Bereits vor sieben Millionen Jahren bewegten sich frühe Vorfahren der Menschen auf zwei Beinen durch Afrika. Das bestätigen nun Untersuchungen zweier Unterarm- und eines Oberschenkelknochens von Sahelanthropus tchadensis, die im Tschad gefunden worden waren. Das berichten Forscher aus Frankreich und dem Tschad im Fachmagazin «Nature».
Die Beschaffenheit des Oberschenkelknochens weise darauf hin, dass sich der Vormensch üblicherweise auf zwei Beinen am Boden bewegte, aber auch in Bäumen unterwegs war. Untersuchungen der Unterarmknochen zeigen demnach, dass sich Sahelanthropus tchadensis in Bäumen auch mit Hilfe seiner Arme und festen Handgriffen fortbewegen konnte.
Zu dem Team von Paläontologen, darunter Guillaume Daver und Franck Guy von der Universität Poitiers, gehören Forscher des Nationalen wissenschaftlichen Forschungszentrums (CNRS) in Frankreich sowie der Universität N’Djaména und des Nationalen Forschungs- und Entwicklungszentrums (CNRD) im Tschad.
Bereits nach dem Fund eines Schädelknochens und von Zähnen in der Djurab-Wüste im nördlichen Tschad 2001 schlossen Forscher aus der Stelle, an der die Wirbelsäule im Schädel verankert ist, dass sich Sahelanthropus tchadensis auf zwei Beinen fortbewegte. Die nun untersuchten Unterarm- und Oberschenkelknochen werden ebenfalls dem Vormenschen zugeordnet, da auf dem Ausgrabungsgelände kein weiterer grosser Primat entdeckt wurde. Ob Schädel und Knochen allerdings vom selben Individuum stammen, lasse sich nicht sagen, so die Forscher.
Die nun vorgelegte Studie bekräftige die Vorstellung, dass der aufrechte Gang sehr früh in der Geschichte der Menschheit erworben wurde, schlussfolgern die Forscher. Mit seinen sieben Millionen Jahren gelte der Sahelanthropus tchadensis als der älteste Vertreter der Menschheit, meinen sie. Seine Unterarmknochen wiesen bereits auf einen festen Griff mit den Händen hin, was sich deutlich von der Vierfüssigkeit bei Gorillas und Schimpansen unterscheide.
Ein weiterer Forscher der Universität Potiers, der Paläoanthropologe Roberto Macchiarelli, hat allerdings scharfe Kritik am den Schlussfolgerungen seiner Kollegen vorgebracht, wie das Wissenschaftsportal spektrum.de berichtet. Schon die These, wonach das Hinterhauptsloch von Sahelanthropus tchadensis auf einen aufrechten Gang hinweise, hält er für problematisch. Die Schädelrekonstruktion sei dafür zu wenig aussagekräftig. Und falls das Hinterhauptsloch des frühen Homininen tatsächlich derart stark dem von Homo sapiens ähneln würde, wäre dieser Urahn viel menschenähnlicher gewesen als andere Frühmenschen, die Millionen von Jahren nach ihm auftauchten.
Macchiarelli konnte den fragmentierten Oberschenkelknochen ebenfalls einer kurzen Analyse unterziehen. In seiner im «Journal of Human Evolution» publizierten Studie kommt er zu einem Ergebnis, das demjenigen des Forscherteams diametral widerspricht: «Die Ergebnisse unserer vorläufigen Funktionsanalyse deuten darauf hin, dass der (…) Schaft eines Femurs zu einem Individuum gehört, das für gewöhnlich nicht zweibeinig war.»
Dass Vorfahren des Menschen schon vor einigen Millionen Jahren aufrecht gehend in Afrika unterwegs waren, hatten andere Studien bereits vor Jahren untermauert. Die Vormenschenart Orrorin tugenensis soll bereits vor rund sechs Millionen Jahren in Kenia auf zwei Beinen gelaufen sein, der Australopithecus vor rund vier Millionen Jahren ebenfalls in Afrika.
Wie menschenähnlich die verschiedenen Vorfahren bereits waren und wo sie auf der Stammlinie des Menschen einzuordnen sind, darüber gibt es unter Forschern aber Kontroversen. (dhr/sda/dpa)