Christian Eriksen fühle sich besser, liess er am Montagmorgen über seinen Manager verlauten. Der dänische Fussballstar hatte Glück im Unglück. Als er am Samstagabend während des Spiels gegen Finnland ohne Fremdeinwirkung zusammensackte, wurde der Match innert Sekunden unterbrochen. Das medizinische Personal rannte aufs Feld und begann sofort mit der Reanimation. Mit Herzdruckmassage und Defibrillator konnte es das Leben des 29-Jährigen retten. Nach rund einer Stunde kam die Meldung, dass der Fussballer wieder bei Bewusstsein ist.
Eine offizielle Diagnose wurde bisher nicht bekannt, aber offenbar ist das Herz des jungen Mannes stillgestanden. Wäre das auf einem abgelegenen Fussballplatz oder beim Joggen im Wald passiert, hätten die Chancen schlecht gestanden. Wenn das Herz nicht mehr pumpt, gelangt kein Sauerstoff mehr ins Gehirn. Nach wenigen Minuten kommt es zu Hirnschäden, in rund neun von zehn Fällen verläuft ein plötzlicher Herzstillstand tödlich.
Am häufigsten tritt das Phänomen bei älteren Menschen auf, wobei Männer dreimal so stark gefährdet sind wie Frauen. Sind doch mal jüngere betroffen, dann nicht selten bei intensiver körperlicher Anstrengung – beim Fussball, beim Basketball, aber auch bei Ausdauersportarten wie Triathlon und Laufen und sogar beim Gewichtheben. Profis sind stärker gefährdet als Sportlerinnen und Sportler im Freizeitbereich, die sich im Allgemeinen weniger hohe Belastungen zumuten.
Wegen des grossen Publikums schlagen Vorfälle wie der Zusammenbruch vom Samstag hohe Wellen. Einigen Fussballfans ist noch der Halbfinal des Fifa Confederations Cup 2003 in Erinnerung, als der Kameruner Marc-Vivien Foé im Spiel gegen Kolumbien kollabierte. Er konnte nicht mehr gerettet werden und verstarb mit 28 Jahren.
Solch tragische Todesfälle sind bei jungen Sportlerinnen und Sportlern aber selten. Pro Jahr gibt es schätzungsweise ein bis drei Fälle auf 100'000 Athletinnen und Athleten. Unfallbedingte Todesfälle seien bis zu dreimal häufiger, schrieb ein Team des Inselspitals Bern 2014 in einem Fachartikel. Die Überlebenschancen bei einem Herzstillstand sind auch gestiegen, weil heutzutage mehr Defibrillatoren zur Verfügung stehen – beim Zusammenbruch von Marc-Vivien Foé vor 18 Jahren hatte ein solches Gerät gefehlt.
Damit das Herz den Kreislauf mit Blut und Sauerstoff versorgen kann, müssen sich die Muskeln der Herzkammern regelmässig zusammenziehen. Gesteuert wird dies über elektrische Impulse vom sogenannten Sinusknoten aus, einer Gewebestruktur aus Muskeln und Nerven. Wenn mit dieser Taktgebung etwas schiefläuft, das Herz zu schnell oder zu langsam schlägt, wird von Herzrhythmusstörungen gesprochen. Im Extremfall finden die Herzmuskeln gar keinen Rhythmus mehr, sie ziehen sich unkontrolliert zusammen, es kommt zum Herzversagen und Kreislaufstillstand. In einem solchen Fall kann ein Stromstoss mit dem Defibrillator die Störung durchbrechen und dem Herz wieder einen normalen Rhythmus ermöglichen.
Speziell gefährdet sind Menschen mit einer sogenannten koronaren Herzkrankheit. Diese entsteht, wenn das Herz wegen verengter Herzkranzgefässe nicht genügend Sauerstoff kriegt. Das kommt aber vor allem bei älteren Menschen vor. Bei jüngeren können angeborene Herzfehler die Ursache sein. Oft löst auch eine Herzmuskelentzündung die Störung aus. Eine solche kann nach einem Infekt entstehen, zum Beispiel durch Viren. Offenbar können auch häufige vorkommende Darmbakterien eine Entzündung begünstigen, wie ein Team um Burkhard Ludewig, Forschungsleiter am Kantonsspital St.Gallen, herausgefunden hat. Und derzeit wird untersucht, ob in seltenen Fällen sogar eine Corona-Impfung zur Herzmuskelinfektion führt – es gibt Hinweise darauf aus Israel und aus den USA.
Bei Christian Eriksen kann einiges ausgeschlossen werden. Er war weder an Covid-19 erkrankt noch dagegen geimpft worden. Zudem ist er als Profisportler – derzeit bei Inter Mailand unter Vertrag – regelmässig untersucht worden, Herzkrankheiten waren keine erkannt worden. Letztlich zeigt der Vorfall, dass der menschliche Körper keine perfekte Maschine ist. Fehler passieren, gerade bei Extrembelastungen.
Doch auf Sport zu verzichten, um die Gesundheit zu schonen, wäre falsch. Wer moderat Sport betreibt, reduziert die Gefahr von Herz-Kreislauf-Probleme insgesamt massiv. Gerade beim plötzlichen Herztod zählen zu den Risikofaktoren nicht nur Rauchen und starker Alkoholkonsum, sondern auch Bewegungsmangel und Übergewicht. (aargauerzeitung.ch)