Im Kampf gegen die Folgen der Coronavirus-Pandemie senkt die US-Notenbank Fed den Leitzins auf fast null und schnürt in Abstimmung mit Währungshütern weltweit ein Krisenabwehr-Paket. Sie kappte den geldpolitischen Schlüsselsatz ausser der Reihe zum zweiten Mal binnen zwei Wochen zur Stützung der Wirtschaft und der Finanzmärkte.
Die neue Spanne liegt bei null bis 0.25 Prozent - einen vollen Prozentpunkt niedriger als bisher, wie die Fed am Sonntagabend (Ortszeit) mitteilte. Sie wird zudem zur Stützung der Wirtschaft in den kommenden Wochen mindestens 700 Milliarden Dollar in die Hand nehmen.
US-Notenbankchef Jerome Powell sprach von einer «herausfordernden Situation»: Das Virus habe tiefgreifende Auswirkungen für die Menschen in den USA und der gesamten Welt. Das Frühjahrs-Quartal werde in den USA wahrscheinlich schwach ausfallen. Dennoch seien negative Zinsen für die USA kein Thema, betonte Powell. Die Notenbank habe noch genügend geldpolitischen Spielraum und Instrumente, um der Krise zu begegnen.
Die Fed will nun 500 Milliarden für Staatsanleihen aufwenden und zusätzlich für 200 Milliarden Dollar Hypothekenpapiere kaufen. Mit ähnlichen Kaufprogrammen in grossem Stil hatte die US-Notenbank bereits im vorigen Jahrzehnt die Rezession nach der Weltfinanzkrise erfolgreich bekämpft.
Zudem vereinbarten die Währungshüter in Washington mit der EZB sowie den Zentralbanken in Kanada, Grossbritannien, Japan und der Schweiz, günstige Dollar-Kreditgeschäfte anzubieten. Damit soll das Finanzsystem global gestärkt und die Versorgung von Banken und Firmen mit der Weltleitwährung gesichert werden.
«Mit der neuerlichen Fed-Zinssenkung und dem Signal, dass die grossen Zentralbanken der Welt nun senden, sollen die negativen Folgen der Coronavirus-Verbreitung bekämpft werden; vor allem in den Finanzmärkten soll für Ruhe gesorgt werden», sagte etwa der Ökonom Thorsten Polleit vom Degussa-Goldhandel.
Die sechs Notenbanken - darunter die Schweizerische Notenbank SNB - vereinbarten, zusätzlich zu bereits angebotenen Kreditgeschäften mit einwöchiger Laufzeit nun auch wöchentlich Dollar mit einer Laufzeit von 84 Tagen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich anzubieten. Zudem sollen die Preise bei den bestehenden Dollar-Devisentauschabkommen um einen Viertel Prozentpunkt gesenkt werden.
«Die neuen Preiskonditionen und Laufzeitangebote werden solange wie nötig in Kraft bleiben, um das reibungslose Funktionieren der US-Dollar-Finanzierungsmärkte zu stützen», erklärte die EZB. Die Veränderungen sollen mit den nächsten geplanten Geschäften in der Woche ab dem 16. März in Kraft treten. Mit dem Schritt wollen die sechs Notenbanken erreichen, dass Banken und Unternehmen zu günstigen Konditionen an Dollar gelangen.
Der Kurs der US-Währung war in den vergangenen Wochen im Zuge der Viruskrise kräftig gestiegen. Die Vereinbarung soll laut EZB zum Abbau von Anspannungen auf den globalen Finanzierungsmärkten beitragen. Negative Folgen für die Kreditversorgung von Haushalten und Firmen im In- und Ausland sollen abgemildert werden.
US-Präsident Donald Trump, der die Fed seit langem zu einer lockeren Linie drängt, nannte die Aktion der US-Notenbank «grossartig». Noch vor kurzem hatte er die Notenbank als zu zögerlich gerügt und ihr Verhalten «erbärmlich» genannt. Die Fed begründete ihr Krisenpaket damit, dass die Auswirkungen des Coronavirus die wirtschaftliche Aktivität kurzfristig belasteten und ein Risiko für die konjunkturelle Entwicklung bedeuteten. Die neue Spanne werde so lange auf diesem Niveau bleiben, bis die Wirtschaft die jüngsten Entwicklungen überstanden habe und wieder auf Kurs sei, ihre Ziele für Beschäftigung und Preisstabilität zu erreichen.
Zuletzt hatte die Fed die Leitzinsen am 3. März um einen halben Prozentpunkt gesenkt. Es war die erste Zinssenkung seit der Finanzkrise 2008 ausserhalb eines regulären Treffens ihrer Mitglieder. Die nächste Zins-Sitzung war für Dienstag und Mittwoch angesetzt. Wie Powell mitteilte, wurde diese vor dem Hintergrund der Viruskrise auf Sonntag vorgezogen. (sda/reu/afp/dpa)