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Kontinent bricht auseinander – hier könnte ein neuer Ozean entstehen

Kontinent bricht auseinander – hier könnte ein neuer Ozean entstehen

Afrika erlebt eine dramatische Transformation. Zwei Erdplatten driften auseinander. An der Bruchstelle entsteht ein neuer Ozean.
17.05.2025, 22:5417.05.2025, 22:54
Ellen Ivits / t-online
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15 Meter tief, 20 Meter breit und drei Kilometer lang: Im März 2018 zerriss in der Nähe des Vulkans Suswa plötzlich die Erde. Anwohner mussten ihre Häuser verlassen. Die viel befahrene Mai-Mahiu-Narok-Strasse wurde schwer beschädigt. Der Erdriss in Kenia ist aber nur einer von vielen, die sich in den vergangenen Jahren in ostafrikanischen Ländern aufgetan haben. In der äthiopischen Wüste erstreckt sich mittlerweile ein solcher Riss über 60 Kilometer. Bis zu zehn Meter tief gräbt er sich in den Wüstenboden.

Die Erdrisse sind die Vorboten einer dramatischen Transformation des afrikanischen Kontinents. Dort spaltet sich eine tektonische Platte von der Afrikanischen Platte ab. Der Grosse Afrikanische Grabenbruch steht im Zentrum dieser geologischen Entwicklung. Er erstreckt sich von Mosambik bis zum Roten Meer. Von seinem nördlichen bis zu seinem südlichen Ende misst der Graben, der auch als Great Rift Valley bekannt ist, rund 6'000 Kilometer. Die Breite des Tals variiert zwischen 30 und 100 Kilometern. An manchen Stellen ist der Graben nur wenige Hundert Meter tief, an anderen sind es mehrere Kilometer.

Am Verlauf dieses Grabens bricht der Kontinent Afrika auseinander: Die in Entstehung begriffene Somalische Platte, auch Somaliaplatte genannt, bewegt sich dabei nach Osten. Die Afrikanische Platte driftet unterdessen nach Westen. «Geologisch ist es so, dass man einen Kontinent hat, der zerbricht», erklärte Sascha Staubach vom Dekanat des Fachbereichs Geowissenschaften und Geografie der Goethe-Universität in Frankfurt. «Man kann sich das vorstellen, wie wenn man Knete auseinanderzieht. Im Fall des Kontinents geschieht die Dehnung allerdings nicht gleichmässig, weil es sich, im Gegensatz zu Knete, um festes, sprödes Gestein handelt.»

Der Verlauf des grossen afrikanischen Grabenbruchs.
Der Verlauf des grossen afrikanischen Grabenbruchs.

Dramatische Veränderungen in Afrikas Geografie

Doch welche Kräfte stecken hinter dem Prozess? In den tieferen Schichten des Erdmantels fliesst ein gigantischer Magmastrom, der sich unter dem Grossen Afrikanischen Grabenbruch von Südafrika zur arabischen Halbinsel bewegt. Geologen gehen davon aus, dass sich daraus immer wieder Magma löst und nach oben zur Erdoberfläche drückt. Die Erdkruste wölbt sich infolgedessen nach oben und wird dünner. Schliesslich bricht sie, wie die Geologin Lucía Pérez Díaz von der Royal Holloway University of London in einem Beitrag erklärt.

Kommt es zum Bruch, wird Wasser die Bruchstellen füllen. Es würde ein neuer Ozean entstehen. Dies würde Afrikas Geografie dramatisch verändern. Binnenländer wie Sambia und Uganda könnten Küstenlinien gewinnen. Im Indischen Ozean würde eine grosse Insel entstehen, die aus Teilen des heutigen Äthiopiens und Somalias bestehen würde. Der Nil könnte seinen Lauf ändern. Ein neuer Arm an seinem Oberlauf würde sich dann in den Indischen Ozean statt ins Mittelmeer ergiessen.

Wenn die Somalische und die Afrikanische Platte auseinanderdriften, wird Meerwasser die Lücke füllen und ein neuer Ozean entsteht. Die Simulation zeigt, wie die Geografie Afrikas sich verändern würde.
Wenn die Somalische und die Afrikanische Platte auseinanderdriften, wird Meerwasser die Lücke füllen und ein neuer Ozean entsteht. Die Simulation zeigt, wie die Geografie Afrikas sich verändern würde.

500'000 bis 1'000'000 Jahre

Wissenschaftler gingen bislang davon aus, dass die Abspaltung der beiden Erdplatten 20 bis 60 Millionen Jahre andauern könnte. Doch nun gibt es neue Erkenntnisse. «Wir haben den Zeitrahmen auf etwa eine Million Jahre reduziert, möglicherweise sogar auf die Hälfte», erklärte Cynthia Ebinger, Geowissenschaftlerin von der Tulane University.

Um etwa 0,8 Zentimeter pro Jahr driften die afrikanische und somalische Platte momentan auseinander. Grosse seismische Ereignisse wie Erdbeben könnten den Prozess weiter beschleunigen. Die genaue Vorhersage solcher Ereignisse bleibt aber weiterhin eine Herausforderung, betont Ebinger.

Rotes Meer ebenso durch Trennung zweier Erdplatten entstanden

Gemessen an einem menschlichen Leben erscheinen 500'000 oder eine Million Jahre unvorstellbar lang. Doch für geologische Prozesse ist es eine kurze Zeitspanne. Auf dieselbe Art und Weise entstand vor ungefähr 25 Millionen Jahren auch das Rote Meer. Aus erdgeschichtlicher Perspektive ist das Gewässer noch vergleichsweise jung. Es entstand durch die Trennung der afrikanischen und asiatischen Kontinentalplatte. Durch die Trennung entstand eine «Lücke», die sich mit Wasser füllte. Diese dehnt sich Jahr für Jahr weiter aus.

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Die beliebtesten Kommentare
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Peter Vogel
18.05.2025 00:25registriert Juni 2020
Alles seit Jahrzehnten bekannt. Ich war auf meiner Reise ebenfalls im Rift Valley und die Leute sehen das ganz locker. Das Problem ist eher, dass Kenya und Tansania (wo es am meisten Schäden gibt) kaum Mittel zur Instandsetzung der Infrastruktur haben. Die einzigen gescheiten Strassen wurden von den Chinesen gebaut.
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