Otodus megalodon war ein wahrer Gigant, das steht ausser Frage. Der Urzeit-Hai, meist bekannt unter dem Kurznamen «Megalodon» (griech. für «grosser Zahn»), lebte in einem Zeitraum von 23 Millionen bis 2,6 Millionen Jahren vor unserer Zeit, dann starb er aus. Welche Grösse das Ungetüm erreichen konnte, ist jedoch Gegenstand der Forschung, die seit hundert Jahren – ausgehend von Zahn- und Wirbelfunden – immer wieder neue Erkenntnisse liefert.
So auch jetzt: Eine im März dieses Jahres im Fachmagazin «Palaeontologica Electronica» veröffentlichte Studie hat die Grösse des ausgestorbenen Hais genauer als je zuvor eingeschätzt. Und es scheint, dass der Urzeit-Riese noch ein bisschen grösser war als bisher angenommen.
Bei der Schätzung der Grösse können die Wissenschaftler lediglich auf zahlreiche Fossilienfunde von Zähnen und einige wenige Wirbel zurückgreifen. Als Referenz dient ihnen der Weisse Hai (Carcharodon carcharias), die grösste heute lebende Hai-Art, die sich nicht von Plankton ernährt und mehr als sechs Meter lang werden kann. Megalodon und Weisser Hai gehören zwar vermutlich nicht in dieselbe Familie, weisen sonst aber Gemeinsamkeiten auf – so sind beide Spitzenprädatoren, die an der Spitze der Nahrungspyramide stehen (dem Weissen Hai können einzig Orcas gefährlich werden). Beide weisen überdies breite, dreieckige und gekerbte Zähne auf, die für die Jagd auf grosse, fleischige Meeressäuger optimiert sind.
Aus der Grösse der Zähne ziehen die Wissenschaftler dann Rückschlüsse auf die Körperlänge. Dies ist allerdings nicht immer einfach, denn dazu sollte man die Position des betreffenden Zahns im Kiefer kennen, da die Zähne je nach ihrem Ort im Kiefer in der Grösse variieren. Die Kiefer sind jedoch nicht erhalten, da sie wie bei anderen Haien aus Knorpel bestanden, der im Gegensatz zu Zahnschmelz nicht erhalten blieb.
Das Forschungsteam um Vincent Perez, derzeit Assistenzkurator am Calvert Marine Museum im US-Staat Maryland, fand nun bei der Untersuchung von solchen Megalodon-Zähnen heraus, dass die weit verbreitete Methode, die Grösse des Urzeit-Hais anhand der Höhe seiner Zähne zu schätzen, oft zu grossen Ungenauigkeiten führt. Einzelne Schätzungen kamen für dasselbe Exemplar sogar zu extrem weit auseinanderliegenden Längenangaben: von ungefähr 12 Metern bis 45 Metern.
Perez und sein Team wählten daher eine andere Grösse als Ausgangspunkt für ihre Berechnungen: Sie verglichen die Breite der Zähne statt deren Höhe. Die Breite eines Zahns ist durch die Grösse des Kiefers begrenzt, der wiederum in einer bestimmten Proportion zur Körpergrösse steht. Sie analysierten in der Folge eine Reihe von fossilen Zähnen von elf verschiedenen Haien, die zu fünf unterschiedlichen Arten gehörten – darunter Megalodon, dessen nächste Verwandte und der moderne Weisse Hai.
Die Auswertung ihrer Messungen erlaubte den Forschern, eine neue Formel zu finden, die bestimmte, wie breit ein einzelner Zahn im Verhältnis zum Kiefer für eine bestimmte Art war. Dies ermöglicht es, einen einzelnen neu gefundenen Megalodon-Zahn mit dem aus der Analyse des Forscherteams gewonnenen Durchschnittswert zu vergleichen und davon ausgehend eine Grössen-Schätzung des betreffenden Hais vorzunehmen.
Mit ihrer neuen Methode gelangten die Wissenschaftler zu einer neuen – und präziseren, wie sie annehmen – Schätzung der Körperlänge des Urzeit-Hais. Sie übertrifft die bisherigen Annahmen, die dem Giganten eine Körperlänge von 15 bis 18 Metern zuwiesen: Gemäss dem Forschungsteam konnte ein Megalodon fast bis zu 20 Meter lang werden.
Allerdings gilt es zu beachten, das nicht alle Haie derselben Art gleich gross sind. Perez räumt daher ein, dass auch die neue Methode einen Fehlerbereich aufweist, der bei den grössten Megalodon-Exemplaren bis zu 3 Meter betragen kann. Zudem ist nicht klar, wie breit der Kiefer von Megalodon genau war, und dies lässt sich anhand der Zähne auch nicht exakt berechnen, denn während einige Hai-Arten Lücken zwischen den Zähnen aufweisen, überlappen sich diese bei anderen Arten.
Ein Forschungsteam der Universität Bristol hat erst vor neun Monaten eine Studie vorgelegt, die einen anderen Ansatz verfolgte. Das Papier erschien im Wissenschaftsmagazin «Scientific Reports». Auch die Wissenschaftler aus Grossbritannien basierten ihre Schätzung auf den Vergleich mit lebenden Verwandten des ausgestorbenen Giganten.
Sie legten dabei den Fokus jedoch nicht auf das Verhältnis von Zähnen zum Kiefer, sondern auf die genauen Körperproportionen. Bei der Untersuchung von fünf heute lebenden Hai-Arten, allesamt nahe Megalodon-Verwandte, stellten sie fest, dass sich diese Proportionen im Laufe des Lebens nicht änderten. Die britische Studie kam allerdings nur auf eine maximale Körperlänge von 16 Metern für Megalodon. (dhr)
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Und natürlich der Mensch.
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