Die Liste der Vorwürfe gegenüber dem Weltwirtschaftsforum ist lang: Es soll sexuelle und rassistische Kommentare von Vorgesetzten, Kündigungen aufgrund von Schwangerschaften sowie die Bevorzugung attraktiver Mitarbeiter gegeben haben. Mitarbeiter mit dunkler Hautfarbe sollen von wichtigen Veranstaltungen wie dem WEF Davos ausgeschlossen und bei Beförderungen übergangen worden sein. Beschwerden über das Verhalten von Kollegen und Vorgesetzten seien in der Personalabteilung unbeachtet geblieben.
Diese und andere Vorwürfe hat das «Wall Street Journal» in Gesprächen mit über 80 ehemaligen Mitarbeitern gesammelt und in einem mehrseitigen Bericht zusammengefasst. Sie erzählen von einem toxischen Arbeitsplatz, der sich konträr seiner eigenen Werte verhält.
Vor einigen Jahren soll sich Klaus Schwab dazu entschieden haben, dass das Forum ein jugendlicheres Erscheinungsbild benötige. Daraufhin stellte er eine Liste mit Mitarbeitern über 50 zusammen und wies seinen Personalchef an, alle zu entlassen. Dieser lehnte ab und meinte, für eine Entlassung brauche es einen guten Grund. Kurz darauf entliess Schwab den Personalchef.
Eine andere Geschichte erzählt von einer jungen Mitarbeiterin, die 2017 in eine leitende Position befördert wurde. Kurze Zeit nach der Beförderung erfuhr sie von ihrer Schwangerschaft, welche sie umgehend ihrem Vorgesetzten Klaus Schwab meldete. Dieser sei wütend gewesen und bezweifelte daraufhin, dass sie ihre Rolle wie erwartet ausfüllen könne. Daraufhin wurde sie von ihrer Position wieder enthoben.
Laut «Wall Street Journal» war dies kein Einzelfall. So sei sechs Frauen nach Schwangerschaften entweder gekündigt worden oder sie mussten einen Karriereknick verkraften. Dies steht im Kontrast mit den Werten, die das WEF international vertritt. Denn das Weltwirtschaftsforum setzt sich aktiv für Geschlechtergerechtigkeit und die Förderung von Müttern ein. So verfasst das WEF den jährlichen «Global Gender Gap Report».
Interview-Anfragen an Klaus Schwab lehnte das Forum ab und erklärte in einem Statement, dass der «Wall Street Journal»-Bericht «unsere Organisation, unsere Kultur und unsere Kollegen, einschliesslich unseres Gründers, falsch charakterisiert».
Auf eine Nachfrage der derbund.ch-Redaktion erklärte eine WEF-Sprecherin, dass es «zutiefst enttäuschend» sei, dass das «Wall Street Journal» wissentlich und nachweislich falsche Behauptungen veröffentliche.
Weiter fügte die Sprecherin an: «Unsere Werte spiegeln sich in unserer Arbeits- und Arbeitsplatzkultur wider, in der unsere vielfältigen Teams aus über 90 Ländern die Grundlage für unseren Erfolg bilden.»
Klaus Schwab, der 1971 das WEF gegründet hatte, kündigte im Mai 2024 an, dass er seinen Posten als geschäftsführender Vorsitzender abgibt und per Januar 2025 Vorsitzender seines Stiftungsrates wird.
Wer hätte das gedacht?