespielt habe, sagte Powell: «Politische Erwägungen spielen für uns nie eine Rolle.»
Die US-Arbeitslosenquote lag im Juni bei nur 3,7 Prozent. Das Wachstum der Wirtschaft ist noch robust, verlangsamt sich aber. Die Inflation indes liegt unter dem Ziel der Notenbank von zwei Prozent. Einige Analysten hatten daher argumentiert, es brauche eine grössere Zinssenkung um 0,5 Prozent, um Inflation und Wirtschaft anzuheizen.
Die Bilanzreduzierung der Fed war eigentlich erst ab Oktober geplant. Sie war notwendig geworden, weil die Notenbank nach der Finanzkrise Staatsanleihen und Hypothekenpapiere im Wert von mehreren Billionen Dollar erworben hatte. Der Abbau dieser Vermögenswerte wurde parallel zum seit Ende 2015 vollführten Zinsanhebungskurs vorgenommen.
Die Entscheidung der Fed fiel nicht einstimmig. Zwei Notenbanker in dem neunköpfigen geldpolitischen Ausschuss FOMC stimmten gegen die Zinssenkung. Die Notenbanker Esther George und Eric Rosengren wollten den Leitzins lieber unverändert lassen. (sda/dpa)